Menden. Die Schulen der Stadt Menden geben ab August das 29-Euro-Deutschlandticket als Monatsfahrschein aus. Die Schüler freut’s. Die MVG bangt.
Noch mögen Mendens Schülerinnen und Schüler gar nicht daran denken, doch am 4. August sind die Sommerferien in NRW offiziell zu Ende. Ein kleiner Trost: Ab 1. August sollen Kinder und Jugendliche, die ihre städtische Schule im Bus mit dem Schulweg-Monatsticket anfahren, stattdessen ein vergünstigtes 29-Euro-„Deutschlandticket“ nutzen. Dabei bleibt der Eigenanteil am Monatsticket vermutlich wie bisher bei 12 Euro, doch das Deutschlandticket gilt eben nicht nur für den Schulweg und an Schultagen, sondern immer. Auch in den Ferien. Das Monatsticket wird also stark aufgewertet. Und überlegt wird noch, ob womöglich auch der 12-Euro-Eigenanteil entfallen kann. Zusätzlich sollen jetzt auch Schülerinnen und Schüler, die bisher wegen ihres kurzen Schulwegs keinen Anspruch auf ein von der Stadt bezuschusstes Busticket hatten, für das Schuljahr 2023/24 ebenfalls ein Deutschlandticket für 29 Euro erhalten.
Bürgermeister Schröder lobt im Stadtrat „wirklich gute Lösung“
All das soll die Stadtverwaltung schnellstmöglich mit Verkehrsträgern wie der MVG und DB Regio ausverhandeln, beschloss der Mendener Stadtrat unmittelbar vor der Sommerpause. Der Hintergrund: Die Landesregierung will Schülerinnen und Schülern in NRW ab dem Beginn des Schuljahres das vergünstigte „Deutschlandticket“ für Bus- und Bahnfahrten ermöglichen. Jede Stadt entscheidet aber für sich, ob sie als Schulträger den Weg dafür freimacht oder nicht. „Ich glaube, alle Städte im Märkischen Kreis verfahren so“, erklärte Bürgermeister Dr. Roland Schröder vor dem Stadtrat. Das Land habe hier eine „wirklich gute Lösung“ gefunden.
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CDU dankt der Stadtverwaltung: „Das kam unglaublich kurzfristig“
Auch der Schulausschuss-Vorsitzende Peter Maywald (CDU) stimmte dieser Lösung vor dem Stadtrat ausdrücklich zu. „Man muss auch ein Dankeschön an die Stadtverwaltung sagen, dass die Vorbereitung so schnell ging. Das war großartig, denn Daten und Ausführungsbestimmungen kamen unglaublich kurzfristig.“ Für alle Kinder und Jugendlichen in Menden sei das 29-Euro-Ticket „eine hervorragende Chance“.
Mehr als drei Viertel der Mendener Schüler bisher nicht anspruchsberechtigt
Die Zahlen dazu: Von 4196 Schülerinnen und Schülern in Menden im letzten Schuljahr waren 3350 nicht anspruchsberechtigt für die Schulweg-Monatskarte. Mit dem 29-Euro-Ticket ist zum kommenden Schuljahresbeginn also mit deutlich mehr Fahrschülern zu rechnen. Der Antrag auf das Deutschlandticket ist über das jeweilige Schulsekretariat zu stellen. Nicht anspruchsberechtigte Kinder und Jugendlichen zahlen den vollen Preis von 29 Euro, Kinder mit Anspruch erhalten wie bisher den Zuschuss von der Stadt.
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Auch die Stadt Menden soll keine Mehrbelastung im Etat spüren
Für die Stadt Menden ändert sich finanziell nichts. Sie will die durch den Umtausch der Schülermonatstickets eingesparten Haushaltsmittel in Höhe von rund 146.000 Euro in einen Fonds einzahlen, aus dem die Differenz zu den rabattierten Tickets gezahlt wird. Übersteigende Beträge werden derzeit durch das Land Nordrhein-Westfalen erstattet, so dass es zu keiner Mehrbelastung im städtischen Haushalt kommt. Laut Maywald ist diese Erstattung „bis einschließlich 2024 gesichert“.
Große Vorbehalte bei der MVG: Übervolle Busse „die Schattenseite des Ganzen“
Keine Papier-Fahrkarten mehr
Das für Menden gewählte Modell bietet laut Stadtverwaltung die Gelegenheit, „zu gleichen Kosten für den Schulträger eine einheitliche Leistung für alle Schülerinnen und Schüler anzubieten“, auch in den Ferien. Eine dauerhafte Bindung junger Fahrgäste an die „Öffis“ werde forciert, zugleich ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Mobilität junger Leute geleistet. Und: Durch das digitale Deutschlandticket würde zudem die aufwändige Ausgabe der Papierfahrkarten entfallen.
Mit großen Vorbehalten begegnet indes die MVG der 29-Euro-Initiative. In deren Stellungnahme heißt es, dass „die betriebliche Seite die Schattenseite des Ganzen werden“ könne. Denn wenn mehr Schüler einen Anspruch auf Beförderung erwerben, könne es „zur Überbeanspruchung der bestehenden Infrastruktur insbesondere während der Verkehrsspitzen“ kommen. Und weiter: „Wenn die MVG Zusatzbusse einsetzen müsste, ist heute nicht abschätzbar, ob das überhaupt leistbar wäre – Stichwort Fahrermangel.“ Falls dann zusätzliche Leistungen am Markt einzukaufen wären, werde es sich um sehr teure Spitzenleistungen handeln. Verzichte man darauf, „wird die MVG die entsprechenden negativen Begleiterscheinungen aushalten müssen“. Denn an dieser Stelle trete „das grundsätzliche Entwurfsproblem des Deutschlandtickets zu Tage: Marktaktivierung trifft auf statisches Angebot“.
Bangen um rechtzeitige Erstellung der Prozesse zur Ausgabe der E-Tickets
Auch der Wechsel der Arbeits- und IT-Prozesse für digitale Ticketmedien im Vertrieb werde zur Herausforderung. Dafür sorgten der verzögerte Bearbeitungsstart und die Bewältigung der Neukunden: Die MVG kann da offenbar nur hoffen: „Hoffentlich hält unser externer Dienstleister für die Massenerstellung von E-Tickets ein Zeitfenster in seiner Produktion für uns offen.“ Auf längere Sicht begrüße es der Nahverkehrsanbieter aber ausdrücklich, wenn möglichst viele Schüler zu vertretbaren Preisen in die Nahverkehrs-Nutzung kämen. Und die gelte es zu verstetigen, damit junge Menschen auch dann das Deutschlandticket nutzen, wenn es beim Einstieg in den Beruf wieder den Normalpreis kostet.