Arnsberg. . 2018 kamen in Hüsten bei 1519 Geburten fünf Kinder still zur Welt. Chefarzt Dr. Peters erklärt, wie Frauen bei einer Totgeburt geholfen wird.

Auf 31 Berufsjahre blickt Dr. med. Norbert Peters, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Hochsauerland in Hüsten zurück. „Totgeburten sind selten, kommen aber leider vor“, sagt er. Die Versorgung dieser Frauen sei ihm eine „Herzenssache“. Fünf Fragen.

Dr. med. Norbert Peters.
Dr. med. Norbert Peters.

1. Wie häufig sterben Kinder im Mutterleib?
Dr. med. Norbert Peters: Die Kindersterblichkeitsrate in der Gebärmutter liegt in unserer Klinik bei 0,3 bis 0,8 Prozent. Das entspricht dem Bundesdurchschnitt. Totgeburten sind selten, sie kommen aber leider vor. Im vergangenen Jahr gab es bei uns, bei 1519 Geburten, 5 Totgeburten. Fehlgeburten kommen häufiger vor: Bis zur zehnten oder zwölften Woche erleidet bis zu ein Drittel der Schwangeren eine Fehlgeburt. Diese Zahl ist vielen gar nicht bewusst.


2. Wie gehen Sie in der Klinik mit der Situation einer Totgeburt um?
Die Schwangere wird von einem Arzt und einer Hebamme individuell in einem Kreißsaal betreut. Wir versuchen, den Geburtsvorgang so angenehm wie möglich zu gestalten. Auch die Dosierung der Schmerzmittel kann stärker gewählt werden, da wir keine Rücksicht auf den Kreislauf des Kindes nehmen müssen. Nach der Geburt bieten wie seelsorgerische und therapeutische Begleitung an. Dieses Angebot nehmen fast alle Familien an. Die Kinder werden gewaschen und angezogen, sie bekommen ein Namensbändchen und die Hebammen nehmen einen Fußabdruck. Auch der Fotograf kommt zur Familie, wenn sie es möchte. Auch das nehmen die meisten wahr. Die Frauen können so lang in der Klinik bleiben, wie sie möchten, der Partner ist ebenfalls willkommen. Der Weg nach Hause ist schwer, denn dort wartet oft ein leeres Kinderzimmer.

3. Was sind die medizinischen Ursachen für den Tod im Mutterleib?
Die Gründe sind unterschiedlich. Es kommt zum Beispiel – sehr selten jedoch – vor, dass die Kaiserschnittnarbe in der Gebärmutter reißt und das Kind in den Bauch geboren wird, oder aber der Mutterkuchen löst sich. In beiden Fällen müssen wir sehr schnell per Kaiserschnitt entbinden, da so auch aufgrund des Blutverlustes das Leben der Mutter in Gefahr ist. Manchmal sieht man die Todesursache, wenn das Kind auf der Welt ist: Ein Knoten in der Nabelschnur zum Beispiel. Oft ist die Ursache zunächst unklar, denn auch im Bauch gibt es den Plötzlichen Kindstod. Wir empfehlen den Eltern dann eine Obduktion, weil die Ergebnisse Gewissheit für weitere Schwangerschaften geben können. Viele wollen das nicht.

4.
Warum wird Frauen geraten, das Kind vaginal zu gebären? Wäre ein Kaiserschnitt nicht erträglicher?
Das geschieht im Hinblick auf die nächste Schwangerschaft, die durch einen Kaiserschnitt erschwert würde. Außerdem sollte die Frau nach Kaiserschnitt mit der nächsten Schwangerschaft ein Jahr warten, bis die Gebärmutter optimal verheilt ist.

5. Was geschieht mit dem Leichnam?
In Deutschland besteht die Bestattungspflicht. Deshalb werden die Kinder entweder in einem eigenen Grab bestattet oder in ein bestehendes Grab – zum Beispiel bei verstorbenen Verwandten – beigesetzt. Eine anonyme Beilegung ist ebenfalls möglich. Verlieren Eltern ihr Kind in einem sehr frühen Stadium, etwa bis zur 20. Woche, gibt es die Möglichkeit, die Kinder anonym und würdevoll auf einem Engelfeld des Friedhofs in Hüsten bestatten zu lassen.