Menden. Über Encro-Chat, das Whatsapp für Verbrecher, kommen Ermittler einem Drogen-Händlerring auf die Schliche. In Menden greift das SEK zu.

Gut ein Jahr nach einem spektakulären Zugriff eines Spezialeinsatzkommandos gegen einen Drogen-Händlerring in Menden beginnt nun der Prozess gegen sechs Männer am Landgericht Wuppertal. Was Ermittler den Angeklagten vorwerfen – und welche Rolle Menden dabei spielt.

Es sind Szenen wie aus einem Hollywood-Actionfilm, die sich am 19. März 2022 auf der Kolpingstraße abspielen. Am sonnigen Samstagabend tauchen gegen 17.15 Uhr plötzlich mit Maschinenpistolen bewaffnete Spezialeinsatzkräfte (SEK) der Polizei auf. Sie springen in Höhe der Seniorenresidenz aus Mannschaftswagen und Zivilfahrzeugen und fordern die Leute in barschem Ton auf, in die Gebäude zu gehen. Im Café Italia heißt es: „Bleiben Sie von den Fenstern weg!“ Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei. Mehrere Menschen werden verhaftet, ein grauer VW-Golf mit Solinger Kennzeichen beschlagnahmt und abtransportiert.

Encro-Chat bringt Stein ins Rollen

Am Landgericht Wuppertal beginnt am Mittwoch, 15. März, nun der Prozess. Angeklagt sind sechs Solinger, die Drogen in großen Mengen aus den Niederlanden importiert haben sollen. Die Ermittlungen stützen sich unter anderem auf die Auswertungen der sogenannten „Encro-Chats“. Das Programm auf eigens verschlüsselten Smartphones, die vornehmlich von Kriminellen weltweit genutzt wurden, konnte von Europol-Experten gekapert werden. Seither laufen bundesweit Verfahren, die sich auf diese Auswertungen stützen.

Dass der spektakuläre Zugriff gerade in Menden erfolgte, sei laut Staatsanwältin Theresa Beckmann jedoch nur Zufall gewesen. Ursprünglich bereiteten sich die Einsatzkräfte auf eine Festnahme in Hagen vor. „Allerdings mussten wir dann umdisponieren“, erklärt Beckmann auf WP-Anfrage. Als sich Hinweise auf ein anstehendes Drogengeschäft verdichteten, schlugen die Ermittler schließlich in Solingen und Menden zu. Hierbei stellten sie neben anderem Beweismaterial auch ein Kilo Kokain sicher. Aktiv war die Gruppe vornehmlich in Solingen und Minden.

Dass sich die Ermittlungen nun schon gut ein Jahr ziehen, hängt vor allem mit Chat-Protokollen der Angeklagten zusammen. Diese mussten zuletzt umfangreich ausgewertet und übersetzt werden.

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