Menden. Junge Mendenerin kreiert und produziert einen Kurzfilm über einen brisanten Erbrechtsstreit. Mendener Orte werden zur Kulisse.
Alexander Olsson gibt sich lässig, fast angeberisch. Im Anzug, perfekt gestylt, steht er vor Gut Rödinghausen - ganz der Geschäftsmann. Kurz darauf fährt sein Bruder Marlon Olsson mit dem Fahrrad vor. Unterschiedlicher könnten die Brüder nicht sein. Die beiden Männer witzeln, ziehen sich gegenseitig auf. Doch die Stimmung wird bald kippen. Ein Notar verkündet gleich das Testament ihrer verstorbenen Mutter. Es geht um nichts Geringeres als das Familienunternehmen. Das sorgt für großen Ärger und das Drama nimmt seinen Lauf.
Film feiert im Kinorama Premiere und kommt gut an
„Mutters Wunsch“ ist der erste Kurzfilm der Mendenerin Giuliana Barthel, der jüngst im Kino Premiere gefeiert hat. „Die Premiere war ein voller Erfolg, mit einem vollen Kinosaal und viel liebem Feedback“, sagt Giuliana Barthel stolz. Die 20-Jährige studiert Film und Regie an der Schwerter Ruhrakademie und möchte Regisseurin werden. Den Film „Mutters Wunsch“ hat sie jetzt für verschiedene Kurzfilmfestivals eingereicht. Auf einem ist er bereits gelaufen. Ein Riesenerfolg.
Giuliana Barthel ist eine mutige junge Frau, die hart für ihren Traum arbeitet. So auch für ihren ersten Kurzfilm. Knapp drei Monate intensive Arbeit stecken in dem 15 Minuten langen Film. Er ist für ihr Vordiplom entstanden. Und gedreht hat sie ihn mit ihrem Team, das aus elf Menschen hinter und sechs Menschen vor der Kamera bestand, unter anderem an markanten Orten in Menden. So taucht nicht nur das Gut Rödinghausen prominent platziert auf, sondern auch der Alte Ratssaal.
Giuliana Barthels organisiert Filmfestival
Bereits 2023 hat sie aus einer Idee Wirklichkeit gemacht: Die Mendenerin Giuliana Barthel stellte kurzerhand das Kurzfilmfestival und Netzwerkevent „Connect“ auf die Beine. Im Kinorama Unna waren Filminteressierte willkommen. Gezeigt wurden sechs Kurzfilme von verschiedenen Akademien und Hochschulen aus NRW. Eine Jury entschiedet vor Ort darüber, welcher Kurzfilm der Beste ist. Und weil das so großartig ankam, gibt es in diesem Jahr die nächste Auflage.
Am 5. Mai sollen wieder Kurzfilme von jungen Menschen gezeigt werden. „Wir überlegen, es ein bisschen größer zu machen“, sagt Giuliana Barthel. Was mit einer simplen Idee angefangen hat, hat sich mittlerweile gut herumgesprochen. „Es wurden bereits 700 Filme eingereicht“, sagt die Studentin. 70 Bewerbungen seien valide und zugelassen.
Mehr Menschen mit Filmen erreichen und Austausch ermöglichen
Und warum macht sie das neben ihrem Studium? Giuliana Barthel und ihre Kommilitonen produzieren Filme – doch das Publikum, das ihre mit Herzblut gestalteten Filme zu Gesicht bekommt, ist klein. Auch der Austausch zwischen den Film-Studentinnen und -Studenten in NRW finde kaum bis gar nicht statt. Das will Giuliana Barthel ändern. Es gebe so viele gute, kreative, junge Köpfe, aber eben kein regionales Festival, auf dem die Betroffenen ihre Kunst präsentieren können. Deshalb hat sie „Connect“ auf die Beine gestellt.
Karten für das Event gibt es ab Ende Januar auf der Seite des Kinorama.
