Meschede. Nach seiner Kritik an Greta Thunberg erlebte der CDU-Politiker Sensburg viele positive wie negative Reaktionen. Jetzt legt er nach.
Mehrere hundert Kommentare im Internet, viel Zustimmung, aber auch Wut: Das waren die Reaktionen darauf, dass der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg über Facebook die Klimaaktivistin Greta Thunberg kritisiert hatte. Der Anlass: Die junge Schwedin hatte mit dafür gesorgt, dass Journalisten vorübergehend von einem Kongress ausgeschlossen worden. Sensburg warf Thunberg daraufhin „Selbstvermarktung“ und mangelndes Demokratieverständnis vor. Wir haben mit ihm darüber gesprochen.
Wann haben Sie es das letzte Mal erlebt, dass ein Thema so polarisiert?
Das passiert regelmäßig und ist also gar nicht so besonders. Einerseits finde ich eine lebhafte Diskussion gut - das ist Demokratie. Andererseits ist der Ton in den so genannten sozialen Medien nicht immer akzeptabel. Es gibt Beschimpfungen, auch gegenüber anderen, die dort schreiben, oder sogar Drohungen. Solche Posts lösche ich dann auch.
Kann es sein, dass manche Politiker sich nicht mehr trauen, sich zu positionieren, weil sie einen Shitstorm befürchten?
Leider ja. Ich glaube, dass die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ein gutes Gespür dafür hat, was richtig ist und was nicht. Politiker sollten die Dinge daher auch klar aussprechen. Umgekehrt müssen Drohungen und Hass-Posts im Netz aber auch effektiv verfolgt werden. Was daraus werden kann, das haben wir erst kürzlich im Fall Lübke erlebt.
Ist der Klimaschutz das wichtigste Problem Deutschlands?
Es ist nicht nur für Deutschland ein wichtiges Thema, sondern für den gesamten Globus. Wir sollten darüber hinaus aber nicht vergessen, dass es für unser Land noch viele andere wichtige Themen gibt. So haben wir beispielsweise die Wirtschaftspolitik zurzeit völlig aus dem Blick verloren. Wir erschließen uns kaum neue Märkte, wie zum Beispiel Indien oder in Afrika. Das gleiche gilt für eine kluge, europäische Sicherheitspolitik. Hier positioniert sich Deutschland viel zu schwach, was wir ja auch an der Diskussion um einen Einsatz in der Straße von Hormus sehen.
Braucht Deutschland eine CO2-Steuer?
Nein! Wir brauchen effiziente Motoren und moderne Technologien. Mir wäre wichtig, dass wir zum Beispiel mehr Forschungspreise für exzellente Technologie ausschreiben und damit unsere Ziele erreichen. Verbote oder Steuern haben noch nie zu Lösungen geführt. Im Ergebnis sind sie sogar ungerecht. Mir wäre es wichtiger die deutsche Innovationskraft zu mobilisieren.
Eine Fleischsteuer? Oder weitere zusätzliche Abgaben?
Aus meiner Sicht ein völlig falscher Ansatz. Ich esse übrigens gerne Fleisch. Ändern müssen wir aber die Regeln der Tierhaltung und dies europaweit, damit unsere Landwirte keine Nachteile haben, denn die machen bei uns eine wirklich gute Arbeit. Wenn wir das wirklich wollen, dann würde es mich sehr wundern, wenn Deutschland nicht genügend Gewicht in Europa hätte, um dies auch durchzusetzen.
Viele solcher Forderungen werden von den Grünen erhoben. Können Sie sich Schwarz-Grün als Koalition nach der nächsten Wahl vorstellen?
Wenn man einmal alle Forderungen der Grünen aus den letzten Monaten addiert, müssten wir jedes Jahr 100 Milliarden Euro aus dem Haushalt für deren Umweltpolitik ausgeben. Unsere Wirtschaft würde völlig zum Erliegen kommen und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen wären die Verlierer. Die mobile Pflegekraft im Sauerland kann sich ja einmal ausrechnen, was von ihrem ohnehin schon niedrigen Gehalt übrig bleibt, wenn eine CO2- Steuer käme und dazu noch erhöhte Lebensmittelsteuern. Unter diesen Voraussetzungen scheiden die Grünen für mich derzeit als Koalitionspartner aus.
Zerbricht die Groko nach den Landtagswahlen in Ostdeutschland?
Nein, CDU/CSU und SPD werden Anfang nächsten Jahres ihre Arbeit zur Halbzeit der Wahlperiode evaluieren. Dann wird sich zeigen, dass wir auch viel Gutes erreicht haben. Ich gehe daher davon aus, dass die Koalition bis 2021 hält. Die SPD hat auch gar keine andere Wahl, da sie bei vorgezogenen Neuwahlen vermutlich unter die zehn Prozent rutschen würde.
Was würden Sie Greta Thunberg mit auf den Weg geben, wenn Sie ihr begegnen würden?
Dass sie die Gesellschaften nicht spalten soll, sondern Umwelt- und Klimaschutz etwas Positives ist und wir damit auch ökonomisch gewinnen sollten. Wer vom „Ihr“ redet und dass „Euer Haus brennen soll“ versöhnt nicht, sondern spaltet.
Zur Person
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Patrick Sensburg vertritt den Hochsauerlandkreis seit 2009 im Deutschen Bundestag. Der CDU-Politiker hat seitdem alle Direktmandate gewonnen.
Der 48-Jährige ist in Paderborn geboren und ist in Brilon aufgewachsen.
Sensburg ist Professor für Allgemeines Verwaltungsrecht, Staats- und Europarecht und Kommunalrecht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Münster.