Meschede. Ungeimpfte Welpen und entlaufende Hunde an Autobahnen: Auch im Sauerland tauchen Hunde mit fragwürdiger Herkunft auf. Das sind ihre Geschichten.

Im Sommer 2018 kommt eine Frau in eine Tierarztpraxis in der Region. Im Gepäck einen russischen Hund – ohne Papiere. Sie wollte das Tier impfen lassen, nachdem sie es einer Frau aus dem Märkischen Kreis abgekauft hatte. Angeblich soll der Hund aus einem Moskauer Tierheim gerettet worden sein.

Im Juli hat das Tierheim Hagen junge Welpen aufgenommen, die die Polizei völlig verwahrlost in einem Transporter auf der A 1 entdeckt hatte.
Im Juli hat das Tierheim Hagen junge Welpen aufgenommen, die die Polizei völlig verwahrlost in einem Transporter auf der A 1 entdeckt hatte. © WP | Michael Kleinrensing

Ohne Impfschutz, zum Beispiel gegen Tollwut, hätte der Hund jedoch gar nicht in die EU einreisen dürfen. Die Umstände seiner Einreise waren also möglicherweise illegal. Es wurde sogar erzählt, dass der Hund tierlieben Fußball-WM-Touristen am Flughafen mitgegeben worden ist, um so die Kontrollen umgehen zu können.

„Der Hund war in keinem guten Zustand“, bestätigt das HSK-Veterinäramt, das den Fall bearbeitet hat. Die Behörde führt eine kurze Akte dazu und übergab den Fall im Anschluss an den Märkischen Kreis, weil die Tierhändlerin in Meinerzhagen lebt. „Uns ging es in diesem Fall hauptsächlich um das Wohl des Tieres, nicht um die Umstände seiner Herkunft“, sagte Pressesprecher Jürgen Uhl. Beim Veterinäramt des Märkischen Kreises ist die Frau bekannt. Es verhängte ein Handelsverbot gegen die Meinerzhagenerin und ein Bußgeld in Höhe von 800 Euro.

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Die Anonymität in Online-Portalen begünstigt den illegalen Tierhandel. Allein bei Ebay-Klein­anzeigen erscheinen unter dem Such­begriff „Welpe“ im Umkreis von 50 Kilometern 170 Treffer. Darunter zwar auch Zubehör, aber die meisten Anzeigen zeigen süße Fotos tapsiger Welpen.

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Auch die drei Welpen aus Serbien, die vor einiger Zeit in einer Tierarztpraxis in der Region auftauchten, wurden über so eine Anzeige verkauft. Innerhalb weniger Tage wurden die jungen Hunde unterschiedlicher Rassen alle mit serbischen Reisepässen in der Praxis vorgestellt. Der Tierarzt stutzte, weil die Tiere noch sehr jung waren. Zu jung für einen Verkauf.

Strenge Vermittlungskriterien

Das deutsche Tierschutzgesetz schreibt vor, dass Welpen erst nach zwölf Wochen von der Mutter getrennt werden dürfen, weil erst dann eine Tollwut-Impfung möglich ist. Aber auch, weil diese Wochen wichtig sind für die psychologische Entwicklung, das Sozialverhalten des Hundes. Auch dieser Fall ging ans Veterinäramt des Hochsauerlandkreises. Den Händlern konnte allerdings nichts nachgewiesen werden.

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Der Verdacht liegt jedoch nahe, dass es sich hierbei um einen illegalen Tierhandel gehandelt hat. Immer wieder tauchen Meldungen von Kofferräumen voller Welpen auf, die massenhaft in Osteuropa produziert werden, um dann in Deutschland über das Internet verkauft zu werden. Zuletzt stoppte die Hagener Polizei einen Transporter an der A1 mit sieben verwahrlosten Welpen an Bord.

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Aber wie erkennt man einen seriösen Züchter? Unter anderem am Preis: Laut Stiftung Warentest kosten Rassehunde ab 800 Euro . Außerdem sollten sich Interessenten das Muttertier zeigen lassen. Der erste Gang, so mahnen auch Tierschutzorganisationen wie Peta, sollte bei einem Hundewunsch in die Tierheime sein. Dort sitzen Tiere, die auf ein Zuhause warten. Allerdings müssen auch hier die Bedingungen stimmen.

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Ein Teufelskreis

Nico Mairing, Leiter des Mescheder Tierheims, bestätigt, dass er häufig Interessenten abweisen muss. „Wir vermitteln Hunde in ein passendes Zuhause“, sagt Mairing dazu. Ein Ausschlusskriterium ist zum Beispiel, wenn der Hund länger als acht Stunden alleingelassen würde, oder wenn eine Zwingerhaltung geplant ist. „Das ist leider im Sauerland noch weit verbreitet“, so Mairing weiter. Ein weiteres Beispiel: „Hunde, die charakterlich nicht geeignet sind, vermitteln wir nicht in Familien mit Kindern. Da ist die Enttäuschung natürlich oft groß.“ Ein Teufelskreis: Denn, dass die Abgewiesenen dann auf Welpen aus dem anonymen Internetanzeigen zurückgreifen, liegt nahe.

Mairing selbst lehnt die Direktvermittlung aus Osteuropa – und damit auch Kofferraumgeschäfte – strikt ab. „Ich lese jedes Wochenende von Hunden, die bei der Übergabe auf der Autobahn entlaufen sind. Auch in Meschede rufen verzweifelte Halter an. Das kommt immer häufiger vor.“

  • Aufsehen erregte zuletzt die Razzia bei Hundezüchtern im Siegerland und Hagen. Ein Händler soll kranke Tiere verkauft haben, die er nicht gezüchtet, sondern aus Welpenfabriken in Osteuropa importiert habe.
  • Seit der Razzia im Dezember 2016, bei der 105 Hunde beschlagnahmt und der Züchter, seine Ehefrau und Tochter verhaftet wurden, sind drei Jahre vergangen.
  • Insgesamt acht Personen klagt die Staatsanwaltschaft Hagen wegen „banden- und gewerbsmäßigen Betrugs“ beim Handel mit Hunden an. Der Prozess soll frühestens in diesem Monat beginnen.