Menden. Bei jeder vierten Koloskopie wird ein Polyp entdeckt. Susanne Raschke vom St.-Vincenz-Krankenhaus beantwortet die wichtigsten Fragen.

Der März gilt bundesweit als Aktionsmonat für die Darmkrebs-Prophylaxe. Bei jeder vierten Koloskopie wird ein Polyp – aus dem sich ein Tumor entwickeln kann – festgestellt, bilanziert Dr. Sabine Redemann, Chefärztin der Gastroenterologie im Mendener St.-Vincenz-Krankenhaus. Aber wer sollte zur Vorsorge gehen? Und wie oft? Wir haben dazu Susanne Raschke, Leiterin der Endoskopie des Mendener St.-Vincenz-Krankenhauses, gefragt.

Warum ist die Darmkrebs-Vorsorge wichtig?
„61.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Darmkrebs“, erklärt Susanne Raschke. Durch eine Darmspiegelung können Veränderungen frühzeitig erkannt werden. Wird bei der Koloskopie beispielsweise ein Polyp entdeckt, kann dieser entfernt werden. Das nennt sich Polypektomie. „Wir entfernen dann den Polypen mit einer Schlinge.“

Live-Show

Die Gastroenterologie-Abteilung des Mendener St.-Vincenz-Krankenhauses lädt zu einem Tag der offenen Tür ein. Dieser findet statt am Samstag, 6. Mai, 11 bis 15 Uhr.

An dem Tag können Besucher in Live-Shows sehen, wie Magen- und Darmspiegelungen ablaufen. Und auch der Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) beim Aufspüren von Polypen oder anderen Veränderungen wird gezeigt.

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Warum sollten Polypen entfernt werden?
Aus einem Polypen kann sich Darmkrebs entwickeln, sagt Susanne Raschke. „Und der kann wachsen. Darmkrebs ist eine stille Gefahr, ein stiller Prozess, von dem wir nichts mitbekommen.“ Es dauere meist lange, „bis der Polyp entartet“. Das heißt: Lange Zeit spüren Patienten mit einem Darmkrebs nichts von ihrer Erkrankung. Oft seien erst relativ spät Symptome wie Schleim oder Blut im Stuhl zu merken. „Und die Patienten fühlen sich dann irgendwann blutarm, schlapp.“

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Wie geht es weiter, wenn ein Polyp entfernt wurde?
„Dann sollten die Patienten auf alle Fälle nach einiger Zeit zu einer erneuten Darmspiegelung kommen“, erklärt Susanne Raschke. „Das kann nach einem, nach zwei, drei oder fünf Jahren sein.“ Der zeitliche Abstand hänge von den individuellen Gegebenheiten ab. „Wenn ein Polyp zum Beispiel noch nicht in die Darmschleimhaut eingewachsen ist, können wir den besser entfernen.“ Ein zeitlicher Abstand von zehn Jahren bis zur nächsten Koloskopie sei zu lang. Hinzu komme, dass trotz sorgfältiger Untersuchung nicht jeder Polyp entdeckt werde: „Der Polyp kann ja noch ganz klein sein oder ist gerade im Entstehen“, erläutert Susanne Raschke. „Oder die Vorreinigung ist nicht gut gewesen. Oder der Rest eines Polypen ist verblieben, der nachwachsen kann. Man kann sich also nie zu hundert Prozent sicher sein.“

In jedem Fall werde ein entfernter Polyp in der Pathologie untersucht, um festzustellen, ob dieser gut- oder bösartig war.

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Wie belastend ist die Koloskopie?
Das Anstrengendste sei die Vorbereitung, also das Abführen. „Die Patienten müssen ausreichend trinken, das fällt nicht allen leicht“, weiß Susanne Raschke. Das könne man sich so vorstellen, als wenn man 100 Milliliter Flüssigkeit in einen Gartenschlauch kippe, „dann passiert auch nichts. Deshalb sollten die Patienten viel trinken, damit der Darm sauber ist.“ Je besser der Darm gereinigt sei, desto höher seien die Chancen, dass ein möglicher Polyp entdeckt werde.

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Zudem fühlten sich viele am Vortag der Untersuchung, wenn nichts gegessen werden darf, schlapp. Die eigentliche Untersuchung sei dann unproblematisch, die meisten lassen sich ohnehin gerne in eine Kurznarkose legen. „Es gibt nur ein paar wenige, die keine Narkose wollen.“

Für den Tag nach der Koloskopie rät Susanne Raschke zu einem „Wellness-Tag: ausruhen und entspannen“. So könne der Körper schnell regenerieren.

