Menden/Arnsberg. Ein 17 Jahre alter Mendener soll im Oktober 2022 einen Senioren brutal erstochen haben, um dessen Wertsachen zu stehlen. Jetzt läuft der Prozess.
Er soll mehrfach brutal auf ihn eingestochen haben, um dann mit seinen Wertsachen zu flüchten und sein Opfer sterben zu lassen: Ein 17-jähriger Mendener soll im Oktober vergangenen Jahres einen 83 Jahre alten Senioren aus Menden getötet haben. Im Nachgang soll er absichtlich einen Verkehrsunfall verursacht haben – mit dem Ziel, sich das Leben zu nehmen. Der Minderjährige steht nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor Gericht. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Mord, Raub mit Todesfolge, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Verstoß gegen das Waffengesetz. Verhandelt wird seit Dienstag vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts in Arnsberg. Es sind mehrere Termine angesetzt, auch Zeugen sollen zu Wort kommen. Als typische Mordmerkmale wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten ein Tötungsdelikt aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat sowie sonstige niedrige Beweggründe vor.
Der Prozessbeginn
Keine Zuschauer, keine Presse. Der Prozess unter Vorsitz von Richter Markus Jäger startet am Dienstagmorgen. Jäger stehen zwei Berufsrichter sowie zwei ehrenamtliche Schöffen zur Seite. Gemeinsam sollen sie in mehreren Sitzungsterminen über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten urteilen. Dem Angeklagten steht sein Pflichtverteidiger bei. Darüber hinaus gibt es einen Sicherungspflichtverteidiger. Dieser kann im Zweifel übernehmen, wenn der eigentliche Verteidiger terminlich verhindert ist.
+++ Auch wichtig: Polizei entdeckt Blut an der Türschwelle des Opfers +++
Richter Dr. Alexander Brüggemeier sagt im Nachgang zur Verhandlung als Pressesprecher des Landgerichts: „Bisher wurde nur die Anklageschrift verlesen.“ Alexander Brüggemeier hält sich aus Gründen des Jugendschutzes bedeckt. Bisher hatte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen geäußert – das sei auch weiterhin so. Brüggemeier gehe aber tendenziell davon aus, dass sich der Angeklagte im Laufe der Verhandlung einlassen werde. Ob es sich bei den Zeugen um Nachbarn handelt, will der Pressesprecher nicht kommentieren.
Die vermeintliche Tat
Der Angeklagte soll er sich am 20. Oktober 2022 mit einem Messer und einem Schraubenzieher bewaffnet in die Wohnung des 83 Jahre alten Geschädigten begeben haben, um unter Anwendung von Gewalt Wertsachen des Geschädigten und die Schlüssel von dessen Fahrzeug an sich zu nehmen. „Als der Geschädigte die Herausgabe verweigerte, soll der Angeklagte mehrfach auf den Hals-, Oberkörper- und Rückenbereich des Geschädigten eingestochen haben, um diesen zu töten“, heißt es von Seiten des Landgerichts. Anschließend soll der 17-Jährige die Wohnung durchsucht, die Geldbörse sowie die Fahrzeugschlüssel an sich genommen haben und mit dem Fahrzeug des Geschädigten ohne Fahrerlaubnis davongefahren sein. Das Opfer starb in der Wohnung.
Entdeckt wurde der Leichnam Tage später – durch Ermittlungen von Polizeibeamten nach dem schweren Verkehrsunfall auf der B515 in Fahrtrichtung Balve. Dabei war der 17-Jährige mit dem gestohlenen Audi A3 „mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit“ auf der Bundesstraße unterwegs, „um sich durch eine absichtliche Kollision mit den Leitplanken das Leben zu nehmen“, so das Gericht weiter. Er wurde schwer verletzt mit dem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen. Bei der Ermittlung des Fahrzeughalters fanden Polizeibeamte dann bereits auf der Schwelle zur Haustür der Wohnung des 83-Jährigen einen blutigen Abdruck einer Schuhsohle. Da der Senior nicht aufmachte, ließen die Beamten die Tür durch Feuerwehrleute öffnen. In der Wohnung fanden sie die Leiche.
Das Opfer
Das Opfer ist ein 83 Jahre alter Mann aus Menden, der allein lebte. Der Mann hatte scheinbar keine nahen Angehörigen mehr. Das Gericht hatte einen Antrag auf Zulassung eines Nebenklägers – offenbar gestellt vom Neffen des Opfers, um am Prozess teilnehmen zu können – abgewiesen.
Der Beschuldigte
Wie bereits berichtet, soll der Angeklagte deutscher Staatsbürger sein. Der Mann sitzt derzeit in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt in Wuppertal-Ronsdorf. Vor der Tat, die ihm vorgeworfen wird, lebte er in Menden. Er soll das Opfer nur vom Sehen gekannt haben. Nach WP-Informationen soll der Beschuldigte laut Gutachter schuldfähig sein. Offiziell bestätigen möchte Alexander Brüggemeier diese Information auf Nachfrage nicht.
Polizeilich in Erscheinung getreten sei der mutmaßliche Mörder einige Wochen vor der Tat zum ersten Mal. Er soll im öffentlichen Raum eine 6 Millimeter Gaspistole mit sich geführt haben – ohne die entsprechende Erlaubnis. Auch diese Tat wird jetzt mitverhandelt. Der Pressesprecher des Landgerichts Arnsberg stellte aber bereits vor Verhandlungsbeginn klar, dass es sich bei der Gaspistole nicht um die Tatwaffe handle. Darüber hinaus sei der junge Mann aus Menden weder aufgefallen, noch vorbestraft. Allerdings besitze er weder eine Berufsausbildung noch sei er einer geregelten Arbeit nachgegangen.
Hinweis der Redaktion: Es sind mehrere Fortsetzungstermine geplant. Der nächste Termin findet am Dienstag, 25. April, statt – nicht öffentlich. Der mutmaßliche Täter, der nun in Arnsberg vor Gericht steht, ist noch minderjährig. Es gelten für den 17-Jährigen andere Regeln vor Gericht als für Erwachsene. Die Verhandlungen und auch die Urteilsverkündung finden zum Schutz des Minderjährigen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auch die Presse hat bei Prozessen von unter 18-Jährigen keinen Zutritt. Die Frage vor Gericht ist immer, ob ein Tatverdächtiger schuldfähig ist. Konkret heißt das: Kann die Person das Unrecht der Tat einsehen und hierfür Verantwortung übernehmen? Bei Erwachsenen wird diese Fähigkeit vorausgesetzt, bei Tatverdächtigen zwischen 14 und 18 Jahren müssen Gerichte feststellen, ob sie bestraft werden können. Wer jünger als 14 Jahre ist, gilt als strafunmündig.
Wer älter als 14 Jahre ist, der kann – wie der 17-jährige mutmaßliche Täter aus Menden – in Untersuchungshaft kommen. Damit sollen die Beseitigung von Spuren aber auch eine Flucht sowie ein Untertauchen verhindert werden. Beim Urteil gilt das Jugendstrafrecht – in einigen Fällen, bis der oder die Betroffene 21 Jahre alt ist. Haftstrafen sind selten, aber bei Mord und Totschlag ist grundsätzlich eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren möglich. Für verurteilte jugendliche Straftäter gibt es dann spezielle Gefängnisse.