Menden. Keine Radsätze, Drehgestelle, Getriebe und Bremsscheiben: Lieferengpässe für die Züge stoppen laut DB die Hönnetalbahn. Gibt es eine Lösung?
Für die Hönnetalstrecke stehen der DB Regio AG „zu wenige Fahrzeuge zur Verfügung“. Das erklärte jetzt ein Bahn-Sprecher in Düsseldorf auf Anfrage der Westfalenpost. Die DB Regio hatte unmittelbar vor Weihnachten für Überraschung, Irritation und Empörung gesorgt mit der Entscheidung, auf der kompletten Strecke der Hönnetalbahn von Neuenrade über Balve und Menden bis Fröndenberg ab sofort keine Züge mehr einzusetzen. Stattdessen sollen bis Mitte Februar nur noch Busse im sogenannten Schienenersatzverkehr fahren. Das beträfe auch die vielen Schülerinnen und Schüler, die ab Anfang Januar wieder aus Balve, Neuenrade oder Fröndenberg nach Menden zur Schule und zurück nach Hause fahren müssen.
Entscheidung der Bahn gegen Zugverkehr sorgt für Protest aus der Politik
Als „unzumutbar für die Bevölkerung“ hatte MK-Landrat Marco Voge aus Balve in einer Protestnote an NRW-Bahnchef Werner Lübbering das Vorgehen des Verkehrsunternehmens bezeichnet. Auch der heimische Verkehrspartner der Bahn, die Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL), zeigte sich von der Entscheidung der Bahn buchstäblich überfahren. Der NWL trägt den Entschluss ausdrücklich nicht mit und kündigte an, hier noch Veränderungen erreichen zu wollen.
„Wollen uns ausdrücklich bei den Kunden für die Situation entschuldigen“
Neue Züge stör- und reparaturanfällig
Über die Störanfälligkeit der in Polen gebauten „Pesa-Link“-Zuggarnituren hatte die WP schon kurz nach deren Inbetriebnahme berichten müssen. Seit Oktober 2018 laufen die zuvor sehnlichst erwarteten Modelle im Hönnetal.
Nach einem halben Jahr hieß es, dass es auf der Strecke zwischen Fröndenberg und Neuenrade Ausfälle der neuen Garnituren gegeben habe. Bei den Wagen handele es sich um komplett neue Modelle, mit denen die Bahn im Betrieb noch keine Erfahrungen gesammelt habe. Anders als erwartet dürfe man bei einem neuen Zug nicht unbedingt von höherer Betriebssicherheit ausgehen als bei einem älteren Modell: „Wenn wir neue Fahrzeuge haben, gibt es manchmal noch diese Kinderkrankheiten.“ Das ist jetzt allerdings dreieinhalb Jahre her.
Der Bahnsprecher erklärte dazu weiter, dass sich das Unternehmen „ausdrücklich bei unseren Kunden für die Situation entschuldigen“ wolle. Normalerweise seien auf der Regionalbahnlinie RB 54 vier Züge im Einsatz. Der Grund für die Ausfälle seien Lieferengpässe von dringend benötigten Ersatzteilen, beispielsweise von Radsätzen, Drehgestellen, Getrieben und Bremsscheiben für die im Sauerland-Netz und somit auch auf der Linie der RB 54 eingesetzten PESA-Fahrzeuge.
Brand- und Unfallschäden haben die Lage verschärft
Die Situation habe sich noch verschärft durch Vandalismus, Brand- und Unfallschäden an insgesamt fünf Fahrzeugen in den letzten Monaten. Zur Verstärkung der Fahrzeugflotte setze die DB bereits fünf Fahrzeuge der Baureihe 644 ein: „Wir sind schon seit Monaten bemüht, die Ersatzteilversorgung sicherzustellen, leider bisher ohne Erfolg. Wir standen und stehen im Austausch mit dem Fahrzeughersteller und unseren Instandhaltungswerken in ganz Deutschland.“
Züge aus Bayern schon jetzt ersatzweise im Einsatz
Aus der bayrischen Region Kempten seien bereits drei Fahrzeuge im Einsatz, mit deren Hilfe die Bahn weitere Ausfälle auf anderen Linien habe vermeiden können. „Wir setzen einen bedarfsgerechten Schienenersatzverkehr ein und haben ein besonderen Blick auf den Schülerverkehr nach den Weihnachtsferien“, verspricht der Sprecher. „Außerdem prüfen wir, ob gegebenenfalls ein anderes Eisenbahnverkehrsunternehmen uns vorübergehend unterstützen kann.“
„Gegebenenfalls“ Hilfe durch ein anderes Zugunternehmen
Was das genau heißt und ob die Hönnetalbahn doch noch ins Rollen kommt, bleibt unterdessen unklar. Nicht beantwortet wird zudem die Frage der WP, ob die Bürgermeister der betroffenen Städte über die Situation informiert worden sind. Offenkundig war das nicht der Fall: So hatte Landrat Marco Voge berichtet, dass er sein Protestschreiben gegen die Entscheidung zuvor mit den Bürgermeistern Roland Schröder (Menden), Hubertus Mühling (Balve) und Antonius Wiesemann (Neuenrade) abgestimmt habe.
In diesem Schreiben heißt es unter anderem, dass es einem so großen Unternehmen wie der DB doch möglich sein müsste, Ersatzfahrzeuge für eine Strecke wie die Hönnetalbahn aufzutreiben.