Berge. Wie geht man mit Fragen nach dem Christkind in der Grundschule um? Friedhelm Baumhöfer in der Luziaschule in Berge bei Meschede hat Antworten.

Dieses Schulthema ist noch nicht per Erlass geregelt: Gibt es das Christkind? Und wie geht man mit ihm eigentlich um? Dabei beschäftigen doch gerade diese Fragen die Kinder in den Grundschulen. Friedhelm Baumhöfer, Rektor der Luziaschule Berge, kennt das aus Erfahrung. Er bekennt auch selbst: Er glaubt ans Christkind.

„Ja, ich glaube an das Christkind!“

Wie ist das bei Ihnen an der Schule geregelt? Gibt es eine Dienstanweisung: „Wir glauben hier ans Christkind?“

Friedhelm Baumhöfer: (Lacht) Das geht leider nicht. Aber ich habe ein Kollegium, mit dem ich auch über solche Dinge offen sprechen und wo jeder seine Gefühlslagen offen legen kann. Ich habe unsere Gedanken dazu in einem Wortgottesdienst erklärt.

Friedhelm Baumhöfer leitet die Luziaschule in Berge. Auf das Christkind wird er immer angesprochen. Er erklärt Kindern, dass Weihnachten das Fest der Liebe ist - und sie verstehen das auch.
Friedhelm Baumhöfer leitet die Luziaschule in Berge. Auf das Christkind wird er immer angesprochen. Er erklärt Kindern, dass Weihnachten das Fest der Liebe ist - und sie verstehen das auch. © Jürgen Kortmann

Mich hat ein Kind gefragt: „Sei mal ehrlich: Glaubst du daran?“ Ja, habe ich geantwortet. Wir feiern jedes Jahr den Geburtstag des Jesus-Kindes. Viele Leute wüssten aber gar nicht, welcher Geburtstag da gefeiert wird. Dann habe ich den tatsächlichen Sinn erklärt. Und zuletzt habe ich gesagt: Ja, ich glaube an das Christkind! Das feiere ich auch. Ich habe erklärt, dass wir uns Träume nicht nehmen lassen dürfen. Viele Menschen würden nur an das glauben, was sie sehen und anfassen können. Dann muss man Kindern eben erklären, dass Weihnachten das Fest der Liebe ist.

Wann sollte man Kinder denn über das Christkind aufklären?

Das müssen Eltern bitte in die Hand nehmen! Das ist ihre Sache. Es gibt Eltern, die sagen, ihr Kind geht damit vernünftig um. Ihr Kind wisse, wer die Geschenke besorge. Ich kenne aber auch Kinder in der vierten Klasse, die glauben an das Christkind. Die wissen wahrscheinlich auch: Warum bekomme ich die Playstation - und warum nicht das Kind in Afrika oder das in armen Familien bei uns? Warum sollen sich die Kinder ihren Glauben ans Christkind nicht erhalten? Das ist die große Verantwortung der Eltern. Ich bin froh, dass mich Eltern auch darauf angesprochen haben.

Ein ganz besonderer Geburtstag

Grundschulkinder dürfen noch ans Christkind glauben?

Aber unbedingt! Träumen ist erlaubt. Mir ist wichtig als religiöser Mensch, die Verbindung „Christkind“ mit dem „Christus-Kind“ bewusst zu machen. Dann können auch Grundschulkinder verstehen, dass es um diesen ganz besonderen Geburtstag geht: Der uns so viel bedeutet, dass er wochenlang vorbereitet wird, und zu dem wir uns gegenseitig Freude machen.

Wie erklären Sie ausländischen Kindern die Geschichte rund ums Christkind?

Wir versuchen, ihnen den Brauch und unsere Traditionen zu erklären. Wir erzählen, dass hier ein besonderer Geburtstag gefeiert wird. Wir glauben alle an einen lieben Gott, das ist bei allen gleich. Schwieriger ist es mit Kindern, die sagen, es gibt gar nichts, woran wir glauben. Die fragen, warum gehen wir eigentlich in die Kirche?

