Ramsbeck. . Als jüngste Ortsheimatpflegerin der Gemeinde Bestwig ist Anne-Karen Humpert die Hüterin eines großen Schatzes.

Anne-Karen Humpert ist die jüngste Ortsheimatpflegerin in der Gemeinde Bestwig. Seit November kümmert sie sich in dieser Funktion um die Ortschaften Ramsbeck, Andreasberg, Wasserfall, Dörnberg, Berlar sowie Ober- und Untervalme. Wir haben mit ihr über ihre Motivation, die Bedeutung des Ehrenamtes und über Heimat gesprochen.

Frau Humpert, sie sind eine berufstätige zweifache Mutter, warum binden Sie sich noch ein solch zeitraubendes Ehrenamt ans Bein?

Das ist manchmal schon knackig. Aber sowohl meinen Beruf am Mariengymnasium in Arnsberg als auch das Ehrenamt der Ortsheimatpflegerin sind meine Leidenschaften. Ich würde mir vielmehr wünschen, auch andere Menschen für das Ehrenamt begeistern zu können - und sei es nur für Kleinigkeiten wie etwa die Betreuung der Sternsinger oder die Pflege von Blumenkästen im Ort. Bei ehrenamtlichen Aufgaben ist es wichtig, bereits die jungen Leute eng mit einzubinden und so Berührungspunkte zu schaffen. Dafür, dass das klappen kann, sind wir der beste Beweis. Wenn mein Vater mich in seiner Funktion als Ortsheimatpfleger nicht schon in jungen Jahren eingebunden hätte, wäre ich vermutlich nicht seine Nachfolge angetreten. Ich finde, es ist auch ein Ausdruck von Persönlichkeit, wenn man sich unentgeltlich engagiert. In unserer Familie gehört das Ehrenamt einfach dazu. Meine Mutter war lange Zeit Vorsitzende der kfd, mein Bruder ist Löschgruppenführer - und ich bin jetzt halt Ortsheimatpfleger wie mein Vater.

Ihr Vater war bis zu seinem Tod 31 Jahre als Ortsheimatpfleger tätig und eine Institution im Valmetal. Was qualifiziert Sie für dieses Amt?

Mein Beruf und das Amt der Ortsheimatpflegerin passen sehr gut zusammen. Es geht quasi beides ineinander über. Als Studiendirektorin und als Mitglied der erweiterten Schulleitung bin ich es gewohnt, vor Leuten zu sprechen, zu koordinieren und zu organisieren. Gerade organisatorisch würde ich mich schon fast als Freak bezeichnen (lacht). Alles das sind Eigenschaften, die auch ein Ortsheimatpfleger mitbringen sollte. Ganz abgesehen von dem Interesse an der Geschichte des Ortes natürlich.

Ihr Vater hat sich immer schwer getan, sich von Dingen zu trennen. Haben Sie mit der Übernahme des Amtes tabula rasa gemacht?

Nein, eher im Gegenteil. Im Laufe der Jahre hat sich ein großer Schatz angesammelt, den es zu bewahren gilt. Und genau darin besteht unter anderem meine Aufgabe. Und natürlich darin, diesen Schatz zu erweitern. Dabei ist dann immer wieder Fingerspitzengefühl gefragt, wenn es um die Frage geht, was erhaltenswert ist und was durchaus auch mal weg kann. Hier ist mein Vater immer mit viel Liebe zum Detail vorgegangen und das möchte ich fortsetzen. Das Durchpflegen, Sortieren und Ordnen des bestehenden Archivs wird zunächst sicherlich noch ein ganzes Jahr in Anspruch nehmen. In einem ersten Schritt habe ich schon einen Schrank für unsere Wohnung bauen lassen. Jeder Ordner darin erzählt spannende Geschichten.

Denken Sie auch über eine Digitalisierung des Archivs nach?

