Menden. Klare Empfehlung: Der Hitchcock-Krimi „Die 39 Stufen“ wird im Mendener Amateurtheater MAT zum einem wunderbar komischen Event.

Es gibt die Vier-Drei-Drei-Aufstellung im Fußball, es gibt eine Vier-in-Eins-Abgasanlage. In Menden gibt es jetzt das Vier-in-Fünfzig. Gemeint sind Ralf Kreisel, Frauke Brenne, Uli Müthing und Martin Böhr, vier Schauspieler des Mendener Amateurtheaters MAT, die für den rasanten Hitchcock-Thriller „Die 39 Stufen“ in mehr als 50 Rollen schlüpfen. Und das ist noch nicht genug der Zahlenspielerei: Die MAT-Premiere am Samstagabend fällt in die Feierlichkeiten zum 65-jährigen Bestehen des „Theaters aus der Fabrik“, wie es im Untertitel heißt. Und: Die 39 Stufen haben sie – damals noch am Hofeskamp – in derselben Besetzung vor zwölf Jahren schon einmal gespielt. Dazu ist dazu vorab gleich festzustellen: Die Aufführung hat an Frische, liebevoller Komik und Rasanz kein Jota eingebüßt. Im Gegenteil.

Feuerwerk aus witzigen Dialogen, Slapstick-Einlagen und schrägen Gags

Das MAT-Publikum fest im Blick: Frauke Brenne als radebrechende Agentin Annabella, das spätere Mordopfer.
Das MAT-Publikum fest im Blick: Frauke Brenne als radebrechende Agentin Annabella, das spätere Mordopfer. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Selten ist der Mord an einer Agentin (Frauke Brenne) so lustvoll lustig inszeniert worden. Aus Hitchcocks todernster Jagd auf einen Unschuldigen machen sie an der Fröndenberger Straße ein Feuerwerk aus witzigen Dialogen, Slapstick-Einlagen und schrägen Gags. Als der zu Unrecht verdächtigte Richard Hannay(großartig: Ralf Kreisel) gefragt wird: „Tee, Mr. Hannay?“, bekommt er ein T-förmiges Holzstück auf den Tisch gestellt. Ralf Kreisel ist im Übrigen der einzige der vier Darsteller, der tatsächlich durchweg nur eine einzige Rolle spielt.

Viele Lacher bei Verfolgungsjagd im Waggon – und ein Schattenspiel

Tickets und Termine

Termine für „Die 39 Stufen“ in diesem Jahr: 13. und 14.10., 20. und 21.10., 28. und 31. 10., 3. und 5.11., 10. und 11.11. Beginn jeweils 20 Uhr außer 5.11. (17 Uhr).

Vorverkauf Brennweite, Provinzial Niehaus, Tabak Semer, Buchhandlung Daub. Ticket-Fon: 02373/9195591.
Kommende Stücke „Fenster“ (Ensemble 21) am 25.11., „Emilia Galotti“ (Junges MAT) am 16.2.2024, Iontach, 20. April 2024.

Frauke Brenne landet mit ihrer lispelnden Bauersfrau Margret einen Lacher nach dem anderen, und ihr ruppiger Landwirt (Uli Müthing), der auch den unglückseligen wie kurzbeinigen Mr. Memory verkörpert, steht ihr in nichts nach. Wie alle Akteure bei der Verfolgungsjagd im Waggon die Zugluft am offenen Abteilfenster darstellen, indem sie Joppen und Hüte flattern lassen, wie sie eine rumpelige Autofahrt darstellen – köstlich! Das Publikum lacht sich jedenfalls kringelig. Und es gibt sogar ein kleines Schattenspiel-Intermezzo zu Schottland, in dem „Nessie“ zu Ehren kommt.

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Schauspielerische Leistungen nahezu perfekt – Viele Anspielungen aufs MAT

Im Schattenspiel gut erkennbar: Hitchcock links oben, Nessie rechts unten. Ein wunderbares Intermezzo.
Im Schattenspiel gut erkennbar: Hitchcock links oben, Nessie rechts unten. Ein wunderbares Intermezzo. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Die schauspielerischen Leistungen bleiben unterdessen in nahezu jeder Rolle perfekt, auch wenn die Charaktere in manchen Szenen in atemberaubender Geschwindigkeit wechseln. Da setzt man sich nicht bloß wechselseitig einen anderen Hut auf, da changieren jedes Mal aufs Neue auch die Mimik und die Stimmhöhe. Das gelingt in einer Präzision, die nur zustande kommt, wenn ein Stück ein Dreivierteljahr lang intensiv geprobt wird. Immer wieder wird auch auf fehlende oder allzu karge Requisiten des Amateurtheaters angespielt, oder auf die gesprengte A-45-Brücke und andere Eigentümlichkeiten in und um Menden. Dass sie bei alledem ernst bleiben, weil die Rolle es erfordert, erscheint dem Zuschauer bald als größte Leistung dieses Ensembles.

Trotz vieler Ausflüge ins Fach Klamauk bleibt die Agentenstory rund

Ein Brüller im doppelten Sinne: Uli Müthing (rechts) als tumber Landwirt.
Ein Brüller im doppelten Sinne: Uli Müthing (rechts) als tumber Landwirt. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Das Quartett, das längst auch die Führungsriege dieses Theaters repräsentiert, setzt seine Bühnenerfahrung ein, ohne routiniert zu wirken. Die zahllosen Szenen gekonnt verwoben hat Regisseur Holger Schroer, der auch dafür sorgt, dass die Agenten-Story trotz vieler Ausflüge ins Klamaukfach rund bleibt. Eine großartige Leistung hinter der Bühne vollbringt derweil Cornelia Bähr, die das flinke Umziehen der Akteure ins Werk setzen muss. Bedauerlich, dass diese Szenen nicht auch zu sehen sind.

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Standing Ovations – und eine klare Empfehlung zum Anschauen

Bei einer Premiere mit vielen Freunden, Aktiven und Ehemaligen des MAT mag es erwartbar sein, dass es nach dem Vorhang stehende Ovationen gibt. Doch hier ist der rauschende Beifall allemal verdient. Als Quintessenz bleibt nur die Empfehlung: Wer gerne herzhaft lacht, besorge sich umgehend Tickets für „Die 39 Stufen“. Am Freitag, den 13. Oktober, und den folgenden Wochenenden geht’s regelmäßig weiter – immer freitags und samstags.