Meschede. Ein Azubi wird bei Martinrea Honsel in Meschede nicht übernommen - trotz Zusage. Die Geschichte weckt böse Erinnerungen.
Aus „betrieblichen Gründen“ ist ein 21 Jahre alter Azubi nach seiner Ausbildung bei Martinrea Honsel in Meschede nicht übernommen worden – obwohl der Tarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie das eigentlich grundsätzlich vorschreibt. Der Betroffene fühlt sich an das unselige Jahr 2012 erinnert, als das Unternehmen dem kompletten Lehrlings-Jahrgang kurzfristig absagte. Vergleichbar ist die Situation allerdings nicht, sagt die IG Metall in Arnsberg.
Bis zum Studium überbrücken
Der junge Mann hatte bei Martinrea Honsel seine dreijährige Ausbildung als Werkzeugmechaniker absolviert. Im Anschluss wollte er studieren. Die drei, vier Monate zwischen Abschlussprüfung und Studien-Beginn sollte er bei Martinrea Honsel als Facharbeiter überbrücken können - die Zusage dafür bekam er auch schriftlich. Zwei Wochen vor der Abschlussprüfung wurde er ins Personalbüro gerufen: Dort wurde ihm dann mitgeteilt, dass die Übernahme aus betrieblichen Gründen doch nicht mehr möglich sei. „Dabei standen sogar meine Abteilung und meine Schicht fest, in der ich arbeiten sollte“, sagt er.
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Der 21-Jährige schaltete seine Gewerkschaft ein. Zu ändern war da nichts mehr: Durch die Briefwechsel zwischen IG Metall und Unternehmen verging im Anschluss genau die Zeit, die der junge Mann in dem Werk als Facharbeiter überbrücken wollte. Auch juristisch wäre dann nichts mehr zu ändern gewesen. Er jobbte stattdessen anderswo. Auf seinen Fall möchte er dennoch andere junge Leute aufmerksam machen.
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Carmen Schwarz, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Arnsberg, stellt klar: Tatsächlich besagt der Manteltarifvertrag das grundsätzliche Recht auf eine unbefristete Übernahme nach der Ausbildung. Allerdings gelte für Martinrea Honsel eine Betriebsvereinbarung, die vor drei Jahren abgeschlossen wurde: Und die räumt dem Arbeitgeber ein, nicht alle Azubis übernehmen zu müssen. „Das ist gelebte Praxis“, so Schwarz: Durch diese Ausnahmeregelung könne so auch über Bedarf ausgebildet werden.
Ausreichende Auslastung
„Merkwürdig“ mutet aber auch Carmen Schwarz die Begründung der Absage mit „betrieblichen Gründen“ vor: Denn insgesamt wisse sie von einer ausreichenden Auftrags-Auslastung bei Martinrea Honsel in Meschede. Allerdings beobachtet die IG-Metall-Bevollmächtigte auch in anderen Unternehmen auf der Ebene der Abteilungen und ihrer Produktpalette Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung – „je näher zur Automobilindustrie, umso schwieriger ist die Gemengelage“. Kämen die Themen Brexit und/oder der Handel mit den USA hinzu, dann steige die Problematik noch.
Das Mescheder Unternehmen äußerte sich – wie in der Vergangenheit – nicht dazu. Der 21-Jährige hat inzwischen ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens aufgenommen.
>>> Daten und Fakten
Das kanadische Unternehmen meldete zuletzt Ende Juni 2019 eine Steigerung seiner Umsätze auf dem nordamerikanischen Markt um 7,4 Prozent auf 754 Millionen kanadische Dollar.
Auf dem europäischen Markt dagegen gingen die Umsätze um 12,2 Prozent auf 165 Millionen Dollar zurück - unter anderem wegen zurückgehender Aufträge mit Jaguar Land Rover und anderen Produktionen, die Ende 2018 ausliefen.
Im Gegenzug, so das Unternehmen im Geschäftsbericht, startete aber auch die Produktion eines neuen Motorblocks für Ford.