Menden. Der erste „Tag des Fußgängers“ in Menden sorgt für große Präsenz von Ordnungsamt und Polizei auf den Straßen. Der Anlass ist tragisch.

Viele Autofahrer wundern sich an diesem Freitagvormittag darüber, dass in Menden so viele Polizisten und Ordnungsamtskräfte an Innenstadtstraßen und in der Fußgängerzone zu sehen sind. Des Rätsels Lösung: Heute ist der allererste „Tag des Fußgängers“ in Menden. Die groß angelegte Werbung für mehr Rücksichtnahme und Sicherheit geht zurück auf das tragische Ereignis im Sommer letzten Jahres: Eine Mendenerin (84) wollte mit ihrem Rollator den Westwall überqueren, wurde vom Fahrer eines links abbiegenden Lieferwagens aus der Papenhausenstraße übersehen und von dem Fahrzeug erfasst. Die Frau starb im Krankenhaus. Ein Unfall, den es nie wieder geben soll.

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Am Westwall: Polizei und Ordnungsamt erklären neue Sicherung

Denn inzwischen hat die Stadt die Unfallkreuzung am Westwall sowohl auf der Seite der Papenhausenstraße wie auch der Turmstraße mit rotweißen Sperrpfählen, Ketten und taktilen Elementen gesichert. Die Ketten sollen die Fußgänger dazu bringen, nicht mehr direkt von der Papenhausen- in die Turmstraße zu laufen und umgekehrt. Wer den kleinen Umweg um die Sperrketten nimmt, ist für Autofahrer auf dem Westwall besser sichtbar.

Manche Fußgänger an Unfallkreuzung ignorieren die Ketten

Das haben aber längst nicht alle begriffen: Wer sich durch die Absperrung zwängen will, um doch noch den direkten und für Autofahrer schlecht einsehbaren Weg zu nehmen, wird heute allerdings von Polizist Jörg Kreutzmann und Mendener Ordnungsamtskräften sofort darauf angesprochen - freundlich, aber bestimmt: „Da geht‘s lang.“

Zweitkässler vor Schule Bösperde: „Süßes oder Saures“ für Fahrer

Freundlich angesprochen werden an diesem Vormittag zugleich auch die Autofahrer, die an der Nikolaus-Groß-Grundschule vorbeifahren, auf der Bahnhofstraße in Bösperde. Dort sind in beiden Richtungen die städtischen Tempo-Messtafeln aufgebaut. Und je nachdem, ob man Tempo 30 eingehalten hat oder nicht, gibt‘s „Süßes oder Saures“ von den kleinen Verkehrswächtern der Klasse 2b. Gestoppt werden die Autos von Polizeihauptkommissarin Anke Sahlmen: „Guten Morgen, Sie sind 29 Stundenkilometer gefahren und haben sich damit einen süßen Apfel verdient“, klärt die Beamtin den Dortmunder Fahrer Kolja Woltering auf.

Kinder sollen Äpfel an Autofahrer verteilen - und beißen selber rein

Mit 29 Sachen genau richtig gefahren: Kolja Woltering aus Dortmund erhält von Kindern der Klasse 2b zur Belohnung einen süßen Apfel.
Mit 29 Sachen genau richtig gefahren: Kolja Woltering aus Dortmund erhält von Kindern der Klasse 2b zur Belohnung einen süßen Apfel. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Kurz darauf ist das Auto umringt von Kindern, die sich bei Woltering fürs korrekte Fahren bedanken. „Haste gut gemacht!“ Und während ihm ein Junge dafür seinen süßen Apfel durchs Seitenfenster reicht, beißt die kleine Klassenkameradin neben ihm herzhaft in ihren eigenen. Andreas Nolte von der heimischen Verkehrswacht muss laut lachen: „So, jetzt alle wieder zurück. Und diesmal verstecken wir uns, damit die Leute auch mal schneller fahren.“

