Jagdhaus. . Experten warnen: Ein Zusammenstoß mit einem Wisent kann für Insassen eines Pkw unter Umständen tödlich enden.
- Ein Schmallenberger Autofahrer fotografiert ein Wisent mitten im Straßenverkehr
- Bisher gab es noch keinen Verkehrsunfall mit einem der Tiere
- Laut Experten kann ein Zusammenstoß für Pkw-Insassen unter Umständen tödlich enden
Schrecksekunde für einen Schmallenberger: In seinem Pkw fährt er bei Jagdhaus um eine Kurve, plötzlich steht dort ein Wisent mitten auf der Straße – das berichtet ein Leser unserer Zeitung. „Ich konnte zum Glück noch rechtzeitig abbremsen und habe aus dem Auto heraus ein Foto von dem Wisent gemacht“, sagt der Schmallenberger. „Es hat daraufhin die Fahrbahn überquert und stand dann noch länger am Straßenrand und hat gefressen.“
Der Autofahrer sagt, es sei nicht seine erste Begegnung dieser Art mit einem Wisent bei Jagdhaus gewesen. „Ich habe dort jetzt schon mehrmals erlebt, dass ein Tier die Straße überquert“, sagt er. Streit anzetteln oder Vorwürfe erheben wolle er nicht und deshalb lieber anonym bleiben. Ihm gehe es darum, auf mögliche Gefahren im Straßenverkehr hinzuweisen.
Bisher kein Verkehrsunfall mit Wisent
Da es bislang keinen Verkehrsunfall mit einem Wisent gab, können Experten nur vermuten, welche Auswirkungen ein Zusammenstoß mit den massigen Tieren hätte – sie wiegen immerhin zwischen einer halben und einer ganzen Tonne. Bei Wildunfällen mit Rehen komme es häufig zu Blechschäden, doch ein Zusammenstoß mit einer Kuh oder einem Pferd könne dramatische Folgen für die Beteiligten haben, erklärt André Pröbsting von der Dekra.
„Bei so großen Tieren besteht die Gefahr, dass sie auf die Motorhaube aufgeladen werden und sich unter Umständen auch in den Innenraum drücken“, sagt der Experte. Bei Geschwindigkeiten von 70 bis 100 Kilometern pro Stunde könnte ein solcher Zusammenstoß für die Insassen sogar tödlich enden.
„Es ist aus meiner Sicht ein großer Zufall, dass es bisher nicht zu Unfällen gekommen ist“, meint Rechtsanwalt Dr. Dieter Schulz. „Ich sehe da ein riesiges Gefährdungspotenzial.“ Der Schmallenberger Jurist vertritt mehrere Waldbauern, die wegen der Schälschäden klagen, die die Wisente an ihren Bäumen anrichten. In diesen Zivilprozessen geht es allein um diesen Aspekt, nicht um eine eventuelle Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Trotzdem will Schulz auch auf dieses Thema aufmerksam machen.
Frage der Einordnung
Der Trägerverein der Wisent-Welt steht bisher fest auf dem Standpunkt, dass von den Tieren keine spezielle Gefahr ausgeht. Auch nach dem Vorfall, bei dem eine Wanderin von einer Wisentkuh verletzt worden war, die ihr Junges verteidigen wollte (wir berichteten), war man beim Trägerverein bei dieser Ansicht geblieben – es habe sich um einen Einzelfall gehandelt.
In Bezug auf den Straßenverkehr gehen die Verantwortlichen beim Trägerverein davon aus, dass Wisente dort die gleiche Stellung einnehmen wie etwa Rehwild. „Aus unserer Sicht ist ein Wisent in diesem Zusammenhang zu werten wie anderes Wild auch“, sagt Sprecher Dr. Michael Emmrich.
Laut Landesjagdgesetz gehören Wisente in der Kategorie „Haarwild“ zu den jagdbaren Arten in Nordrhein-Westfalen, auch wenn sie gar nicht gejagt werden. Ob ein Verkehrsunfall mit einem Wisent von Gerichten und Versicherungen aber auch als klassischer Wildunfall angesehen würde, ist bisher nicht ganz geklärt.
Bislang keine Hinweise an Behörden
Bei der Straßenverkehrsbehörde der Stadt Schmallenberg sind noch keine konkreten Hinweise oder Beschwerden von Verkehrsteilnehmern eingegangen. Deshalb hat sie bisher auch noch keine besonders auf die Wisente abgestimmten Maßnahmen veranlasst.
Fraglich ist zudem, welche das sein könnten. Denn bis die Verkehrsunfallkommission mit Experten aus dem Kreis gefährliche Stellen in Augenschein nimmt und Sicherungsmaßnahmen einleitet, müssen sich an der betreffenden Stelle bereits mehrere Unfälle ereignet haben.