Meschede. . Erstmalig wird in NRW eine neue Mitbestimmungsform zu einem umstrittenen Thema erprobt: Meschede testet eine „informelle Bürgerbeteiligung“.

Die Stadt Meschede testet etwas Neues: Sie holt die Meinung der Bürger zur Windkraft ein – bevor der Stadtrat offiziell entscheidet. Die Bürger haben ein Mitspracherecht. Die geplante, zweistufige Form dieser so genannten „informellen Bürgerbeteiligung“ zu einem so umstrittenen Thema wird erstmalig in NRW erprobt. „Es geht um Ihre Meinung“, fordert Bürgermeister Christoph Weber zur Teilnahme auf: „Es ist Ihre Chance, mit zu diskutieren.“ Hier sind Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Worum geht es?

Thema sind mögliche neue Windräder oberhalb von Bonacker, nahe zu der jetzigen Vorrangzone bei Einhaus gelegen, wo bereits Windkraftanlagen stehen. „Wir können nicht einschätzen: Sind alle dafür oder dagegen?“, sagt Klaus Wahle, Fachbereichsleiter der Stadt Meschede.

Die Befragung soll Hilfestellung bei der Entscheidung zur Windkraft geben.

Bürgermeister Christoph Weber, Jana Janota und Leiter Klaus Wahle vom Fachbereich Planen und Bauordnung  (von links) stellen das Verfahren zur Bürgerbeteiligung vor.
Bürgermeister Christoph Weber, Jana Janota und Leiter Klaus Wahle vom Fachbereich Planen und Bauordnung (von links) stellen das Verfahren zur Bürgerbeteiligung vor. © Jürgen Kortmann

Für zwei andere potenzielle Flächen bei Schederberge und Mosebolle, die auch für Windkraft in Frage kämen, wird das Bürgerbeteiligungs-Verfahren erst später durchgeführt: Die Stadt möchte erst einmal mit dem Verfahren für Bonacker Erfahrungen sammeln.

Wie ist der erste Schritt?

Gerade gedruckt werden die Fragebögen für den ersten Schritt. Darin wird Allgemeines zu erneuerbaren Energien abgefragt, bis hin zur konkreten Standortfrage bei Bonacker. Bis zum 7. Mai sollen die Fragebögen an die Stadtverwaltung zurückgeschickt werden.

Wer macht mit?

Den Fragebogen erhalten 1000 Menschen, ab 16 Jahren – zufällig ausgewählt. Sie leben in der, wie es Bürgermeister Christoph Weber nennt, „Betroffenheitszone“: In einem Radius von fünf Kilometern um Bonacker herum. Betroffen sind damit grenzübergreifend auch Menschen im Schmallenberger Stadtgebiet.

Die Nachbarn werden in die Zufallsauswahl mit einbezogen und können mitentscheiden – das macht dieses Verfahren mit so ungewöhnlich. Für den Standort Schederberge würden auch die Nachbarn in Bestwig, für Mosebolle die auf Schmallenberger und auf Bestwiger Gebiet einbezogen und befragt. „Wir wollen alle Bürger aktivieren, die betroffen sind“, sagt Jana Janota vom Fachbereich Planung und Bauordnung, die das Verfahren für die Stadt entwickelt hat.

Wie geht es weiter?

Wer den Fragebogen zurückschickt, kann sich für Phase 2 melden: dem Öffentlichkeitsforum. Dabei wird mit Fachleuten diskutiert, an verschiedenen „Runden Tischen“. Zugelassen sind auch Interessenvertreter, etwa Naturschutzverbände und Investoren. Die Mediation hat Britta Ewert (Meschede) als unabhängige Vermittlerin. Sie begleitet das gesamte Verfahren.

Was machen die Politiker?

Britta Ewert erarbeitet am Ende auch die „Bürgerempfehlung“ zu Bonacker. Über diese Empfehlung diskutiert im Herbst der Mescheder Stadtrat: Die gewählten Politiker entscheiden frei darüber, ob sie ihr folgen – oder nicht. Stimmen sie dafür, dass Windräder bei Bonacker entstehen sollen, dann startet das normale formelle Beteiligungsverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes – inklusive erneuter Öffentlichkeitsbeteiligung, die gesetzlich vorgeschrieben ist. Stimmen sie gegen Bonacker, stoppt dieses Verfahren.

Wer bezahlt das?

Bezahlt werden alle Kosten dieser Bürgerbeteiligung durch den Investor „Enertrag“, der den Windpark Bonacker zusammen mit „Sauerland Windkraft“ plant und betreiben möchte. „Enertrag“ hat sich zur Übernahme der Kosten verpflichtet – von dem Porto für die Fragebögen über das Geld der Mediatorin bis zur Miete für das Forum. Die Stadt Meschede hat nur ihre normalen Personalkosten. „Enertrag“ interessiert sich auch für die Standorte in Schederberge und Mosebolle.

Was passiert künftig?

Die Stadt möchte mit ihrem neuen Verfahren auch Erfahrungen sammeln. Bewährt es sich, dann könnte es künftig – bei brisanten, emotionalen Themen, die viele betreffen – „zu einem Standardprozess für eine Bürgerbeteiligung werden“, so Bürgermeister Weber: „Das kann zu einem Modellprojekt werden.“

>>>HINTERGRUND<<<

Das neue Beteiligungsverfahren werde auch von anderen Kommunen und Behörden neugierig verfolgt, so die Erfahrung in der Stadtverwaltung: „Es schauen viele auf die Stadt Meschede“, sagt Bürgermeister Christoph Weber – so ein kritisches, emotionales Thema werde in NRW erstmals Bürgern zur Mit-Entscheidung vorgelegt.

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