Menden. Nicht die beste Band, aber bisher die leidenschaftlichste, sagt Redakteur Thomas Hagemann über „Kontrollverlust“. Der Mendener Sommer rockt.
Es ist mehr Rudelsingen als ein Konzert, was sich am Freitagabend vorm Alten Rathaus abspielt. Dafür sorgen ein bestens aufgelegtes Mendener Publikum und das enorme Repertoire der Coverband „Kontrollverlust“. Die erklimmt die Bühne des Mendener Sommers „direkt aus dem Internet“, wie der Wuppertaler Frontmann Marvin Ochmann witzelt. Auf dem Programm stehen laut Ankündigung die Kracher der Achtziger und Neunziger Jahre, in denen unsterbliche Songs kreiert wurden – allerdings in ganz speziellen Versionen.
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Die Lieder dieser Zeit zeichnen sich – anders als viele heutige Computerstücke – durch eingängige, wiedererkennbare Melodien und mitsingbare Refrains aus. Vielleicht liegt es daran, dass sich an diesem Abend tatsächlich Jung und Alt gleichermaßen vor der Bühne einfinden: Spaß zu haben an Musik ist keine Generationenfrage.
Menge singt „Skandal um Rosi“ lautstark mit
„Kontrollverlust“ legen los wie die Feuerwehr, auch mit Medleys aus der Neuen Deutschen Welle. Den „Skandal um Rosi“ kennen und können sie auch in Menden noch alle, mitsamt Rosis Telefonnummer. Wer’s vergessen hat: Es ist die Zwounddreißig-Sechzehn-Acht.
Versprochen sind „SisCover“-Songs, also Weiterentwicklungen der Evergreens durch eigene Interpretationen. Auf der Bühne wird indes rasch klar, was damit gemeint ist. Das Quintett hält sich meist doch eng ans Original. Und wenn es in der Ankündigung heißt, „Kontrollverlust“ gebe „alten Geniestreichen mit prügelnden Drums und fetten Gitarren den nötigen Kick“, dann ist das eher so zu verstehen: Fast alles wird geradezu notwendig zu Rock und Punk, weil ein Sound ohne Keyboards genau das am besten hergibt.
Die Tasten vermisst man mitunter schmerzlich, vor allem bei „Simply the Best“, das ohne Keyboard eigentlich überhaupt nicht funktioniert. Aber gut, wen juckt’s, wenn du beim Singen und Tanzen um dich herum den Eindruck hast, dass sich hier gerade der Tina-Turner-Fanclub Europa versammelt hat? Auch Natalie Imbruglias eher sanfter Song „Torn“ hört sich hier an, als hätten ihn die Sex Pistols für sich entdeckt.
Auch wenn es musikalisch an einigen Stellen noch Luft nach oben geben mag: Die junge Band begeistert schon früh mit ihrer Leidenschaft, mit drei wirklich hörenswerten Stimmen und ihrem gekonnten Spiel mit dem Publikum, das die lautstarke Menge immer wieder neue alte Hymnen anstimmen lässt. Wirklich versemmelt wird nur „Wonderwall“ von Oasis – wozu unten auf dem Platz beim Mitsingen natürlich trotzdem sämtliche Handy-Lichtlein blinken.
Riesiges Repertoire der Band begeistert – So geht es nächste Woche weiter
Und noch mal: Das Repertoire von „Kontrollverlust“ ist unfassbar, es reicht vom Antikriegs-Hymne „Zombie“ der Cranberries über Abbas „Gimme Gimme Gimme“ bis zum Gummibären-Lied, das die Menge gleichermaßen begeistert intoniert. Auch die Dramaturgie dieses Abends stimmt – nach zwischenzeitlichen Ausflügen in instrumentalere Gefilde läutet „What’s going on?“ der 4 Non Blondes gegen halb 11 den Schlussakt ein. Das Publikum hat Zugaben gefordert – und kriegt sie. Mit „Gimme Gimme Gimme“ (der auch als Hardrock sehr gut funktioniert), einer wirklich tollen Version von Melissa Etherigdes „Like The Way I Do“ und „Narcotic“ von Liquido klingt ein Abend aus, an dem sich tatsächlich alle glänzend amüsiert haben dürften. „Kontrollverlust“ waren vielleicht nicht die beste, aber allemal die leidenschaftlichste der bisher drei Bands dieses „Sommers“.
Mit dem Sommer geht’s am kommenden Freitag ab 20 Uhr weiter: „The Kaiserbeats“ gehen dann musikalisch noch ein Stück weiter zurück: in die 50er- und 60er-Jahre.
Auf die fünfte Auflage des bisher so gut besuchten „Sommers“ darf man am 4. August dann besonders gespannt sein: „The Queen Kings“ treten als Tribute Band für Freddie Mercury & Co. auf. Wenn das Mendener Wetter auch hier mitspielt, dürfte es ganz eng werden auf dem Rathausplatz.