Kinder gehen in Deckung - und prompt fährt einer zu schnell

Sie achten genau aufs Tempo: Andreas Nolte von der Verkehrswacht und seine kleinen Helfer aus der Klasse 2b.
Sie achten genau aufs Tempo: Andreas Nolte von der Verkehrswacht und seine kleinen Helfer aus der Klasse 2b. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Tatsächlich hat er recht: Kaum sind die Kinder in Deckung, rollt ein Fahrer mit 34 Sachen durch die Messung. Als er seine verdiente Zitrone kriegt, gelobt er den Kindern Besserung: „Ich hab echt nicht aufgepasst. Beim nächsten Mal mach ich das besser.“ Als er weiterfährt, lacht ein Junge: „Das war mein Nachbar!“

Christina Kraus, Verkehrssicherheitsberaterin der Polizei (links), und Sabrina Hünnies vom Ordnungsamt bereiten den geheimnisvollen „Dunkelraum“ für die nächste Kindergruppe vor.
Christina Kraus, Verkehrssicherheitsberaterin der Polizei (links), und Sabrina Hünnies vom Ordnungsamt bereiten den geheimnisvollen „Dunkelraum“ für die nächste Kindergruppe vor. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Geheimnisvoller „Dunkelraum“, wo sonst Politiker debattieren

Spannend geht es zugleich im Ratssaal zu: Wo eben noch über 108 Kanal-Millionen entschieden wurde, hat der Märkische Kreis heute sein „Dunkelzelt“ aufgebaut. Kita-Gruppen und Grundschulklassen werden reihenweise hineingeführt. Drinnen sollen sie sehen, dass Reflektoren gerade Fußgänger gut sichtbar machen: „Und was ist mit dem schwarzen T-Shirt in der Mitte?“, fragen Isi Fröhlich und Christina Kraus, die Verkehrssicherheitsberaterinnen der Polizei. „Das kann man gar nicht gut sehen“, ertönt ein Kinderstimmchen aus dem Zelt. Wieder was gelernt. Und natürlich werden nach jeder Zelt-Tour Reflektoren an alle verteilt.

Im Dunkelraum sollen Kinder lernen, was Autofahrer abends noch sehen - und was nicht.
Im Dunkelraum sollen Kinder lernen, was Autofahrer abends noch sehen - und was nicht. © Menden | Thomas Hagemann

Ordnungsamtschefin zeigt sich hochzufrieden: Neuauflage 2024

Blinkekatzen und Gummibärchen zum ersten „Tag des Fußgängers“ in Menden finden am Wochenmarktstand reißenden Absatz.
Blinkekatzen und Gummibärchen zum ersten „Tag des Fußgängers“ in Menden finden am Wochenmarktstand reißenden Absatz. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Wir wollen das 2024 wiederholen, dann vielleicht in den Stadtteilen.
Manuela Schmidt, Ordnungsamtsleiterin der Stadt

„Wir sind sehr zufrieden mit dem ersten Tag des Fußgängers und wollen das auch wiederholen, dann vielleicht in den Stadtteilen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben jedenfalls großes Verständnis gezeigt“, zieht Ordnungsamtsleiterin Manuela Schmidt ihre Bilanz am Marktstand des Fußgängertages vor Hackethal.

Aktion mit Polizei und Verkehrswacht läuft trotz Cyber-Attacke

Am Innenstadt-Stand vor Hackethal: Ordnungsamtsleiterin Manuela Schmidt erklärt Fußgängerinnen, warum es lebenswichtig ist zu leuchten. 
Am Innenstadt-Stand vor Hackethal: Ordnungsamtsleiterin Manuela Schmidt erklärt Fußgängerinnen, warum es lebenswichtig ist zu leuchten.  © Westfalenpost | Thomas Hagemann

In Gesprächen überall in der Stadt hätten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen jede Menge Hinweise auf Gefahrenstellen für Fußgänger erhalten. „Die habe ich alle notiert. Mal sehen, was sich da machen lässt.“ Sie habe sich jedenfalls gefreut, dass die Gemeinschaftsaktion mit der Polizei, dem MK und der Verkehrswacht trotz aller Einschränkungen durch die Cyber-Attacke am Ende so gut geklappt hat. „Nur das usselige Wetter hätte besser sein können.“