Oberkirchen/Bad Berleburg. . Die frei lebende Wisentherde überquert die Hochsauerland-Höhenstraße auf der Almert. Zur Sicherheit richten die Behörden ein Tempolimit ein.
- Die frei lebende Wisentherde überquert die Hochsauerland-Höhenstraße auf der Almert
- Zur Sicherheit richten die Behörden ein Tempolimit
- Schilderungen einer Wisent-Begegnung gibt es auch aus Oberkirchen
„Achtung, Wisent voraus!“ heißt es immer öfter rund um Oberkirchen. Sowohl im Straßenverkehr als auch Auge in Auge auf Waldflächen sehen sich Menschen den massigen Tieren gegenüber. Einigen machen die überraschenden Begegnungen im Wald Angst, Stadt und Kreis reagieren auf der Kreisstraße zwischen Grafschaft und Oberkirchen jetzt vorsorglich mit Tempolimits.
Ganz allein und ohne Fahrzeugkarosserie um sich herum stand jüngst eine Frau aus Oberkirchen einem der Tiere plötzlich gegenüber. Folgende Szenen schildert die Familie: Die Frau arbeitet morgens in einer Nadelbaumkultur als sie bemerkt, dass etwa drei Meter vor ihr ein Wisentbulle steht. Weder sie noch das Tier bewegen sich zunächst.
Die Frau ist verunsichert, greift ganz langsam zu ihrem Handy und ruft ihren Mann an. „Wie soll ich mich verhalten? Der Bulle steht direkt vor mir und will nicht weichen.“ Ihr Mann rät ihr, Ruhe zu bewahren und sich nicht zu bewegen. Nach etwa anderthalb Minuten wendet sich das Wisent ab und geht davon.
Ehepaar ist erschrocken
Der Mann eilt in Sorge zu seiner Frau und geht den Spuren des Tiers mit einer Büchse in der Hand noch etwa 100 Meter nach, dann dreht er um. Sichtlich beeindruckt und eingeschüchtert fährt das Paar nach Hause, informiert Trägerverein und heimischen Förster und beschließt, dass in Zukunft niemand mehr allein in den Wald geht.
Details zum konkreten Telefonat nennt Dr. Michael Emmrich, der Sprecher des Wisent-Trägervereins, nicht. Aus seiner Sicht war das Verhalten des Tieres aber so erwartbar. In der Regel wendeten die Tiere sich freiwillig vom Menschen ab. Eine Ausnahme war das Zusammentreffen einer Wanderin mit der Herde im Sommer 2016.
Damals hatte eine Wisentkuh die Frau angegriffen, weil sie ihr Junges vor dem Hund der Frau beschützen wollte. Der Trägerverein rät bei Begegnungen mit der Wisentherde im Wald dazu, alle Regeln zu befolgen, die auch im Umgang mit anderen Waldtieren gelten.
Rund um Oberkirchen tauchen die Wisente in den vergangenen Wochen auch immer häufiger im Straßenverkehr auf. Erst gestern früh gab es dazu einen Anruf bei der Polizei. „Ein Autofahrer hat uns morgens die Wisentherde am Albrechtsplatz gemeldet“, bestätigt Polizei-Sprecher Holger Glaremin. Als seine Kollegen vor Ort gewesen seien, sei die Straße aber bereits wieder frei gewesen.
Herde taucht im Straßenverkehr auf
Auch nahe Almert überquerte die Herde kürzlich die Kreisstraße zwischen Grafschaft und Oberkirchen. Ein Video zeigt, wie die Herde angeführt vom Leittier auf die Straße zugeht. Es bleibt kurz stehen, lässt einen Pkw passieren und läuft dann mit Schwung über die Straße – die gesamte Herde hinterher. Etwa zwölf Sekunden dauert es, bis die Fahrbahn wieder frei ist.
Auf der Straße dürfen Autofahrer eigentlich 100 Kilometer pro Stunde auf dem Tacho haben, als Vorsichtsmaßnahme haben die Stadt Schmallenberg und der Hochsauerlandkreis nun entschieden, dort vorerst Tempo 50 vorzuschreiben. Die entsprechenden Schilder stehen bereits.
„Die Straßenverkehrsbehörde der Stadt hat uns darüber informiert, dass die Herde dort oben gewechselt ist“, sagt Martin Reuther, Sprecher des Hochsauerlandkreises. „Die Geschwindigkeit wurde deshalb erst einmal auf 50 km/h gedrosselt und jetzt wird beobachtet, ob die Tiere weiterhin dort wechseln oder ihre Laufwege verändern.“
Schon mehrfach konnten Verkehrsteilnehmer beobachten, wie die Herde Straßen überquert. Auf Nachfrage dieser Zeitung hatte ein Experte der Dekra bereits auf entsprechende Gefahren hingewiesen. Bei Geschwindigkeiten von 70 bis 100 Kilometern pro Stunde könnte ein Zusammenstoß für Insassen seiner Einschätzung nach sogar tödlich enden.
>> VERHALTENSREGELN
- Bei Begegnungen mit der Wisentherde im Wald gelten aus Sicht von Trägervereins-Sprecher Dr. Michael Emmrich dieselben Regeln wie im Umgang mit Wildschwein, Reh und Co.
- Eine „spezielle Problematik hinsichtlich der Wisente“ sehe er nicht.
- Der Wisent-Trägerverein empfiehlt im Wald folgende Verhaltensweisen: Wanderer sollten die festen Wege nicht verlassen, Hunde an der Leine halten und sich den Wisenten weder aktiv nähern, noch ihnen nachstellen oder sie füttern.