Menden/Lendringsen. Die Stadt Menden will nun doch keine Toilettenanlage am Lendringser Platz. Macht es sich die Verwaltung zu leicht? Ein Kommentar.

Was ist es uns wert, dass behinderte Menschen eine Möglichkeit bekommen, auf eine Toilette zu gehen, ohne sich an Öffnungszeiten halten zu müssen? Dass wir darüber ernsthaft diskutieren müssen, ist peinlich. Im Inklusionsbeirat, der die Interessen der Betroffenen vertritt, wurde mehr als eine Stunde lang darüber diskutiert, ob im Zuge des prämierten Städtebau-Projektes „Lebensader Lendringsen“ ein Behinderten-WC aufgestellt werden soll. Der Beirat hat sich vehement dafür eingesetzt und den Verzichtsplänen der Stadtverwaltung eine klare Absage erteilt. Gut so!

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Die Diskussion im Ratssaal war unwürdig. Klar: Mehr als 300.000 Euro in der Anschaffung sind kein Pappenstiel. Aber es gibt eine üppige Förderung des Landes: 70 Prozent! Der Beirat hat Ideen entwickelt, wie gespart werden kann – etwa durch den Verzicht auf Lifter und Liege. Auf diese Idee ist die Stadtverwaltung nicht gekommen. Solche Berechnungen wurden jedenfalls nicht vorgestellt. Stattdessen sollen die behinderten Menschen mit der „Netten Toilette“ abgespeist werden. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Dieses Projekt ist gut, die Partner verdienen Anerkennung. Behinderten hilft dieses Konzept aber kaum – und es scheint kaum vorstellbar, weitere Partner zu finden, die zudem noch über ein Behinderten-WC verfügen.

In der Diskussion drängte sich der Verdacht auf, dass es nicht nur ums Geld geht. Anwohner wollen die Toilette nicht in ihrer Nähe. Es ist wie bei Windrädern: Öko-Strom ja, aber bitte nicht bei mir! Will die Stadtverwaltung unangenehmen Gesprächen aus dem Weg gehen, sich gewissermaßen einen schlanken Fuß machen? Möglicherweise, der Vorwurf wurde unterschwellig laut. Die Politik sollte sich nicht noch weiter von der ursprünglichen „Lebensader“-Planung (mit Behinderten-WC) entfernen. Dabei wurden schon jetzt zu viele Kompromisse gemacht.