Meschede. . Zeitenwende in Meschede: Die Geburtshilfe am St.-Walburga-Krankenhaus ist Geschichte. Die Mitarbeiterinnen kamen zum Abschied zusammen.

  • Abschiedsveranstaltung für die Mitarbeiterinnen der Geburtshilfe in Meschede
  • Kritik an vielen Regularien und Anforderungen, die zur Schließung führten
  • Zum Abschied hohes Niveau der Betreuung von Müttern und Babys gelobt

Mit einem Glas Sekt endete die Geschichte der Geburtshilfe am Mescheder St.-Walburga-Krankenhaus: Der Abschieds-Trinkspruch dabei galt allen Schwangeren – „und dass kein Kind auf der Straße geboren wird“, wünschte sich Kerstin Bigge, mit fast 25 Berufsjahren die dienstälteste Hebamme.

Eingeschworene eigene Familie

Manche Träne war bei dem sehr persönlichen Abschied im Krankenhaus offen zu sehen, manche wurde heimlich verdrückt. „Feier“ mochte Geschäftsführerin Anja Rapos die Abschiedsveranstaltung nicht nennen: „Es gibt nicht wirklich etwas zu feiern.“ Auch sie bekannte: „Ich stehe mit gemischten Gefühlen hier.“

„Ein Hoch auf uns“ sangen die Mitarbeiterinnen bei ihrem Abschied.
„Ein Hoch auf uns“ sangen die Mitarbeiterinnen bei ihrem Abschied. © Jürgen Kortmann

Sie schenkte den Mitarbeiterinnen Geld für ein gemeinsames Essen – das passt gut, denn die Hebammen und Kinderkrankenschwestern sind in der Vergangenheit zu einer eingeschworenen, eigenen Familie zusammengewachsen, wie Kerstin Bigge herausstellte.

Betreuung auf hohem Niveau

Anja Rapos selbst hatte die Geschäftsführung im Januar 2011 mit der Einweihung des neuen Kreißsaals angetreten: „Wir waren voller Zuversicht und guter Hoffnung.“ Jetzt, sechs Jahre, drei Monate und 2754 Geburten danach: die Schließung. Die Betreuung der Mütter und Babys sei „in jeder Hinsicht auf hohem Niveau“ gewesen, so die Geschäftsführerin. Liebevoll sprach sie auch vom „Tüdelfaktor“, mit dem Mütter umsorgt wurden.

Aber: Es gebe zu viele Akteure außen, „die immer mitbestimmen und die Taktung vorgeben“ – etwa der Gesetzgeber, der große Einheiten bevorzuge, Versicherer mit Auflagen und Prämien, die Qualitätsinstitute und Fachgesellschaften, „die sich selbst wichtig machen“, mit ihren Leitlinien.

Kreißsaal als „Hochsicherheitsbereich“

Es gebe keinen anderen Bereich wie den Kreißsaal, der von so vielen Begehungen „heimgesucht“ worden sei: „Der Kreißsaal wird als Hochrisikobereich wahrgenommen.“ Trotz aller Bemühungen habe man einsehen müssen, so die Geschäftsführerin, dass für die Geburtshilfe in Meschede „die Hürden nicht mehr zu nehmen sind“. „Wir wollen uns selbst Strukturen geben, bevor es andere tun“, sagte sie, ohne diese näher auszuführen.

Zu hohe Hürden

Kerstin Bigge sagte Dankeschön: Namentlich an die Leitung der Geburtshilfe aus Petra Großkurth und Ute Schwonzen, auch an das Anästhesie- und OP-Team, das jetzt nachts nicht mehr gestört werde („dafür gibt es zur Belohnung kein freundliches Babygeschrei mehr“). Aber auch den Ordensschwestern Hiltrudis und Irmlinde, die bei den stillen, traurigen Geburten unterstützten.

© Jürgen Kortmann

Für Bürgermeister Christoph Weber war „es wahrlich kein schöner Tag“ für Meschede: Es sei ein „schmerzlicher Abschied“, die Geburtshilfe sei „den Vorgaben und Regularien von Bund und Ländern zum Opfer gefallen“. Er sprach bitter von „Entwicklungen, die können wir nicht aufhalten.“

Die Zukunft

Das wird aus den Mitarbeiterinnen der Geburtshilfe: Fünf wechseln ans Klinikum Arnsberg, zwei ans Krankenhaus Brilon, eine nach Lippstadt, zwei in andere Abteilungen des Mescheder Krankenhauses.Zwei wechseln in die Selbstständigkeit, zwei arbeiten in einer Wohneinrichtung für junge Mütter, eine ist arbeitssuchend, zwei sind schwanger bzw. in Mutterschutz.

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