Meschede. . Die Stadt Meschede will Flüchtlinge aus der Seenotrettung im Mittelmeer aufnehmen. Die FDP spricht von „illegaler Einwanderung“.

Zu einem heftigen Schlagabtausch ist es im Stadtrat über den Plan gekommen, Bootsflüchtlinge aus der Seenotrettung im Mittelmeer in Meschede aufzunehmen. FDP-Ratsherr Dr. Jobst Köhne nannte diese Idee der Grünen „naiv“, Grünen-Sprecherin Mechthild Thoridt bezeichnete im Gegenzug dessen Äußerungen als „total bescheuert“.

Druck auf Regierungen ausüben

Wie berichtet, hatte der Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Umwelt als Fachgremium dem Antrag der Grünen bereits einstimmig zugestimmt. In Seenot geratene Flüchtlinge sollen in Deutschland aufgenommen werden, so die Forderung: Im Rahmen einer gerechten Verteilung würde dann auch Meschede sie aufnehmen. Kanzlerin Merkel, Innenminister Seehofer und Ministerpräsident Laschet sollen dazu angeschrieben werden.

Mechthild Thoridt meinte, es müsse Druck in Richtung Berlin erzeugt werden, damit in Seenot geratene Flüchtlinge in Europa aufgenommen werden könnten. „Sea-Watch“ habe im Januar allein 47 Menschen aus Seenot gerettet, allerdings berichte Italiens Marine gleichzeitig von 100 Ertrunkenen.

Keine Einstimmigkeit

In der Sitzung des Fachausschusses hatte die FDP gefehlt. So kam es dort zu der Einstimmigkeit. Die fehlte jetzt im Stadtrat: Am Ende stimmten im Rat CDU, SPD, Grüne und UWG für den Antrag, die beiden FDP-Mitglieder dagegen.

„Dieser Antrag ist ein falsches Signal an Migranten. Hier werden Hoffnungen geweckt, die nicht erfüllt werden können“, sagte Köhne. Er kritisierte: „Da die Grünen nicht unterscheiden können zwischen illegaler Migration und Flüchtlingshilfe, glauben sie, dass sie ein gutes Werk tun, wenn sie Mittelmeer-Migranten nach Meschede holen.“

„Retter können auch in Afrika anlegen“

Das „Lagebild“ gebe einen falschen Eindruck wieder: Es gehe bei den Mittelmeerflüchtlingen nicht um eine Hilfe nach einer humanitären Katastrophe, wie einem Vulkanausbruch zum Beispiel. Köhne: „Es geht hier um illegale Einwanderung.“ Er sagte auch: „Je weniger illegale Einwanderung über diesen Weg gelingt, umso weniger Menschen werden sich in Zukunft der Gefahr einer beabsichtigten, kalkulierten Seenot aussetzen, um ihre Einreise in die EU zu erzwingen.“

Der Antrag sei „eine Hilfe für Schlepper, keine Hilfe für Flüchtlinge“. Eine Rettung aus Seenot könne auch erfolgen, wenn die Retter im nächsten afrikanischen Hafen anlegen würden: „Dies ist aber seitens der Migranten und ihrer Helferorganisationen nicht erwünscht.“

Nur wenigen dieser Flüchtlinge werde in Deutschland am Ende Asyl gewährt. Sie könnten höchstens als Geduldete hier leben, hätten aber nicht die gleichen Rechte: „Wir bekommen eine gespaltene Gesellschaft.“ Köhne machte sich stattdessen für eine geregelte Einwanderung mit einem Punktesystem nach dem Vorbild Kanadas stark.

Bürgermeister Christoph Weber (CDU) verteidigte den Antrag: Dabei gehe es darum, Menschen zu helfen „und sie aus dem Wasser zu holen“. Er gab Köhne in einem Punkt Recht: Kämen diese Menschen nach Deutschland, „dann erwartet sie die Ausreisepflicht“.

SPD fühlt sich an AfD erinnert

„Es geht um eine Geste – und um Menschen“, sagte Reinhard Schmidt (SPD). Die Aussagen von Köhne erinnerten ihn „an Aussagen einer Partei, die noch nicht im Rat ist“ – gemeint war die AfD.

Kornelius Kuhlmann (SPD) nannte Köhnes Aussagen „sehr zynisch“: Die klangen für ihn, als solle man zur Abschreckung „genügend viele ertrinken lassen“. Köhnes Klage über fehlende Rechte der Flüchtlinge könnte man ja ändern: „Man kann ihnen mehr Rechte geben, um die Situation zu entschärfen.“

10.000 Euro an die Schlepper

Mechthild Thoridt (Grüne) warf Köhne vor: „Sie haben null Ahnung von dem, was Sie reden.“ Jeder Flüchtling wisse, „was er aufs Spiel setzt“.

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Ingrid Völcker stellte klar: „Wir wollen überhaupt nicht, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen.“ Und zur Mittelmeer-Route: „Wir möchten nicht, dass Anreize geschaffen werden, diesen Weg zu beschreiten.“ Jobst Köhne sagte: „Es kommen gar nicht die Allerärmsten“ – die Flüchtlinge müssten ja bis zu 10.000 Euro an Schleuser bezahlen: „Wir tun so, als ob jeder, der einen Fuß in unser Land setzt, das aus einer Notlage heraus tut.“

>>>HINTERGRUND<<<

Im Beschluss heißt es: „Die Kreis- und Hochschulstadt Meschede erklärt sich – wie viele anderen Städte und Kommunen aus humanitären Gründen bereit – Mittelmeerflüchtlinge der Seenotrettung aufzunehmen.“

Ministerpräsident Armin Laschet solle dem Beispiel Berlins, Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und Brandenburg folgen und sich bereit zu erklären, „Geflüchtete der Seenotrettung in Nordrhein-Westfalen aufzunehmen, um die vielen Initiativen bei ihren wichtigen Anliegen zu unterstützen.“

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