Nuttlar/Meschede. Die Geschichte der Talbrücke Nuttlar beginnt auf einem Blatt Papier. Gerhard Buddenkotte vom Landesbetrieb hat das Rekordbauwerk mitgeplant.

Die Geschichte der Talbrücke Nuttlar beginnt auf einem weißen Blatt Papier: Mit Bleistift hat Gerhard Buddenkotte vom Landesbetrieb Straßenbau damals aufgezeichnet, wie das Bauwerk einmal aussehen könnte. Die Skizze war eine von rund 15 Stück, die in den Anfängen entstanden sind. Einige sind noch heute fein säuberlich abgeheftet, andere landeten im Müll. „Ideen gab es reichlich“, sagt der Ingenieur. Die Skizzen reichten von einer Brücke mit Pfeilern in Form eines „Y“ bis hin zur Bogenbrücke.

Jede Menge Aktenordner

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Gerhard Buddenkotte ist beim Landesbetrieb Straßenbau Projektleiter im konstruktiven Ingenieurbau. Er und sein Team sind zuständig für alles, was mit Stahl, Stahlbeton und Spannbeton gebaut wird - seien es Brücken, Lärmschutzwände oder Stützwände. Seit 1984 macht der 61-Jährige diesen Job inzwischen. Er hat nicht mitgezählt, für wie viele Bauwerke in dieser Zeit die Pläne über seinen Tisch gewandert sind.

Was er aber sehr wohl weiß: „Die Talbrücke Nuttlar ist der Höhepunkt in meiner Berufslaufbahn“. Und das hängt keineswegs ausschließlich mit ihrer Rekordhöhe von 115 Metern zusammen. Auch die Stützweiten der sechs gewaltigen Pfeiler seien im Zusammenhang mit der Bauweise im Stahlverbund keineswegs etwas Alltägliches. „Wir wollten das Tal nicht mit Stützpfeilern zustellen.“ Und das gehe eben nur im Stahlverbund, erklärt der Experte.

Gerhard Buddenkotte  an seinem Schreibtisch.
Gerhard Buddenkotte an seinem Schreibtisch. © Frank Selter

Aus den ersten Skizzen von einst ist inzwischen eine dreistellige Zahl von Aktenordnern geworden. Allein fünf waren erforderlich, um nur den Bauvertrag abzuheften. Daneben stehen zehn weitere mit Schriftverkehr und vertraglichen Abstimmungen. Fast 100 Ordner beinhalten Pläne und Unterlagen für die Statik. Auch das ist Rekord. „So viele Dokumente gibt es für kleinere Brücken natürlich nicht“, sagt Gerhard Buddenkotte.

In die Landschaft einfügen

Lagepläne, Höhenpläne, Streckenvorentwürfe, Brückenvorentwürfe, Planfeststellungsverfahren, Genehmigungen, Ausschreibungen und und und - es ist ein langer Prozess, bis die Männer auf der Baustelle endlich das umsetzen können, was über Jahre an vielen Schreibtischen erarbeitet worden ist.

Geplant hat der Landesbetrieb die Talbrücke Nuttlar nämlich keineswegs selbst. „Solche Projekte werden ausgeschrieben“, sagt Buddenkotte. Unabdingbar sei allerdings eine enge Zusammenarbeit mit dem beauftragten Planungsbüro. „Es gibt regelmäßige Treffen, die gern auch mal von morgens bis abends dauern und in denen jedes noch so kleine Detail durchgesprochen wird“, so Buddenkotte.

Eine der rund 15 Skizzen, die am Anfang entstanden sind.
Eine der rund 15 Skizzen, die am Anfang entstanden sind. © Frank Selter

Dass die Talbrücke Nuttlar so aussieht, wie sie aussieht, ist auch das Ergebnis eines Ideenwettbewerbs. Schließlich geht es nicht nur um die reine Funktionalität.

„Das Bundesverkehrsministerium möchte, dass solch exponierte Bauwerke und Streckenabschnitte gestaltet werden“, erklärt der Projektleiter. Soll heißen: Ziel ist es, dass sich die Talbrücke Nuttlar mit ihrer Höhe von 115 Metern und einer Länge von 660 Metern sowie auch der Rest der Strecke so gut wie möglich in die Landschaft einfügen.

Ein weiteres Puzzlestück

Auch hier sind in dem Ingenieurbüro, das am Ende den Zuschlag bekommen hat, konstruktive Ingenieure am Werk gewesen. Ihr Gestaltungshandbuch ist ein weiteres Puzzlestück im Prozess: Zusammen mit dem Vorentwurf bildete es die Grundlage für den abschließenden Bauwerksentwurf, der 2008 ans Bundesverkehrsministerium geschickt wurde. Und hier wird die ganze Dimension deutlich: Der erste Vorentwurf, den der Landesbetrieb zur Genehmigung verschickt hat, ist aufs Jahr 1996 datiert.

Die nächsten Projekte

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Mit der Fertigstellung der Talbrücke Nuttlar sowie den zehn weiteren Brücken und der Hangsicherung am Sengenberg, die im Zuge des Weiterbaus entstanden sind, ist das Thema „Weiterbau der A46“ für Gerhard Buddenkotte inzwischen durch. Auf seinem Schreibtisch liegen längst schon wieder die nächsten Projekte. Dazu zählt unter anderem die Ortsumgehung in Bad Wünnenberg mit der Aftetalbrücke und der Neubau der Dinscheder Brücke über die Ruhr in Oeventrop.

Im Gedächtnis wird die Beteiligung am Bau der Rekord-Brücke aber wohl noch ein Weilchen länger bleiben. Letztlich ist die Talbrücke Nuttlar für den Landesbetrieb Straßenbau zwar nur eine von vielen Brücken - aber eben doch eine ganz besondere.

  • Mit 400 Tonnen Schubkraft wurden die riesigen Bauteile von Pfeiler zu Pfeiler zusammengeschoben, um am Ende die 660 Meter lange Brücke zu bilden.
  • In der Brücke sind insgesamt 8200 Tonnen an Stahl verbaut worden.
  • Die Stahlbetonpfeiler bestehen aus zwei Pfeilerschäften mit einem nach oben geringer werdenden Abstand. Verbunden sind die Pfeilerschäfte mit rostroten horizontalen Querriegeln. Die rostrote Farbe soll an die Baumstruktur im Sauerland erinnern.
  • Eine optische Besonderheit der geschwungenen Talbrücke Nuttlar sind außerdem diagonale Querstreben unterhalb der Fahrbahn.