Menden. „Wenn wir das Alte Rathaus verhunzen...“: Nach intensiver Debatte im Rat gibt es vorerst keinen Auftrag zum Auszug der Stadtbücherei.

Es ist möglich, aber noch keineswegs sicher, dass Mendens Stadtbücherei tatsächlich aus dem Alten Rathaus in den künftigen Siepmann-Neubau am Nordwall zieht. Das ist nach intensiver Debatte im Stadtrat die nahezu einhellige Botschaft der Politik an die Investoren Sven und Tim Siepmann. Deren „Geschäftshaus Küster GmbH“ soll demnach im Neubau das von der Stadt bereits im Februar vorweg angemietete erste Obergeschoss so herrichten, dass es die Dorte-Hilleke-Bücherei aufnehmen könnte. Ob sie aber tatsächlich kommt, ist eine andere Frage. Dabei gibt es schon ein Konzept zu Mendens „Bücherei der Zukunft“, geschrieben von einem Diplom-Bibliothekar.

Leidenschaftliches Plädoyer von CDU-Fraktionschef Bernd Haldorn

Mit dem Beschluss vom Dienstagabend hat sich der Stadtrat indes noch keine Möglichkeit verbaut, und alle weiteren Fragen sollen jetzt in den zuständigen Fachausschüssen des Rates geklärt werden. Dass es noch viele Fragen gibt, machte allerdings CDU-Fraktionschef Bernd Haldorn, von Beruf Oberstaatsanwalt, in einem leidenschaftlichen Plädoyer deutlich.

Verwaltung wollte Auftrag zur Vorbereitung des Bücherei-Umzugs erhalten

Der ursprüngliche Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung, für den Bürgermeister Dr. Roland Schröder und Wirtschaftsförderer Tim Behrendt geworben hatten, wäre viel weiter gegangen: Die Stadtverwaltung sollte da schon den Auftrag erhalten, den Umzug der Bücherei an den Nordwall zu organisieren. Schröder und Behrendt begründeten das mit notwendiger Planungssicherheit für die Mendener Investoren, die Klarheit etwa zur Statik ihres Gebäudes erhalten müssten.

Wirtschaftsförderung lockt mit Aussicht auf Gastro-Mieter: Leerstand droht nicht

Im Abriss befindet sich der Ex-Dieler-Standort zwischen Unnaer- und Gartenstraße. Hier soll der Neubau entstehen, der auch die Stadtbücherei aufnehmen kann.
Im Abriss befindet sich der Ex-Dieler-Standort zwischen Unnaer- und Gartenstraße. Hier soll der Neubau entstehen, der auch die Stadtbücherei aufnehmen kann. © Privat | Matthias Pahlen

Tim Behrendt machte zudem kein Hehl daraus, dass man sich im Alten Rathaus ein Gastronomie-Angebot wünscht. Dafür gebe es sogar schon erste Anfragen, und angesichts des attraktiven Standorts in einem Wahrzeichen mitten in der Stadt seien gute Mieteinnahmen zu erzielen. Ein Leerstand im Mendener „Wohnzimmer“ sei jedenfalls nicht zu befürchten.

Haldorn: Wenn es schiefgeht, „nur noch Wahlkampfstand am Hexenteich“

„Wenn wir das Rathaus verhunzen, dann übernehme ich danach nur noch den Wahlkampfstand am Hexenteich“, warnte dagegen Bernd Haldorn. Der Christdemokrat verwahrte sich gegen den jetzt aufgebauten Zeitdruck und politisch unausgereifte Schritte: „Das wären der zweite und dritte vor dem ersten.“ Denn zu vieles sei noch völlig unklar, „und es geht hier nicht darum, was die Investoren oder das Stadtmarketing oder die Wirtschaftsförderung wollen. Sondern darum, was das Beste für unsere Bürgerinnen und Bürger ist“, donnerte Haldorn.

E-Books auf dem Vormarsch: Braucht Menden noch die große Bücherei?

Niemand habe zum Beispiel bisher diskutiert, ob Menden eine so große Bücherei wirklich noch braucht, wenn immer weniger Menschen gedruckte Bücher lesen und immer mehr die elektronischen Versionen. Das Alte Rathaus liege künftig zudem zwischen dem neuen Bürgerhaus und einem supermodernen Jugendzentrum – „kennen wir da die Synergieeffekte?“

CDU erinnert an Gastro-Ärger mit der Gemeinde vor der Vincenzkirche

Und zu den Gastro-Plänen merkte Haldorn an, dass es schon mit den Tischen draußen vorm „Salsa“ und dem „Da Rosa“ Probleme mit der Kirchengemeinde gegeben hat. Es könne auch Gedanken zu einer ganz anderen Nutzung für das Alte Rathaus geben. Was etwa mit dem alten Ratssaal oder dem Dachgeschoss des Denkmals bei einem Gastro-Umbau passieren würde, sei völlig offen. Von den Kosten ganz zu schweigen.

Bürgermeister sichtlich beeindruckt: „Ich muss mal gerade Worte suchen“

Bürgermeister Schröder zeigte sich von Haldorns Vehemenz beeindruckt: „Ich muss mal gerade Worte suchen“, begann er seine Gegenrede. Menden wäre nicht die erste Stadt mit einem „Ratskeller“, und zum Konzept der „Bücherei der Zukunft“ seien vom Gutachter ausdrücklich auch jüngere Menschen befragt worden. Und: „Wir wollen im Zentrum nicht mehr nur Handelsstadt sein, sondern immer mehr Erlebnisstadt.“ Der am Ende gefasste Beschluss lässt immerhin noch alles zu.