Menden. Eigentlich lief die Party der jungen Jecken an Rosenmontag im Zelt in Menden friedlich. Doch dann soll es zu einem Zwischenfall gekommen sein.

  • Update: 16.13 Uhr: DIie MKG Kornblumenblau hat Anzeige erstattet. Jetzt ermittelt der Staatsschutz.

Der Song „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino handelt eigentlich von der großen Liebe. Seit einem Eklat auf einem Dorffest in Mecklenburg-Vorpommern im Oktober 2023 hat sich das geändert: Im Internet ist der Song zu einer Art inoffizieller Neonazi-Hymne mutiert. Jetzt soll es zu einem Zwischenfall im Mendener Karneval gekommen sein. Was wir bisher wissen.

Mehrere Quellen bestätigen unabhängig voneinander, dass während der Rosenmontagsparty im Zelt am Neumarkt verschiedene Gäste „Ausländer raus, Deutschland den Deutschen“ gerufen haben sollen. Ein Video aus dem Zelt zeigt die Situation: Der DJ spielt „L’amour toujours“, die Menge tanzt. Aus der Mitte des Zeltes sind die lauten Nazi-Parolen zu hören. Die Arme werden dabei zum Takt in die Luft geworfen. Das Video liegt der Redaktion vor.

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Erst treten die „Ötti Boyz“ auf, dann spielt der DJ und soll es zu den Rufen gekommen sein

Der Vorfall soll sich laut ersten Erkenntnissen kurz nach dem Auftritt der Mendener Band „Ötti Boyz“ gegen 21.30 Uhr ereignet haben. Zwei Personen sollen sich laut einer Feiernden den Song beim DJ gewünscht haben. Kurz darauf sei es zu den rassistischen Rufen gekommen. Der Polizei ist der Vorfall am Dienstagvormittag noch nicht bekannt. Sie will nachhaken. Ein Partygast, der anonym bleiben möchte, behauptet derweil, der Veranstalter habe auf entsprechende Hinweise nicht reagiert.

Wir haben es nicht mitbekommen. Uns wurde nichts mitgeteilt. Wir distanzieren uns von diesen Leuten und Patrolen!
Ralf-Werner Hörchner, Pressewart MKG Kornblumenblau

Die MKG Kornblumenblau zeigt sich bestürzt über diesen Vorfall und bestreitet, nicht reagiert zu haben. „Wir haben es nicht mitbekommen. Uns wurde nichts mitgeteilt“, sagt Ralf-Werner Hörchner mit Blick auf das Video. Der Pressewart der Karnevalsgesellschaft war selbst vor Ort. Die Rufe, so seine Einschätzung, seien mutmaßlich in der Mitte des Zeltes abgesetzt worden. Aufgrund der Lautstärke der Musik hätte er selbst nichts davon gehört. „Hättem wir das mitbekommen, hätten wir sofort reagiert!“ Im Namen der MKG stellt er klar: „Wir distanzieren uns von diesen Leuten und Parolen!“ Rassistische, nationalsozialistische Aussagen würden unter keinen Umständen geduldet. „Die MKG und der Karneval sind bunt. Rechter Sumpf ist nicht erwünscht“, so Hörchner.

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Mendener Karneval soll bunt sein - und für alle

Die MKG Kornblumenblau setze auf Vielfalt. „Wir feiern ein Fest für alle!“ So habe man sich in diesem Jahr bewusst für eine „Henne des Jahres“ anstelle eines Gockels entschieden. Jeder sei willkommen - abgesehen von der AfD. Die AfD war der MKG „Kornblumenblau“ in der „Närrischen Ratssitzung“ am Rosenmontag nicht willkommen. Nachdem sich die drei Ratsmitglieder der rechtspopulistischen Partei für den Narrentrubel angemeldet hatten, reagierten der Vorsitzende Jörg Spiekermann und MKG-Präsident Michael Fringes jetzt mit einer schriftlichen Ausladung. „Das war ein klares Statement“, sagt auch noch einmal Ralf-Werner Hörchner.

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Der Song „L’amour toujours“ taucht immer wieder in Verbindung mit rechten Parolen auf. Das Perfide: Das Lied ist eigentlich ein Liebeslied. „I still believe in your eyes“ haucht eine hochgepitchte Stimme, singt von Liebe und Herzschmerz. Die eingängige Melodie findet sich mittlerweile in hunderten Videos, die rechtsextremistische Propaganda verbreiten. Der ausländerfeindliche Gesang ist zu einem Trend in den sozialen Netzwerken geworden und mittlerweile zum Erkennungszeichen der rechten und rechtsextremen Szene – sowohl mit als auch ohne Gesang. Besonders häufig finden sich diese Videos auf Tiktok, wo sie von einschlägigen Accounts weiter verbreitet werden.

MKG Kornblumenblau hat Anzeige erstattet - Staatsschutz ermittelt

Am Montagabend wurde im Zelt mit zwei DJs und den „Ötti Boyz“ gefeiert. Einlass wurde auch den jüngeren Jecken gewährt: 16- und 17-jährige Gäste durften bis 24 Uhr feiern. Rund 900 Menschen sollen sich nach Angaben der MKG im Zelt befunden haben. Grundsätzlich sei die Stimmung gut gewesen und alles friedlich gelaufen - abgesehen von den Nazi-Parolen. „Wir werden die Polizei informieren und Anzeige erstatten“, kündigte Ralf-Werner Hörchner derweil im Gespräch mit der Westfalenpost gegen Mittag an - und hielt Wort. Am Nachmittag dann das Update: Die Anzeige ist erstattet. Jetzt ermittelt der Staatsschutz.

Ralf-Werner Hörchner appelliert noch einmal an alle: „Wer so etwas mitbekommt, soll sich bitte sofort an uns wenden.“