Menden. . Die Kommunalwahl ist kaum vorbei, da hat die Lokalpolitik im sauerländischen Menden gleich ihren ersten Aufreger: Ein FDP-Ratsherr zeigte sich jetzt in der ersten Ratssitzung ganz besonders engagiert: mit seinem iPad.

Der Mendener FDP-Ratsherr Sebastian Kraatz hat die erste Sitzung des neuen Stadtrates mit Spielen auf dem iPad verbracht. Eigentlich hatte die Stadtverwaltung die Geräte nur für die Arbeit mit Sitzungsunterlagen zur Verfügung gestellt. Aber die Ratsmitglieder nutzen ihre extra angeschafften Tablet-Computer offenbar nicht nur zum Arbeiten. FDP-Ratsherr Sebastian Kraatz beispielsweise verbrachte die jüngste Ratssitzung auf Nachrichten-Internetseiten und mit einem asiatischen Kartenspiel. Seine Begründung: Langeweile!

Mendens Bürgermeister Volker Fleige hatte gerade zu seiner Grundsatzrede angesetzt, da versank Kraatz völlig in den virtuellen Welten. Auf seinem Tabletcomputer baute er minutenlang mit Geschick die digitalen Steinchen im chinesischen Spiel Mah-Jongg ab – durchaus mit spielerischem Erfolg.

Ratsherr ist Computerspiel nicht peinlich

Seine Nebenbeschäftigung in der Sitzung ist Kraatz nicht peinlich: „Das Spiel fördert die Konzentration“, sagt er auf Nachfrage der Redaktion. Der Investmentbanker kritisiert im Gegenzug den Bürgermeister für seine Rede, in der er vermeintliches Fehlverhalten einzelner Ratsmitglieder anprangerte. „Es ist auch nicht Sinn und Zweck, dass die alten Kamellen wieder aufgewärmt werden.“

Blick über die Schulter: FDP-Ratsherr Sebastian Kraatz mit seinem Tablet.
Blick über die Schulter: FDP-Ratsherr Sebastian Kraatz mit seinem Tablet.

In der Stadtverwaltung stößt das Verhalten des Ratsherren nicht unbedingt auf Begeisterung. „Die Geräte dürfen für ausschließlich dienstliche Zwecke genutzt werden, aber wir haben keine Sperren getroffen“, erklärt Stadtsprecher Manfred Bardtke. „Letztlich ist es auch eine Sache der Selbstdisziplin.“

Früher malten Abgeordnete Blümchen...

Mit Benimmregeln für den Stadtrat sei es schwierig, solange niemand gestört werde. Die Historie zeigt: Früher las mal jemand während der Sitzung Illustrierte. Andere malten Blümchen auf die Sitzungsunterlagen. Dennoch: „Man muss das sicher beobachten.“

22 Ratsmitglieder hatten im vergangenen Jahr testweise ein iPad zum Anschaffungspreis von 600 Euro zur Verfügung gestellt bekommen. In der nächsten Woche soll der Rat entscheiden, ob auch die übrigen 26 Ratsmitglieder ein iPad bekommen. Kosten: 15.600 Euro. Im Gegenzug will die Verwaltung Druckkosten sparen. Bardtke zeigt sich kritisch: „Ich glaube nicht daran, dass alle das Interesse daran haben, ein iPad zu nutzen.“

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Sichtbar war das Geschehen auf dem Kraatz’schen Mini-Computer freilich nur für die Zuschauer in der Sitzreihe hinter ihm. Für seine Kollegen wirkte Kraatz hochkonzentriert. Gerade so, als schien er sich gerade in die Ratsunterlagen vertieft zu haben.