Thema Erbstreit spielt auch im privaten Umfeld eine große Rolle
Anstatt sich für leichte Kost zu entscheiden, hat Giuliana Barthel ein eher ernstes Thema mitten aus dem Leben aufgegriffen: den Streit zweier Brüder über das Familienerbe. Wer auf ein Friede-Freude-Eierkuchen-Ende hofft, wird enttäuscht. Aber warum so ein Thema? „Meine Oma ist gestorben und das Thema Erbstreit ist in meiner Familie alltäglich“, sagt die junge Frau. Es habe sie nicht losgelassen. Ihr Film soll eine Art Warnung darstellen. Der ehrgeizige Alexander Olsson gewinnt vielleicht am Ende die Firma, doch erleidet dennoch einen großen Verlust.
Von der Idee bis zum fertigen Film sind viele Wochen vergangen. Giuliana Barthel hat sich um alles gekümmert, das Drehbuch geschrieben, Moodboards entworfen und auch Drehorte gesucht. „Ich wohne in Menden und irgendwie hatte ich so ein Heimatbedürfnis“, sagt sie. Gut Rödinghausen kannte sie aus der Zeitung und auch im Alten Rathaus war sie des Öfteren unterwegs. Für die Szene beim Notar suchte sie den richtigen Ort, etwas Aussagekräftiges. Diverse Rechtsanwälte und Notare hat sie angefragt, doch keine Drehgenehmigung erhalten. Schließlich festigt sich die Vision: Gut Rödinghausen von außen und die Besprechung im Alten Ratssaal, umgeben von hohen Wänden, viel Holz und alten Fenstern. Kurzerhand fragt sie an und bekommt die Erlaubnis zu drehen.
Film allein finanziert: Mut bewiesen, um das Ziel zu erreichen
„Das war super viel Vorplanung“, sagt die 20-Jährige, die den Film allein finanziert hat. Da das Budget der Studentin, die als Produktionsassistentin jobbt, nicht allzu üppig ist, wird sie kreativ. Sie gestaltet eine Mappe mit Informationen zu ihrem Plan und wendet sich an viele Agenturen: „Ich habe mehr als 100 Schauspieler angefragt“, sagt sie. 99 Prozent hätten abgelehnt. Ohne Gage wollten sie nicht arbeiten. Das Bezahlen von Anreise, Unterkunft und Verpflegung sowie die Verwendung des Materials: Mehr kann Giuliana Barthels ihnen nicht bieten. Doch Schauspieler aus München und Berlin sagen schließlich zu.
Zehn bis zwölf Stunden, vier Drehtage lang: In Menden, Iserlohn und Dortmund wird schließlich im Mai 2023 gedreht. In Menden, einen Tag nach dem Hochwasser, das vor allem in Lendringsen für hohe Schäden gesorgt hatte. Kurzerhand müssen die Schauspieler mit Regenschirm zum Gut Rödinghausen laufen. Der Dramaturgie schadet es nicht. „Es war ein großes Abenteuer. Richtig schön, aber auch anstrengend. Wir hatten auch zwei Nachtdrehs.“ Vier Gewerke vereint Giuliana Barthel in einer Person: Drehbuchautorin, Produzentin, Regie und Editorin. Doch am Ende hat sich der Aufwand gelohnt. „Ich freue mich wirklich sehr und ich habe wahnsinnig viel dazu gelernt“, sagt sie.
Weiterer Film soll in Menden entstehen
Und damit es nicht langweilig wird, plant sie bereits ihren nächsten Film: wieder in Menden, dieses Mal allerdings mit einem Mendener Schauspieler. Dieses Mal soll es noch innovativer und künstlerischer werden, sagt Giuliana Barthel. Und auch das Thema verrät sie bereits: Einsamkeit. Filmfreunde dürften gespannt sein.
Wer den Film „Mutters Wunsch“ sehen möchte, findet ihn auf YouTube.