Eltern ins Gewissen reden

Diese Frage stellen schon Grundschulkinder?

Ja, die sagen, da hätten sie eigentlich keinen „Bock“ drauf. Die Mama habe auch schon gefragt, warum es mit in die Kirche gehe. Ich habe der Mutter dann gesagt, ihr Kind hätte tolle Fragen in der Kirche gestellt. Es hatte sich richtig Gedanken dazu gemacht, für wen wir eine Bitte aussprechen sollten.

Auch interessant


Ist der Konsum schon in der Grundschule ein Problem?

Es kommt zunehmend. Wir versuchen immer wieder auf den eigentlichen Sinn von Weihnachten hinzuweisen. Da muss den Eltern ins Gewissen geredet werden: Nicht jeder Wunsch muss erfüllt werden, nicht jeder Wunsch muss sofort erfüllt werden. Sie sollten die Weihnachtszeit auch nutzen, um mit ihren Kindern zu sprechen.

Und Weihnachten werden die neuesten Ballerspiele verschenkt…

Das ist nicht nur ein Thema für Weihnachten. Wir gehen da offen und transparent mit den Eltern um. Es macht einen schon sehr nachdenklich, wenn nur drei Tage nach der Einschulung ein Kind mir erklären muss, was das Spiel „Fortnite“ bedeutet – nämlich ein Ballerspiel: Das eigentlich erst ab 12 Jahren wäre, „aber da würde kein Blut fließen, deshalb darf ich das spielen“. In anderen Ländern ist das übrigens ab 18 Jahren frei oder ganz verboten. Bei Fortbildungen haben wir erfahren, dass es an erster Stelle bei den Suchtgefahren genannt wird. Das spielen auch Kinder bei uns, mit dem Wissen der Eltern.

Mit Halloween muss man ihm nicht kommen...

Merken Sie, dass sich Traditionen verändern?

Natürlich. Nach den Herbstferien haben wir die Kinder gefragt, ob sie wüssten, warum es wieder einen freien Tag gebe. Da sagte auch an dieser Schule keiner: Wegen Allerheiligen. Nein, sie sagten: Wegen Halloween. Wir versuchen, mit unseren Traditionen wie Sankt Martin gegenzusteuern. Da werde ich auch deutlich: Die Amerikaner sollen ihr Halloween feiern, aber wer hier „Süßes oder Saures“ ruft, der soll sich bitteschön überlegen, wofür wir denn Karneval haben. Karneval ist die Gelegenheit bei uns, sich zu verkleiden und von Haus zu Haus zu ziehen.

Es ist schwieriger geworden, Weihnachten zu erklären?

Das ist sicher so. Es gibt für Kinder leider keine Geheimnisse mehr. Ein bisschen Zauber sollte doch schon erhalten bleiben. Früher musste man jedes Geheimnis selbst als Jugendlicher noch selbst erforschen. Jetzt weiß jedes Kind mit zwei Klicks im Internet über alles Bescheid. Dieses Rad dreht niemand mehr zurück. Aber es ist deshalb so wichtig, die Kinder zu begleiten. Für mich ist es wichtig, dass die Kinder auch mit alten Menschen zusammenkommen. Das ist in vielen Familien nicht mehr gegeben. Deshalb gehen wir in Alten- oder Pflegeheime und singen dort für und mit den Menschen. Da werden auch Kinder nachdenklich. Zuletzt sagte mir ein Kind nachher, es habe gerade Gänsehaut bekommen. Ich habe gesagt, genau dieses besondere Gefühl hätten die alten Leute auch. So bleibt der Zauber und das Geheimnis von Weihnachten erhalten.

>>>ZUR PERSON<<<

Friedhelm Baumhöfer ist seit 1991 Schulleiter in Berge.

Er war vorher zwei Jahre an Grundschulen in Balve und zehn Jahre in Sundern.

Der 64-Jährige lebt in Grevenstein.

Baumhöfer hat zwei Söhne und zwei Enkel (im besten Christkindalter, 7 und 3 Jahre alt).