Bösperde. Es klingt nach einem Schildbürgerstreich: Gleich zwei Straßen sind so ausgebaut, dass dort 30 km/h erlaubt sein müssten – und nicht nur 6 km/h.

Da wurden offensichtlich zwei schlafende Hunde geweckt, die schon jahrzehntelang vor sich hin schnarchen: Im Zuge einer ganzheitlichen Untersuchung der Verkehrssituation in Bösperde ist aufgefallen, dass auf zwei verkehrsberuhigten Straßen eigentlich Tempo 30 erlaubt sein müsste. Die Stadt prüft eine Umwandlung der entsprechenden Straßen. Der Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie das Feuerwehrwesen versagte diesem Vorhaben seine Zustimmung.

Was ist da passiert? Der Mobilitätsausschuss hat im Januar 2022 die Verwaltung beauftragt, Verkehrszählungen in Bösperde durchzuführen und zu analysieren. Darüber hinaus sollte die Verwaltung die verkehrlichen Probleme im Ortsteil aufzeigen und darlegen, welche Maßnahmen geeignet wären, um die Mobilitätssituation im Ortsteil Bösperde zu optimieren. Das Ergebnis klingt zunächst gut: In Bösperde lassen sich demnach „keine gravierenden Missstände feststellen, die deutlich über das normale Maß hinausgehen und eine umgehende Beseitigung erfordern“.

Die Grevenhofstraße ist so ausgebaut, wie es üblicherweise in Tempo-30-Zonen der Fall ist.
Die Grevenhofstraße ist so ausgebaut, wie es üblicherweise in Tempo-30-Zonen der Fall ist. © WP | Dirk Becker

Bereiche mit einem „erhöhten Konfliktpotenzial“ gebe es an der Mühlenbergstraße, am Knotenpunkt Heidestraße/Holzener Dorfstraße sowie in der Anbindung der Pfarrer-Wiggen-Straße an die Provinzialstraße. Die Verwaltung schlug zusätzliche Piktogramme und die Erneuerung von Fahrbahnmarkierungen und Verkehrsschildern vor. Alles völlig unstreitig und von der Politik befürwortet.

Ein Detail aber sorgte für Stirnrunzeln. Mit dem Eichenkamp und der Grevenhofstraße, in die der Eichenkamp mündet, gibt es gleich zwei Straßen, für die eine Umwandlung zur Tempo-30-Zone geprüft werden sollte. Aber nicht etwa, weil dort zu schnell gefahren würde, sondern zu langsam. Beide Straßen sind verkehrsberuhigte Bereiche, umgangssprachlich fälschlich meist Spielstraßen genannt. Und das seit vielen Jahren. Allerdings passt der bauliche Zustand nicht dazu. Das erläuterte Ralf Weier, Verkehrsplaner bei der Stadt Menden.

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Am Eichenkamp gibt es Bürgersteige, die in verkehrsberuhigten Bereichen eigentlich nicht vorgesehen sind.
Am Eichenkamp gibt es Bürgersteige, die in verkehrsberuhigten Bereichen eigentlich nicht vorgesehen sind. © WP | Dirk Becker

Das wird vor allem deutlich, wenn man den Blick an die Straßenränder wirft. Es gibt Bürgersteige, die an verkehrsberuhigten Straßen nicht vorgesehen sind. Im Gegenteil: Dort sind Fußgänger und Fahrzeuge gleichberechtigt. Fußgänger müssen noch nicht einmal am Fahrbahnrand gehen, sondern dürfen die gesamte Straße nutzen. Fußgänger müssen zur Seite gehen, wenn ein Auto vorbeifahren möchte. Wenn nötig, müssen Fahrzeuge warten. In verkehrsberuhigten Bereichen dürfen Kinder auf der Straße spielen. Sowohl am Eichenkamp wie auch an der Grevenhofstraße gibt es allerdings Bürgersteige.

„Beide Straßen sind als Tempo-30-Straßen ausgebaut“, erklärte Ralf Weier. Dass man dort tatsächlich kaum 30 Stundenkilometer schnell fahren kann, spielt für die rechtliche Einordnung keine Rolle. Eine Umwandlung der verkehrsberuhigten Bereiche in Tempo-30-Straßen müsste in Abstimmung mit der Kreispolizeibehörde erfolgen. Die Politik klammerte diese Empfehlung der Stadtverwaltung allerdings zunächst aus und beschloss nur die übrigen Maßnahmen. Die Verwaltung will den Sachverhalt aber prüfen und das Ergebnis erneut im Ausschuss präsentieren. Sollen beide Straßen verkehrsberuhigt bleiben, müsste notfalls auch deren Umbau in Erwägung gezogen werden.