Schmallenberg. In der Stadthalle Schmallenberg wurde kontrovers aber fair diskutiert. Die Umweltministerin gab dabei keiner Seite nur Positives mit auf den Weg.
Rund 300 Zuhörer waren am Mittwochabend in die Stadthalle Schmallenberg gekommen, um sich über den aktuellen Stand des Wisentprojektes zu informieren und viele auch, um ihren Unmut über die aktuellen Zaun-Planungen kund zu tun. Letztlich konnte auch Umweltministerin Ursula Heinen-Esser ihren Ärger nicht besänftigen.
Schon eine halbe Stunde vor Beginn war der Sitzungssaal in der Stadthalle rappelvoll, so voll, dass die Zuschauer in den großen Saal umziehen mussten. Auch rund 60 Latroper hatten sich mit Schildern aufgestellt. Neben der Ministerin auf dem Podium saßen dann mit Bürgermeister Bernhard Halbe und Landrat Dr. Karl Schneider zwei klare Gegner des Projekts, als Befürworter Michael Emmrich vom Wisentverein, dazu Philipp Freiherr Heereman, der Vorsitzende der Waldbauern in NRW. Er gab zu, dass er sich von einem echten Fan des Projektes zu einem Gegner entwickelt habe, weil viele Fragen ungeklärt seien und weil Privatbesitz in Gefahr sei.
Ursula Heinen-Esser hatte für niemanden die wirklich positive Nachricht: Sie sei heute nicht gekommen, um das Projekt zu beerdigen, sagte sie. „Es handelt sich um ein etabliertes Artenschutzprojekt“, betonte sie, „das man nicht einfach so abbrechen kann.“ Ihr Ziel sei es, die Schäden und Verluste der Waldbauern zu begrenzen und eine Kompromiss-Lösung herbeizuführen.
Druck aus dem Kessel nehmen
Und diese biete eben der Zaun, der es ermögliche „Druck aus dem Kessel zu nehmen“ und mit einem erneuten Gutachten zu entscheiden, ob und wie das Projekt nach drei bis fünf Jahren weiterlaufen könne. Fast klang es wie eine Drohung, als sie sagte: „Das Land kann sich auch wieder ganz aus der Schlichtung zurückziehen, dann lassen wir eben die Gerichte über die Zukunft des Wisent-Projektes entscheiden.“
Ulrich Lutter, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Latrop war trotzdem zufrieden. „Die Ministerin hat einen guten Job gemacht“, lobte er. Geärgert habe er sich nur über die Darstellung von Michael Emmrich vom Wisentverein, der gesagt hatte, das Projekt sei nie ein reines Bad Berleburger Projekt, sondern immer ein Landesprojekt gewesen. „Das ist eine Lüge“, befand er. „Es war immer das Projekt des Berleburger Prinzen!“
Zufrieden mit der neuen Lösung
Lutter war letztlich auch mit der verkleinerten, so genannten „gelben Lösung“ des Wisent-Gatters zufrieden, die die Ministerin mitbrachte und die Frank Rosenkranz, Leiter des Regionalforstamtes Oberes Sauerland, kurzfristig am Abend vorstellte. Rosenkranz hatte dafür Waldbestände, Naturschutzgebiete, touristische Nutzung, Jagd und Grünland einbezogen und abgewogen.
Diese Kompromiss-Lösung verkleinert das Projektgebiet für die 25 Tiere noch mal von 840 Hektar auf 505, 140 davon auf Bad Berleburger Gebiet. „Das Schmallenberger Gebiet wird damit quasi halbiert.“ Lutter zitierte die Aussage eines Mitglieds des Wisentvereins, nach der die Herde eine erneute Verkleinerung des Gebietes nicht vertrage, dann werde das Projekt scheitern. Für ihn die beste Lösung.
Ein weiteres Gutachten
Das erneute Gutachten und die Zaunkosten, die die Ministerin auf maximal 500.000 Euro bezifferte, stießen trotzdem bei vielen Schmallenbergern auf Unmut. Was dieses erneute Gutachten solle, fragten die Waldbauern Lucas von Fürstenberg und Hubertus Dohle. „Wir haben schon drei Gutachten“, so Dohle. „Das ist rausgeschmissenes Geld.“ Er gehe jetzt aus der Veranstaltung raus, wie er reingekommen sei. Er habe nichts Neues erfahren.
Landrat Dr. Karl Schneider, der sich noch letzte Woche klar auf die Seite der Schmallenberger gestellt hatte, empfahl trotzdem über den Kompromissvorschlag nachzudenken. „Wir brauchen eine Lösung“, sagte er, „sonst haben wir ganz andere Probleme.“
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Schmallenberger Bürgermeister wird einbezogen
Bürgermeister Bernhard Halbe, der die Veranstaltung organisiert hatte und der auch manch einen Nadelstich gegen die vertragliche Ausgestaltung des Projektes beisteuerte, „Verträge kann man auch auflösen“, war zufrieden. Er hatte gewollt, dass die kontroversen Meinungen erstmals öffentlich aufeinandertreffen konnten. Auch wenn er das Projekt weiterhin ablehnte, befand er: „Der Abend ist gelungen.“ Ursula Heinen-Esser sagte ihm zudem zu, dass er zum nächsten Treffen der Koordinierungsgruppe eingeladen werde. Bisher war der Schmallenberger Bürgermeister nicht dabei gewesen. Eigentlich hatte das ganze Projekt ja auch nie auf seinem Stadtgebiet stattfinden sollen.
>>>HINTERGRUND
Ursula Heinen-Esser bezifferte die Kosten des Wisent-Projektes bisher auf 458.000 Euro, 185.000 Euro davon beträfen den Staatswald.
Der Zaun werde maximal 500.000 Euro kosten.
Das Staatswaldgebiet für die 25 freilebenden Tiere umfasst je nach erster oder zweiter Lösung 840 oder 505 Hektar, 140 davon auf Bad Berleburger Gebiet.