Meschede. Die Bürger in Meschede dürfen bei der Windkraft mitsprechen: Jetzt ist bekannt, was sie den Politikern empfehlen.
Um mehr Akzeptanz bei den Menschen für die Windkraft zu schaffen, soll die Stadt Meschede Windparks gemeinsam mit anderen Kommunen planen. Außerdem soll sie sich selbst finanziell an Windrädern beteiligen. Diese Vorschläge macht Mediatorin Britta Ewert in ihrer „Bürgerempfehlung“ an den Mescheder Stadtrat.
Bis zu acht neue Windräder
Wie berichtet, untersucht die Stadt derzeit, ob es Zustimmung für einen möglichen neuen Windpark bei Bonacker geben könnte - oder nicht. Dort sind bis zu acht neue Windräder angedacht. Der Stadtrat wird im September darüber entscheiden. Stimmt er dafür, startet wie bei jedem Bauprojekt ein formelles Beteiligungsverfahren. Neu ist das aufwändige informelle Beteiligungsverfahren im Vorfeld: Hier haben die Bürger das Wort. 1000 von ihnen, repräsentativ ausgewählt, sind in einem Radius von fünf Kilometern um Bonacker angeschrieben und um ihre Meinung gebeten worden - auch, ebenfalls ein Novum, auf Schmallenberger Gebiet. 400 antworteten: Die Auswertung (die dann ebenfalls mit in die „Bürgerempfehlung“ einfließt) läuft noch - wider Erwarten hatten sich nur 60 davon digital beteiligt, der Rest nutzte die klassische Rückantwort per Brief. Da dauert das Auswerten länger.
71 Besucher beim Öffentlichkeitsforum
Von den 1000 Ausgewählten wiederum hatten 71 Interesse auch an der Diskussion in einem „Öffentlichkeitsforum“, das jetzt stattgefunden hat. 29 kamen tatsächlich und diskutierten drei Stunden lang mit Experten und neutralen Vermittlern an Runden Tischen und im Plenum. Politiker waren nur als stille Beobachter zugelassen. „Der Dialog trägt zur Versachlichung bei“, urteilt Mediatorin Britta Ewert. So kamen auch die Sorgen auf, die dann in die Empfehlung einer interkommunalen Zusammenarbeit bei der Bildung neuer Windparks mündeten.
In Dornheim beispielsweise sorge man sich „vor einer Umzingelung“, so Ewert:
Dort könnten, so die Befürchtung, gleich mehrere Parks in der Nachbarschaft entstehen - durch eine interkommunale Planung entstehe für die Bürger mehr Sicherheit. „Man kommt an der interkommunalen Abwägung nicht vorbei“, empfiehlt sie. Auch bei den Kosten solle die Stadt Meschede eine eigene Beteiligung prüfen: Damit würden die Bürger indirekt mit profitieren und damit nicht nur die Flächeneigentümer. Ewert greift auch die Forderung auf, weitere dieser Dialogveranstaltungen auch in den Ortschaften anzubieten, wenn tatsächlich ein Windpark beschlossen wird: Denn mancherorts sei der Streit in den Dorfgemeinschaften eskaliert, erfuhr sie. Überhaupt sei es offenbar besonders schwierig, eine Zustimmung zur Windkraft öffentlich zu bekunden: „Das darf ich in meinem Dorf nicht sagen“, erzählte ihr ein Teilnehmer.
Kein klarer Tenor
Ein klarer Tenor für oder gegen weitere Windräder ist übrigens nicht auszumachen: „Es waren nicht alle dagegen“, so die Mediatorin. Bei dem Forum kamen beide Seiten ins Gespräch. Auch Bürgermeister Christoph Weber lobt das Forum als „Riesenerfolg“: „Man kommt wirklich an die Stimmung, an die Meinungen.“ Selbstkritisch sagte er: „Man hört in der Politik immer den lauten Bürgern zu: Den lauten Pros und den lauten Contras. Nur: Ist das aber wirklich repräsentativ?“ Jetzt müssen sich die Kommunalpolitiker im Mescheder Stadtrat damit beschäftigen und eine politische Entscheidung treffen: „Die Politik muss überlegen, was macht sie daraus“, sagt Fachbereichsleiter Klaus Wahle. Stimmt der Rat für den Windpark, beginnt auch wieder eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung, die dann aber gesetzlich vorgeschrieben ist. Stimmen sie gegen Bonacker, stoppt dieses Verfahren.
Pilotprojekt in NRW
Bezahlt wird die Bürgerbeteiligung durch den Investor „Enertrag“, der den Windpark Bonacker zusammen mit „Sauerland Windkraft“ plant und betreiben möchte – ein niedriger fünfstelliger Betrag, heißt es. Dazu hat er sich der Stadt gegenüber verpflichtet. Die Stadt ist mit Personalkosten anteilig beteiligt, Planerin Jana Janota hat dafür im Rathaus die Federführung.
In Meschede wird erstmals für NRW bei einem derart komplexen Thema eine informelle Bürgerbeteiligung erprobt. Der Bürgermeister spricht von einem „Pilotprojekt“. Er kann sich ihre Anwendung künftig auch bei anderen Fragestellungen vorstellen - bei Themen, die ähnlich emotional aufgeladen sind, wie die Windkraft.
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