Soweit das machbar ist, sicherlich. Bücher und Chroniken leben ja davon, dass man sie in der Hand halten kann. Alle anderen Sachen, für die eine Digitalisierung in Frage kommt, nehme ich mir Schritt für Schritt vor - immer dann, wenn ich sie ohnehin für einen meiner Vorträge benötige. Das Archiv soll ja nicht im Schrank verschlossen bleiben, sondern auch genutzt werden - ohne den Leuten damit auf den Keks zu gehen.

Wie könnte man den Leuten denn mit einem solchen Schatz auf den Keks gehen?

Zum Beispiel, wenn man ihnen ständig einfach das „alte Zeugs“ unter die Nase hält. Spannend und lebendig wird Geschichte aus meiner Sicht oftmals dann, wenn man sie mit Aktuellem mischt. Es ist vor allem bei Kindern wichtig, Geschichte erlebbar zu machen. Daher könnte ich mir zum Beispiel sehr gut eine Zusammenarbeit mit der Grundschule vorstellen - vielleicht als AG oder auch als Projekt. Das ist aber erstmal nur eine Idee. Konkrete Gespräche in diese Richtung habe ich noch nicht geführt. Aber das könnte schon eine tolle Sache sein.

Haben Sie bei der Durchsicht des Archivs schon Überraschungen erlebt?

Noch nicht - aber ich bin mir sicher, dass ich noch auf die ein oder andere Überraschung stoßen werden. Beeindruckt haben mich zuletzt Aufzeichnungen eines Ramsbeckers aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Er hat zwischen 1939 und 1945 zum Teil auch ganz profane Dinge und Erlebnisse niedergeschrieben, die ihm neben all den anderen tragischen Kriegsgeschehnissen widerfahren sind. Das liest sich wie ein Krimi und gewährt einen eindrucksvollen Einblick in die Lebensumstände der Ramsbecker in der damaligen Zeit. Da lässt sich sicherlich viel raus machen.

Was werden Ihre nächsten Aufgaben als Ortsheimatpflegerin sein?

Zuletzt habe ich gemeinsam mit dem Förderverein des Museums an einer Ausstellung zum zehnjährigen Bestehen des Vereins gearbeitet, die im Moment im Bergbaumuseum zu sehen ist. Im Mai feiert die Frauengemeinschaft ihr 100-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass werde ich dort einen Vortrag halten. Gemeinsam mit den Schützen gilt es außerdem, sich Gedanken über Veränderungen an der Königskette zu machen, weil diese durch ihre Plaketten inzwischen zu schwer geworden ist.

Als Ortsheimatpflegerin werden Sie sicherlich ihre Heimat lieben. Waren Sie jemals weg aus Ramsbeck?

Oh, ja! (lacht) Ich habe in Münster studiert und mein Referendariat in Dortmund absolviert. Ich habe ein Jahr in Wales und danach in den USA gelebt. Und durch meinen Mann war ich damals viel in Frankfurt, Berlin und im Rheinland unterwegs. Ich habe also viele Jahre in Großstädten gelebt - das war cool und wichtig, weil es den Blick weitet. Zurück ins Sauerland bin ich dann durch meine Stelle in Arnsberg gekommen und durch den Tod meiner Mutter 2005 schließlich auch wieder nach Ramsbeck. Und das war eine richtige Entscheidung. Vor allem mit Kindern lässt es sich hier toll leben. Hier können sie entspannt aufwachsen. Im Gegensatz zu damals möchte ich heute mit meiner Familie nicht in einer Großstadt leben. Dafür hat das Leben auf dem Land - und vor allem in Ramsbeck mit seiner Infrastruktur - einfach zu viele Vorteile.

Steckbrief

Anne-Karen Humpert ist 45 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Söhne.

Nach ihrem Studium und Referendariat in den Jahren von 1993 bis 2002 arbeitet sie seit 2002 in Arnsberg am Mariengymnasium. Dort ist sie K oordinatorin für Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Anne-Karen Humpert dokumentiert bereits seit Jahren das Geschehen in Ramsbeck als „Ortsfotografin“ und präsentiert immer wieder zu besonderen Anlässen ihre Fotodokumentationen.

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