Meschede. Wo werden im Stadtgebiet von Meschede neue Windräder gebaut? Jetzt kommen auch Calle und Grevenstein ins Spiel. Der Rechtsstreit geht weiter.
Im Stadtrat fiel das Wort vom „Pokerspiel“, das jetzt beginne. Die Stadt Meschede wird dabei mit hohem Einsatz spielen: 258.000 Euro ist sie bereit, einzusetzen. Sie könnten verloren sein, wenn die Stadt vor Gericht unterliegt. In dem Pokerspiel geht es um die Zukunft der Windkraft im Stadtgebiet: Wie viele Windräder werden kommen? Die Erfolgsaussichten sind vollkommen offen.
Ausweisung mit Formfehler
Bei zwei Gegenstimmen der Grünen hat der Stadtrat beschlossen, weiter vor Gericht zu ziehen. Es geht um das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg, in dem, wie berichtet, überraschend der ganze Flächennutzungsplan für ungültig erklärt wurde - weil die Stadt 2004 bei der Ausweisung der Windkraftzone bei Einhaus einen kleinen Formfehler begangen hatte. Dadurch wiederum rückt plötzlich der Bau von fünf Windrädern in Freienohl, von vier in Ennert und von drei bis vier in Calle unerwartet näher. Denn Windräder sind so genannte privilegierte Bauvorhaben: Um sie nicht bauen zu können, müssten gravierende Bedenken dagegen bestehen, die der Hochsauerlandkreis als Genehmigungsbehörde im Fall von Freienohl und Ennert aber nicht hatte.
Berufung soll erreicht werden
Die Richter in Arnsberg hatten gegen ihr Urteil eigentlich keine Berufung zugelassen. Als erster juristischer Schritt muss jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht eine so genannte Zulassung zur Berufung versucht werden. Ist die Stadt damit erfolgreich, müsste sich das OVG inhaltlich mit der Berufung beschäftigen. Würde hier dann zugunsten von Meschede geurteilt, wäre die Stadt weiter Herr des Verfahrens und könnte selbst entscheiden, wo sie Windräder möchte.
Und darum war auch die Ratsmehrheit dafür, das finanzielle Risiko einzugehen. Michael Stratmann (CDU), als Vorsitzender des Bezirksausschusses Remblinghausen, machte das deutlich: Sein Ausschuss hatte sich klar gegen Windräder bei Ennert ausgesprochen. Jetzt frage er sich, warum er sich denn als gewählter Mandatsträger überhaupt für etwas einsetzen soll, wenn letztlich Richter über Planungen entscheiden: „Das verstehe ich als Kommunalpolitiker nicht.“
Pläne für Calle
Martin Eickelmann (CDU), Ortsvorsteher von Calle, sah erstmals die bisher gar nicht diskutierten Pläne für neue Windräder am Hömberg und Hohen Ransenberg sowie an der Grenze nach Oesterberge: Auf dem 560 Meter hohen Hömberg würden 235 Meter hohe Windräder gebaut. Eickelmann: „Ich kann mir keine Männekes erlauben. Die Wähler wollen das nicht.“ Maria Gödde-Rötzmeier (UWG) nannte die Auswirkungen des Urteils „eine Katastrophe“. Antonius Vollmer (Grüne) dagegen befürwortete neue Windräder: „Die Menschen wollen Klimaschutz und gehen dafür auf die Straße.“ Er empfahl, sich mit den Betreibern der Windräder zu arrangieren und finanzielle Beteiligungsmodelle für Bürger zu ermöglichen. Davon riet Bürgermeister Christoph Weber eindringlich ab: Die Stadt wolle nicht „willkürlich einzelne Investmentprodukte empfehlen“.
Einsparmöglichkeiten gesucht
Die Stadt Meschede lässt sich von der Kanzlei Wolter Hoppenberg aus Münster vertreten. 258.000 Euro könnten auf die Stadt zukommen, wenn sie vor Gericht verliert – Prozesskostenrisiko nennt sich das, und setzt sich unter anderem aus den Gerichts- und Anwaltskosten und einem Streitwert zusammen.
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Dr. Jobst Köhne (FDP) nannte die 258.000 Euro eine „große Sache“, verglich sie aber mit 4,5 Millionen Euro, die Mescheder Bürger pro Jahr zur Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes aufbringen müssten, „damit die Waldbauern sich die Taschen vollmachen und die Projektierer zu Wohlstand gelangen“.
Die 258.000 Euro sind im Haushalt noch nicht vorgesehen, teilte Kämmerer Jürgen Bartholme mit. Die Stadt müsste dafür Rückstellungen bilden und sehen, wo es entsprechende Einsparmöglichkeiten geben könnte.
Windkraft-Pläne für Grevenstein
Bekannt wurde im Stadtrat auch, dass es einen neuen Antrag im Rathaus gibt, Windkraft bei Grevenstein an der Grenze nach Meinkenbracht zu ermöglichen. Inzwischen hat sich auch die Rechtslage geändert. Umgerechnet fast fünf Prozent der Fläche des Stadtgebietes müssten für Windkraft zur Verfügung stehen, um dieser einen entsprechenden Raum zu bieten. An mehr Stellen sind inzwischen Windräder denkbar. So kann dafür eine Befreiung vom Naturschutz beantragt werden. Deshalb könnte die Stadt künftig beispielsweise auch nicht mehr generell Windräder bei Eversberg ausschließen - wenn sie nicht vor Gericht Recht bekommt.