Menden. Immer weniger Gläubige, aber dieselbe Zahl an Kirchen und Pfarrheimen? Dieser Frage stellt sich jetzt auch der Pastoralverbund Menden.

Die katholischen Gemeinden im „Pastoralen Raum“ Menden verlieren durch Kirchenaustritte immer mehr Schäfchen – 2022 waren es allein mehr als 500 –, und das könnte jetzt Konsequenzen für den Gebäudebestand der Kirche haben. „Wir wollen uns auf den Weg der Anpassung machen“, sagt Markus Deiters, Verwaltungsleiter des Pastoralverbundes Menden. Auslöser dafür ist ein Vortrag von Daniel Schröter, Abteilungsleiter für kirchengemeindliche Immobilien beim Erzbistum Paderborn. Er sprach Ende April vor Vertretern des Pastoralverbundes in Menden. In der neuen Immobilien-Strategie des Bistums geht es um Abbau, Umwandlung oder Neunutzung von Kirchen und Pfarrheimen, um sie künftigen Bedarfen anzupassen. Diese Notwendigkeit, so Deiters’ Eindruck, wird auch in Menden gesehen.

Wie in 1980er Jahren: Noch 15 Kirchen und Kapellen mit regelmäßigen Gottesdiensten

Derzeit gebe es in Menden 15 katholische Kirchen und Kapellen, in denen regelmäßig Gottesdienst gefeiert wird, hinzu kommen die Kapellen St. Antonius und St. Michael. „Das ist der Bestand, der auf die Raumbedarfe der Achtziger- und Neunziger-Jahre zugeschnitten war. Diese Bedarfe haben wir heute leider nicht mehr.“ Deiters widerspricht zugleich Gerüchten, wonach ein Abriss der Heilig-Kreuz-Kirche quasi beschlossene Sache sei: „Das stimmt nicht.“

Bei einem Ja zur Bistums-Strategie: Alle Kirchen und Pfarrheime auf dem Prüfstand

Richtig sei, dass künftig alle Kirchen und Pfarrhäuser in Menden auf den Prüfstand kämen: „Wir wollen gemeinsam mit den Gemeinden sehen, welche Gebäude sie noch unmittelbar und in vollem Umfang für ihr Gemeindeleben brauchen. Und was mit Gebäuden geschehen kann, bei denen das nicht mehr so ist.“ Dabei, sagt Deiters, soll es keine Denkverbote geben. Allen Beteiligten sei zugleich klar, dass jede Kirche, jedes Pfarrheim mit großen Gefühlen verbunden ist, nicht nur in der jeweiligen Gemeinde, dort aber ganz besonders. Wenn darauf jetzt eine rationale, auch von Wirtschaftlichkeits-Aspekten geprägte Betrachtung trifft, werde das „sicher kein einfacher Prozess“, schwant Deiters. Zugleich gelte, dass in einer großen Kirche, in der sich regelmäßig nur eine Handvoll Gottesdienstbesucher einfindet, nur noch schwerlich das Gefühl einer christlichen Gemeinschaft aufkommt.

Multiprofessionelle Teams wollen die Mendener Gemeinden begleiten

Alfons Hardt setzt auf kreative Ideen

Beim Diözesanen Forum im Oktober 2021 wurde der Start der „Immobilienstrategie für das Erzbistum Paderborn“ angekündigt. Alfons Hardt, in Menden geborener und aufgewachsener Jurist, Theologe und Domdechant des Paderborner Metropolitankapitels, war von 2004 bis 2022 Generalvikar des Erzbischofs von Paderborn. Er erklärte damals: „Fakt ist: Wir haben zu viele und zu große kirchliche Gebäude. Fakt ist jedoch auch: Insbesondere Kirchengebäude sind identitätsstiftend und mit vielen Emotionen verbunden. Die Immobilienstrategie eröffnet jetzt jedem Pastoralen Raum eine echte Gestaltungschance: Unsere Kirchengemeinden sind aufgerufen, ihren Gebäudebestand an ihren tatsächlichen Bedarf anzupassen und ihr Gemeindeleben dadurch fit für die Zukunft zu machen.“

In dieser Auseinandersetzung könnten die Kirchengemeinden, begleitet durch ein interdisziplinäres Team, „individuelle Impulse setzen und nachhaltige, ökologisch verantwortete Perspektiven schaffen im Blick auf die Zeit 2030 plus.“ Kirchen und Pfarrheime seien „Räume und Kristallisationspunkte unseres Glaubens“, erklärte Hardt. Allen Kirchengemeinden im Bistum, die sich auf den Weg der Immobilienstrategie machten, wünsche er „tragfähige Konzepte und innovative Ideen“. Die Herausforderung, Gebäudeflächen zu reduzieren, könne auch zur Chance werden, die neue Kräfte freisetzt. Etwa in Form „überraschender Immobilienlösungen, die zuvor vielleicht gar nicht für möglich gehalten wurden“.

Mit der Anpassung an künftige Bedarfe werde wohl auch die katholische Kirche in Menden der neuen Immobilien-Strategie des Erzbistums folgen. So begleitet das Bistum bereits mehrere Pastorale Räume mit zwei multiprofessionellen Teams. Dazu zählen jeweils ein Geistlicher, ein Finanzexperte und ein Architekt. Der Beratungsprozess für jeden Pastoralen Raum, der dies wünscht, dauert laut Deiters dann etwa anderthalb Jahre. Und am Ende müssten keineswegs lauter Verkäufe oder Abrisse stehen, es könne ebenso auf eine Suche nach Kooperationspartnern für neue, angemessene Nutzungen der Objekte hinauslaufen. So seien andernorts schon Dorfgemeinschaftshäuser oder Kunstkirchen entstanden.

Schon jetzt sind größere Sanierungen an allen Gebäuden ausgesetzt

Konkrete Folgen für die Kirchen und Pfarrhäuser in Menden haben die Überlegungen allerdings schon jetzt. „Wir haben alle größeren Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen so lange ausgesetzt, bis Klarheit darüber herrscht, ob die jeweilige Investition für uns noch sinnvoll ist“, beschreibt der Geschäftsführer. Im Fall der Heilig-Kreuz-Kirche betreffe dies die ansonsten anstehende Sanierung des Kirchturms.

Heilig-Kreuz-Kirche dient als Beispiel für anzulegende Kriterien

Dass gerade diese Kirche in den Fokus gerückt ist, führt Deiters auf verschiedene Kriterien zurück, die man beispielhaft anführen könne: wenige Gottesdienstbesucher, keine historische Bausubstanz der in den 1950er Jahren erbauten Kirche, die unmittelbare Nähe zur Urpfarre St. Vincenz oder die latente Hochwassergefahr. Der Sanierungsstopp, betont Deiters, gelte aber ausnahmslos für alle katholischen Gotteshäuser und Pfarrheime.

Bis zu ersten konkreten Verzichten in Menden kann es noch Jahre dauern

Die Info-Veranstaltung des Bistums vom April sei die Phase 1 des Prozesses zur Entscheidungsfindung gewesen. In Phase 2 müsste laut Fahrplan des Bistums das klare Bekenntnis des Pastoralen Raums Menden zur Teilnahme an der Immobilien-Strategie stehen. Dies wird laut Deiters gerade in den Gremien beraten. Bevor es wirklich zur Begleitung durch ein Profi-Team kommt, könnte weitere Zeit ins Land gehen. Denn viele der 87 Pastoralen Räume im Erzbistum haben sich längst dafür entschieden – und wären vor Menden an der Reihe.