Findet eine Koloskopie ambulant oder stationär statt?
Beides ist möglich. Der Vorlauf für eine ambulante Koloskopie betrage im St. Vincenz derzeit mehrere Monate.

Dr. Sabine Redemann, Chefärztin Gastroenterologie am St.-Vincenz-Krankenhaus in Menden.
Dr. Sabine Redemann, Chefärztin Gastroenterologie am St.-Vincenz-Krankenhaus in Menden. © WP Menden | Corinna Schutzeichel


Wer bezahlt die Darmspiegelung?
Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen die Spiegelung für Männer ab 50 und für Frauen ab 55 Jahren, sagt Susanne Raschke. Die Kassen übernehmen die prophylaktischen Koloskopien bei jüngeren Patienten nur bei entsprechenden Beschwerden, erläutert die Leiterin der Endoskopie. Hier rät sie im Vorfeld zum Gespräch mit dem Hausarzt, um abklären zu lassen, ob eine Darmspiegelung etwa aufgrund von Bauchschmerzen oder familiärer Vorbelastung anzuraten sei.

Welche Nebenwirkungen sind bei einer Koloskopie möglich?
„Der Darm ist kein festes Organ“, erklärt Susanne Raschke. „Wo der Dickdarm in den Dünndarm übergeht, da ist die Haut dünn wie Pergament-Papier. „Da müssen Ärzte und Assistenz besonders vorsichtig sein.“ Durch die technischen Entwicklungen seien die Endoskope leichter und flexibler als in früheren Jahren. Käme es dennoch einmal zu einer Perforation, „dann können wir das zusammenklammern“, erklärt Susanne Raschke. „Die Klammer – die auch Bärenkralle genannt wird – kann drinbleiben und der Patient spürt davon nichts.“

Ab wann sollte man zur Darmspiegelung?
Empfohlen werde die Spiegelung derzeit noch für Männer ab 50 und für Frauen ab 55 Jahren. „Aber das soll geändert werden“, weiß Susanne Raschke. Denn sinnvoller sei eine frühere Prophylaxe. Wann eine erstmalige Spiegelung sinnvoll sei, sei auch abhängig von individuellen Faktoren. Zum Beispiel: „Gibt es in der Familie Darmkrebs-Fälle? Hat jemand Beschwerden?“, erläutert Susanne Raschke. Dann könne eine Spiegelung auch ab 30 Jahren schon sinnvoll sein: „Wir haben leider manchmal auch Patienten, die erst 25 oder 30 Jahre alt sind und bei denen Darmkrebs festgestellt wird. Da gibt es dann eine familiäre Vorbelastung.“


Wie viele Menschen gehen ins St.-Vincenz-Krankenhaus zur Darmspiegelung?
„Wir haben jeden Tag etwa 30 bis 40 Spiegelungen“, sagt Susanne Raschke. „Davon sind etwa acht bis zehn ambulant.“ Die Mendener seien, so ihre jahrzehntelange Erfahrung, „sehr vorsichtig“, hätten die Vorsorgeuntersuchungen im Blick und kämen auch zuverlässig zur erneuten Wiedervorstellung, wenn beispielsweise ein Polyp gefunden und entfernt wurde. „In manchen Ballungsgebieten ist das komplett anders“, weiß Susanne Raschke. „Je nach sozialer Schicht gehen die Menschen seltener oder gar nicht zu Vorsorgeuntersuchungen.“

Wie können Ängste vor der Koloskopie abgebaut werden?
„Es wäre sinnvoll, generell das Thema Vorsorge schon ganz früh ins Leben zu integrieren“, erklärt Susanne Raschke. So gebe es Playmobil-Figuren, die eine Darmspiegelung „nachspielen“. „So was könnte man schon im Kindergarten und in der Schule thematisieren“, schlägt Susanne Raschke vor. „So wie es beim Zähneputzen gemacht wird.“


Nimmt die Zahl der Darmkrebs-Fälle zu?
„Ja, das ist leider so“, sagt Susanne Raschke. „Da spielen viele Faktoren rein – wie wir leben, was wir essen, wie viel Stress wir haben. Die Lebenssituationen haben sich im Vergleich zu vor einigen Jahrzehnten verändert.“ Aber auch Menschen, die sich sehr gesund ernähren und auf eine gute Work-Life-Balance achten, seien nicht gefeit, erklärt Susanne Raschke: „Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Menschen zur Vorsorge gehen.“