Menden. Schon mehrfach saß ein 38-jähriger Mendener hinter dem Steuer, obwohl er nie einen Führerschein besessen hat. Nun muss er ins Gefängnis.

Es war eine wilde Verfolgungsjagd, die sich ein 38 Jahre alter Mendener am 13. Juli des vergangenen Jahres mit der Polizei lieferte. Der Mann besaß offenbar reichlich Fahrpraxis, obwohl er nie einen Führerschein besessen hat. Er habe zwar mal eine Fahrschule besucht, die Ausbildung aber abgebrochen, als er zu eine Medizinisch-Psychischen Untersuchung (MPU) absolvieren sollte. Die habe er machen sollen, weil er mehrfach mit frisierten Mofas unterwegs gewesen sei, erklärte der Angeklagte jetzt bei seinem Prozess am Amtsgericht Menden.

Dort musste er sich nicht nur wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, sondern auch wegen eines illegalen Rennens verantworten. Sein Verteidiger räumte für ihn das Fahren ohne Führerschein ein, die Voraussetzungen für ein illegales Rennen seien hingegen nicht gegeben. Ohnehin stand nie der Vorwurf im Raum, der 38-Jährige sei gegen einen anderen Verkehrsteilnehmer gefahren. Stattdessen war der wahre Kontrahent die Polizei, die auf der Unnaer Landstraße die Verfolgung aufnahm.

Fahrer missachtet rote Ampel

Was war passiert? Der Angeklagte war am 13. Juli gegen 22.35 Uhr mit einem VW Transporter auf der Unnaer Landstraße unterwegs und bog trotz roter Ampel auf die Bismarckstraße ab – just in dem Moment, als die Polizei eine Verkehrskontrollstation vor dem „Schnitzelhaus“ einrichten wollte. Eine Beamtin sah den Verkehrsverstoß, ein Streifenwagen nahm die Verfolgung auf. Erst auf dem Bräukerweg auf Höhe der Aral-Tankstelle konnte die Besetzung des Mercedes Vito den Flüchtigen erstmals zum Halten auffordern.

Die ignorierte der 38-Jährige, er fuhr über den Kreisverkehr auf dem Bräukerweg zurück. Mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit (laut Anklage bis zu 116 Stundenkilometern) flüchtete er vor den Beamten, bog immer wieder im Bereich Bräukerweg / Unnaer Landstraße / Provinzialstraße ab. Warum er nicht stoppte, wurde im Prozess klar. Der 38-Jährige stand nach mehreren Vorstrafen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter laufender Bewährung. Weil der Mendener in dem Bereich wohnte, kannte er sich gut aus. Die Beamten abschütteln konnte er dennoch nicht.

„Wir haben eine Verfolgung aufgebaut, es wurden also weitere Einsatzmittel hinzugezogen“, berichtete eine Polizeibeamtin als Zeugin. Sprich: Immer mehr Polizeiwagen beteiligten sich an der Verfolgung. Am Ende, so erinnerte sich der Angeklagte, waren es acht Streifenwagen, die ihn in einer Sackgasse festsetzten.

Überraschung für die Ehefrau

Wenig nachvollziehbar war für den Vorsitzenden Richter der Grund, warum sich der Angeklagte überhaupt hinter das Steuer gesetzt habe. Er wollte, so der 38-Jährige, das Fahrzeug Probe fahren, bevor er gemeinsam mit seiner Frau am nächsten Tag eine Fahrt in den Urlaub antreten wollte – mit der Frau am Steuer. Der Transporter sei erst am Tag der Verfolgung angemeldet worden, seine Gattin sollte von einem Klinikaufenthalt zurückkehren. „Ich wollte ihr eine Freude machen und sagen, dass alles fahrbereit ist“, erklärte der Angeklagte.

Diese Idee endete in einem Fiasko, denn nach der Gerichtsverhandlung steht fest: Der Angeklagte, der gegen das Urteil noch Rechtsmittel einlegen kann, muss für vier Monate in Haft. Der Vorsitzende Richter sah keine Chance für eine erneute Bewährungsstrafe. Geldstrafen, eine bereits erfolgreich abgeschlossene Bewährung und die Tatsache, dass er am Tattag unter Bewährung stand, hätten den 38-Jährigen nicht davon abgehalten, sich erneut ans Steuer zu setzen. „Sie hatten genug Chancen“, erklärte der Richter dem Angeklagten. Dass dieser per Heimarbeit Geld verdiene und in eine Familie integriert sei, falle nicht so sehr ins Gewicht, denn: „Das war auch schon vor der Tat so. Da ist nichts, was jetzt plötzlich einen Wandel bei Ihnen bewirken könnte.“

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die auch den Tatbestand eines illegalen Autorennens bestätigt sah, hatte sechs Monate ohne Bewährung gefordert, die Verteidigung drei Monate mit Bewährung. Der Verteidiger sah die Vorgaben für den noch relativ jungen Paragrafen 315d des Strafgesetzbuches nicht erfüllt.

Video der Verfolgungsfahrt

Die Prozessbeteiligten hatten sich im Rahmen der Verhandlung auch ein Polizeivideo angesehen, das einen Teil der Verfolgungsfahrt zeigte. Der Vorsitzende Richter erkannte darin, dass der Angeklagte im Laufe der Verfolgungsjagd nicht mehr die Höchstgeschwindigkeit fuhr, mit der er zu Beginn der Aufzeichnung unterwegs gewesen war. Auch deshalb verurteilte er den Mann nicht wegen eines illegalen Autorennens.