Berge. .
Als der kleine Edgar in die Luziagrundschule ging, da war der „Wolo“ noch ein Böser: Ein Riese, gar ein Menschenfresser, der mit einem Bein auf dem Wallenstein stand und mit dem anderen auf dem Berger Burgberg, aus der Wenne trank und damit die Wassermühle austrocknete. Also ein richtiger Problem-Riese. Der große Edgar, inzwischen Pastor geworden, hat die Geschichte um „Wolo“ jetzt umgeschrieben: Den sagenhaften „Wolo“ kann man jetzt lieb haben. Der wuschelige „Wolo“ hat es zur Symbolfigur geschafft.
„Wolos Welt“ heißt jetzt die Erzählung, die Edgar Zoor an zwei Abenden niedergeschrieben und im Selbstverlag veröffentlicht hat – rechtzeitig zum großen 700-jährigen Dorfjubiläum von Berge am kommenden Wochenende. Heute besuchte der 46-Jährige die Kinder der Luziaschule, um ihnen für die Gestaltung der Geschichte zu danken: Die Kinder hatten zu dem Heft Illustrationen beigesteuert.
Die Jungen und Mädchen sind von „Wolo“ begeistert – so sehr, dass sie mit Schulleiter Friedhelm Baumhöfer (und dessen Gitarre namens „Frieda“) auch gleich einen neuen Ohrwurm samt Bewegungstanz komponierten: „Wolo, du bist riesig, bist ein Riesenmann, du fängst in diesem Buch noch mal zu leben an!“ Edgar Zoor war bei der Premiere gestern ganz gerührt. Lied und Tanz werden am Wochenende auch im Festumzug zu hören und zu sehen sein.
Etwas ist immer dran an Sagen
Wie die Luzia-Kinder jetzt, so ist auch Zoor mit „Wolo“ groß geworden. Der gebürtige Niederberger (1986 Abitur am Städtischen Gymnasium in Meschede, 1993 zum Priester geweiht) ist heute Krankenhauspfarrer in Bad Driburg und im dortigen Pastoralverbund tätig. Er hat weiter eine innige Beziehung nach Berge. Und „Wolo“ interessierte ihn auch kulturhistorisch: „Aus einem menschenfressenden Monster ist ein Holländer anlockendes Maskottchen geworden“, sagt er und lacht. Sagen seien eine Mischung aus realen Erfahrungen und aus Gefühlen. Zugrunde liegen mag bei den Grausamkeiten des „Wolo“ der Raubritter, der mal auf dem Wallenstein gelebt haben soll.
Theologisch entdeckt Zoor durchaus Parallelen: Auch das Gottesbild habe sich schließlich verändert – vom strafenden zum liebenden Gott.
Riesen zieht’s ins Riesengebirge
Und solch eine Entwicklung hat eben auch der Riese „Wolo“ durchgemacht: „Der ist zahnlos geworden, der beißt nicht mehr.“ Edgar Zoor fabulierte. Er dachte sich den Riesen als einsame Gestalt, die sich vor Jahren in Richtung Osten aufmachte (klar, zum Riesengebirge!), um eine Frau zu suchen. Da musste er warten, bis die Menschen so schlau wurden, die deutsch-deutsche Grenze zu überwinden. „Wolo“ fand so zu seiner „Wola“, beide freuen sich über ihre kleinen Riesen „Wolix“ und „Woline“. „Wolo“ putzt sich inzwischen brav die Zähne (mit einer Tanne), „Wolo“ haucht den Schnee weg (damit die Kinder Schlitten fahren können), „Wolo“ ist sogar auch ein bisschen zum Hausmann geworden (er putzt die Sterne, damit sie ordentlich funkeln).
Berge bekommt eine Dorfhymne
Der Pastor freut sich „riesig“ auf das Festwochenende. Beim Festabend am Samstag liegt die Erzählung für sechs Euro an der Kasse in der Schützenhalle aus, am Sonntag ebenfalls – nach dem Festzug will Zoor an der Schützenhalle auch aus seinem Buch vorlesen.
Und neben der Geschichte macht Edgar Zoor seinem Heimatdorf noch ein Geschenk: Eigens zum Jubiläum hat er eine Dorfhymne geschrieben und arrangiert, die am Samstag durch den Männergesangsverein „Wennetal“ uraufgeführt wird – natürlich heißt sie „Berge, mein Dorf“.