Meschede. Sie sitzt täglich an der Kasse in einem Discounter. Eine Verkäuferin aus Meschede packt aus. Viele Kunden verhielten sich momentan „schrecklich“.

Sie sitzt täglich an der Kasse eines Discounters. Wo, möchte die Meschederin nicht sagen, dafür spricht die Klartext. Sie gibt denen eine Stimme, die in der Corona-Krise in der ersten Reihe sitzen. Ihre Schilderungen lassen einen fassungslos zurück. Von einem Kunde gab es als Dankeschön Tulpen für alle.

Ein Drogeriekunde trägt mehrere Tüten Toilettenpapier und Küchentücher nach Hause. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie kaufen die Menschen Lebensmittel und Drogerieartikel auf Vorrat.
Ein Drogeriekunde trägt mehrere Tüten Toilettenpapier und Küchentücher nach Hause. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie kaufen die Menschen Lebensmittel und Drogerieartikel auf Vorrat. © dpa | Helmut Fohringer

„Schrecklich. Die Kunden verhalten sich schrecklich. Anders kann ich das momentan nicht nennen. Damit meine ich nicht die Stammkunden, die regelmäßig zu uns kommen. Die sind weiterhin höflich und zuvorkommend. Zuletzt haben uns Kunden jeweils einen Strauß Tulpen geschenkt. Das sehr lieb.

Die Kunden kommen in Rudeln

Ich meine die Kunden, die immer noch in Rudeln kommen, obwohl das so gar nicht mehr vorgesehen ist. Die kommen mit ihren Kindern, Tanten und Großeltern. Alle zusammen. Und da sie sich im Geschäft nicht auskennen, wird gefragt. Viel gefragt. Und dabei atmen sie dir direkt ins Gesicht oder in den Nacken, als hätten sie von einem vorgeschriebenen Abstand noch nichts gehört.

Wenn du ihnen nicht helfen kannst, oder Waren kurzzeitig ausverkauft sind, werden sie auch noch frech. Wir sind angehalten höflich zu sein, aber ich sage trotzdem immer etwas. „Bitte halten Sie Abstand!“ Oder: „Sie sind aber mutig, dass Sie hier mit der ganzen Familie einkaufen.“ Oft blicke ich dann in verständnislose Gesichter. Haben die etwa noch nicht mitbekommen, was da draußen los ist? Ich kann es nicht nachvollziehen. Zum Glück haben wir jetzt Abstandshalter und Trennwände an der Kasse, damit uns die Kunden nicht mehr so nah kommen. Es gibt auch Schilder und Klebestreifen auf dem Boden, die den Kunden lenken sollen.

Kunden sollen möglichst mit EC-Karte zahlen

Ich bin über jeden Kunden froh, der mit Karte zahlt. Desinfektionsmittel steht auch an den Kassen, aber sogar wir werden bestohlen. Es ist nicht zu glauben. Wenn wir sonst mit drei Leuten Ware ausräumen, sind es aktuell fünf. Es ist ja so, wenn wir einen Umsatz von 30.000 Euro machen, müssen diese 30.000 Euro am nächsten Tag auch wieder in den Regalen stehen. Und wenn wir hier ernsthaft über Sonntagsarbeit sprechen, dann nur, um sonntags die Regale ohne Kundenkontakt einräumen zu können. Ansonsten bin ich dafür, die Öffnungszeiten zu verkürzen.

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Die Palette Mehl reicht normalerweise eine Woche

Nudeln, Mehl, Konserven, Windeln, Feuchttücher – und besonders Tiernahrung wird gerade stark nachgefragt. Ein Beispiel: Eine Palette Mehl reicht normalerweise eine Woche. Momentan bringen wir das täglich durch. Streit unter den Kunden bekommen wir nicht so mit, aber dass sie sich gegenseitig die Mehltüten aus den Wagen holen, habe ich schon beobachtet. Wobei ich sagen muss, dass auch Gastronomen und Großfamilien bei uns einkaufen. Das sind nicht alles sofort Hamsterkäufer.

Ich bin für eine gesunde Vorratshaltung. Gerade aktuell. Aber was ich beobachte ist, dass die selben Kunden entweder nahezu täglich solche Mengen aus dem Laden tragen – oder, und auch das finde ich fürchterlich: Sie kommen ständig wegen Einzelteilen zurück. Für ein Paket Feuchttücher und einen Blumenkohl. Muss das sein?

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Jeder unnötige Schritt vor die Haustür ist einer zu viel. Deshalb kaufe ich auch für meine alten Nachbarn und meine Mutter ein. Sie stellen mir den leeren Korb mit Einkaufszettel vor die Tür und ich bringe den vollen Korb vor ihre Tür. Sie sind dankbar und ich bin froh, dass ich helfen kann.

Wie eine Woche vor Ostern und Weihnachten gleichzeitig

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich mache meinen Job sehr gern. Und ja, ich mag den Kontakt mit Menschen. Aber es sind gerade außergewöhnliche Zeiten. Es ist wie die Woche vor Weihnachten und Ostern gleichzeitig – und es hört nicht auf. Wir wissen abends was wir getan haben. Ich bin auch gespannt, ob wir ein Dankeschön von unserem Arbeitgeber bekommen. Nur mit einem „Danke“ ist es da nicht getan. Wir bringen uns täglich in Gefahr.

Deshalb: Haltet bitte Abstand! Lasst eure Kinder zu Hause! Kauft umsichtig ein! Kommt nicht für einen Blumenkohl.