Menden. Zwei Millionen Euro hat der Umbau des Jugendzentrums am Mendener Kirchplatz gekostet. Warum es trotzdem immer noch kein WLAN hat.

Kein einziger der vier städtischen Mendener Kinder- und Jugendtreffs verfügt bisher über WLAN, das drahtlose schnelle Internet. Auch nicht das gerade erst für knapp zwei Millionen Euro sanierte Jugendzentrum in der Innenstadt. Was sich zunächst anhört wie eine pädagogische Maßnahme, um junge Menschen in städtischen Treffs vom „Daddeln“ abzuhalten und zu mehr analogem Miteinander zu motivieren, ist in Wahrheit ein Grundproblem der Stadt Menden: In rund 40 ihrer Gebäude fehlt das WLAN noch immer komplett.

Stefan Weige (FDP): „Das ist, als hätte man die Wasserleitung vergessen“

Jugendamtsleiter Christian-Peter Goebels fiel das fehlende WLAN nach eigenen Worten bei der großen Eröffnungsfeier des Jugendzentrums im März auf. Stefan Weige (FDP) wusste davon als Vorsitzender des Digitalausschusses schon eher: „Als ich gehört habe, dass auch das Zentrum erstmal ohne WLAN bleibt, war meine erste Reaktion schiere Ungläubigkeit“, erinnert sich Weige. Ihm fällt zur Bedeutung des schnellen Internets ein vielsagender Vergleich ein: „Das ist, als hätte man die Wasserleitungen vergessen.“

Absage an WP-„Heimaturlaub“ wegen des fehlenden WLANs

Drei Viertel vom Land gefördert

Das Land NRW förderte den Umbau des Jugendzentrums am Mendener Kirchplatz mit 1,5 Millionen Euro. Die Arbeiten begannen im Juli 2021, unter erschwerten Bedingungen, mitten in der Pandemie. Von Juli 2021 bis November 2022 wurden als Treff Ersatzräume an der Hochstraße genutzt.

Die Förderung erfolgte aus dem Programm „Soziale Integration im Quartier“. Die Gesamtkosten beliefen sich auf etwa zwei Millionen Euro. Die Bauabnahme fand am 9. Februar 2023 statt. Die offizielle Wiedereröffnung der renovierten und sanierten Räume fand am 4. März 2023 statt.

Als sich die WP-Redaktion bei der Vorbereitung ihrer Serie „Heimaturlaub“ auch für einen Jugendtreff als Redaktionsstandort interessierte, winkte die Stadtverwaltung ab. In keinem Treff gebe es WLAN, hieß es – weder im Zentrum noch in Bösperde, in Lendringsen oder auf der Platte Heide. Ein stabiler Internetzugang ist aber die Voraussetzung dafür, dass eine komplette Redaktion eine Woche lang täglich von einem anderen Standort aus Zeitung machen und Onlineportale füllen. Mit WLAN konnte der Ponyhof in Fröndenberg problemlos aufwarten, wo die WP ebenso zu Gast war wie bei Caravan Kissmer, im Industriemuseum Menden auf Gut Rödinghausen oder in der Baumschule Schotenröhr. Nirgendwo gab es ein Verbindungsproblem. Außer bei der Stadt Menden.

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Bürgermeister: Mendener Stadtverwaltung sollte „Digitalisierung vorleben“

Karin Glingener ist Digitalisierungs-Beauftragte in Menden. Die Langscheiderin kam 2021 aus der Arnsberger Verwaltung.
Karin Glingener ist Digitalisierungs-Beauftragte in Menden. Die Langscheiderin kam 2021 aus der Arnsberger Verwaltung. © Stadt Menden

Karin Glingener ist seit gut zwei Jahren die Digitalisierungs-Beauftragte der Stadtverwaltung, die wiederum als Stabsstelle direkt beim Bürgermeister angesiedelt ist. Das sollte damals, mitten in der Corona-Krise, die Bedeutung der Digitalisierung hervorheben, als noch massenhaft Homeschooling und Homeoffice praktiziert wurden. Wohl nicht umsonst erklärte Bürgermeister Roland Schröder bei Glingeners Vorstellung: „Wir brauchen eine Kulturveränderung.“ Es sei wichtig, „dass die Stadtverwaltung die Digitalisierung vorlebt“.

Doch genau das scheint nicht zu klappen. So würde sich Jugendamtsleiter Goebels das drahtlose schnelle Internet auch für alle städtischen Kindergärten wünschen. Dort komme es vor allem darauf an, mit gesichertem internen WLAN für Kita-Teams bessere Kommunikationsmöglichkeiten zu schaffen.

Digi-Beauftragte Glingener: „Wir hatten keine Basis“

„Was heute in den allermeisten Haushalten eine Selbstverständlichkeit ist, lässt sich für die Stadtverwaltung nicht so ohne weiteres installieren“, erklärt Karin Glingener dazu auf Nachfrage der WP. „Als ich hier anfing, haben wir die Stadtwerke Menden mit einer Untersuchung aller städtischen Gebäude auf ihre Internetfähigkeit hin beauftragt. Wir hatten dafür noch keine Basis.“ Diese aufwändige Sachstandserhebung sei dann übers Jahr 2022 gelaufen. Die gebäudescharfen Ergebnisse sollen im kommenden August im Fachausschuss vorliegen.

Gesamtkonzept für rund 40 städtische Gebäude liegt vor – Beratung im August

Warum erst jetzt? „Weil man sich vorstellen muss, was das für rund 40 Gebäude heißt“, entgegnet Glingener. „Wenn ich als Beispiel nur das Rathaus nenne: Wo brauchen wir da internes und öffentliches WLAN, wo nicht? Welche Kabel liegen im Gebäude? Von welchen Punkten aus sollen die Router arbeiten? Wie kann ich interne und externe Funkverbindungen sicher voneinander trennen?“

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Stadt hatte viele technische, rechtliche und finanzielle Fragen zu klären

Neben solchen technischen Fragen stellten sich laut Glingener bei der Erstellung der Drucksache auch logistische, politische und finanzielle: „Wollen wir die Aufgabe im Eigenbetrieb regeln oder an einen Dritten abgeben?“ Daran hängen viele rechtliche Probleme: „Wenn wir es selbst machen: Wer macht es? Wer ist verantwortlich für das Herausfiltern problematischer Inhalte? Welchen Content machen wir überhaupt abrufbar? Wenn wir es nicht machen: Wie darf ein Drittanbieter überhaupt mit unseren streng geschützten Daten umgehen und arbeiten?“

Allein die Kosten der erforderlichen Installationen liegen im sechsstelligen Bereich

Was die Kosten angeht, so dürfte nach WP-Informationen schon die Vorbereitung aller erforderlichen Elektroinstallationen bei noch rund 40 internetlosen Gebäuden einen sechsstelligen Betrag benötigen. Dafür wiederum muss erst die Politik grünes Licht geben.

Im Jugendzentrum steht fürs WLAN alles parat – wann es kommt, ist offen

Auf eine Information legt Karin Glingener unterdessen großen Wert: „Wir achten bei allen Neu- und Umbauten selbstverständlich aufs WLAN.“ Das gelte auch für das umgebaute Jugendzentrum, das über Kletterturm und Tonstudio verfügt. Auch für den Start des Internets sei alles vorbereitet und eingebaut. Genau deshalb stünden die Treffs in der Priorität ganz oben, ebenso die Flüchtlingsheime.

Nur wann’s wirklich losgeht, ist noch offen.