Menden. Mit einem Baum voller Wunschzettel wollen Olaf Jäger und „Mendener in Not“ älteren Menschen zu Weihnachten eine Freude machen. Wie es läuft.

Es sind herzzerreißende Geschichten, die sich zurzeit rund um die weihnachtliche Aktion „Wunschbaum für Senioren“ in Menden abspielen. Cristina Gummert aus dem Beirat der Hilfsaktion „Mendener in Not“ und die stellvertretende Vorsitzende Veronika Czerwinski unterstützen die von Olaf Jäger im Vorjahr ins Leben gerufene Aktion, die sich an den seit Jahren etablierten Wunschbaum für Kinder anlehnt. Cristina Gummert hat dabei die Aufgabe übernommen, die Wunschzettel in den Mendener Altenheimen abzugeben. Was sie dabei an Traurigkeit und Einsamkeit erleben musste, klingt erschütternd.

Viele alte Menschen durften sich schon lange nichts mehr zu Weihnachten wünschen

„Dabei geht es nicht um die gute Betreuung der alten Menschen in den Einrichtungen selbst“, erzählt sie. „Es ist die Tatsache, dass für viele Bewohnerinnen und Bewohner schon lange nichts mehr von außen kommt“, erzählt sie. „Sich zu Weihnachten wieder etwas wünschen zu dürfen, das haben die meisten schon seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt. Die Menschen sind überhaupt schon glücklich, wenn jemand kommt, und traurig, wenn man wieder geht. Da gibt es sofort Tränen. Auch bei mir.“

Die meisten Wünsche von Senioren fallen erschütternd bescheiden aus

Der besondere Dank aller Initiatoren gelte den Mendener Heim- und Pflegedienstleitungen sowie deren Teams: „Wir sind mit unserer Idee überall toll aufgenommen worden, und für die Pflegekräfte wird es nun darum gehen, gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern die Wunschzettel auszufüllen. Das ist nicht immer einfach und erfordert manchmal unendliche Geduld“, weiß Cristina Gummert. Mehr als 400 Wunschzettel hat sie an die Heime ausgeliefert. Aus dem letzten Jahr ist bekannt, wie klein und bescheiden die Wünsche der meisten Seniorinnen und Senioren ausfallen, sagt die Helferin: „Eine Flasche Shampoo oder eine Schokolade, mehr trauen sie sich gar nicht zu schreiben – ich könnte schon wieder heulen.“

Stadt Menden unterstützt die Aktion: Wunschzettel zum Grundsicherungsbescheid

Wunschzettel rasch zurücksenden!

Die Initiatoren bitten darum, dass die Wunschzettel bis allerspätestens zum 14. November wieder zurückgeschickt werden: „Je eher, desto besser“, sagt Olaf Jäger. So könnten die Vorbereitungen planbarer ablaufen.

Vom 15. November bis zum 15. Dezember soll der Wunschbaum dann auf großzügige Bürgerinnen und Bürger warten. Der Baum steht in den Räumen des Möbel Outlets Menden (MOM) an der Fröndenberger Straße 88 – neben der Jet-Tankstelle.

Kurz vor Heiligabend beginnt dann die Auslieferung der vorsortierten Pakete.

In Kürze wird die Stadt Menden, die den Wunschbaum laut Jäger vorbildlich unterstützt, zusätzlich etwa 700 Grundsicherungsbescheide an bedürftige ältere Menschen in Menden herausschicken – und der Wunschzettel wird dem Bescheid beiliegen. Laut Jäger ist aber keineswegs ausgemacht, dass alle diese Zettel auch ausgefüllt werden: „Da ist bei vielen Älteren die Schamgrenze immer noch zu hoch. Manche empfinden das als Almosen, das sie nach einem arbeitsreichen Leben nicht annehmen wollen. Dabei ist es nur ein Geschenk, und die gesamte Aktion ist datenschutzmäßig durchgeprüft und anonymisiert.“

Datenschutz laut Initiatoren voll gewährleistet: Kein Grund zu falscher Scham

So hängen am Wunschbaum im Möbelgeschäft MOM an der Fröndenberger Straße nur nummerierte Zettel mit einem Vornamen, dem Alter und dem Wunsch. Diese Zetteltanne können Mendener Bürgerinnen und Bürger dann pflücken, um den jeweiligen Wunsch zu erfüllen und ihr Geschenk dann mitsamt dem Zettel rechtzeitig vor der Auslieferung zurückzubringen. Bei MOM wird das Ganze dann sortiert – nach den acht Altenheimen und nach Mendener Stadtteilen. „Wir brauchen da viel Platz.“ Denn die Fahrerinnen und Fahrer, von denen sich schon jetzt viele wieder gemeldet haben, sollen ihre Ziele rasch erreichen.

Ehrenamtliche Auslieferer berichten von tränenreichen Begegnungen an der Haustür

Diese ehrenamtliche Auslieferer berichteten schon im letzten Jahr, dass sie niemals geglaubt hätten, wie viel Armut und Einsamkeit es in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gibt. „Mir bleibt der Fall einer hochbetagten Dame für immer in Erinnerung, die sich seit Tagen schon nur noch von der Kresse aus dem Garten ernährt hatte“, berichtet Jäger. Hier sei es nicht bei dem Weihnachtsgeschenk geblieben – man habe der Seniorin durchgreifend helfen können. Ihr Schicksal aber wäre ohne die Aktion wohl nie ans Licht gekommen.

Trotz Preissteigerungen: Viele Bürgerinnen und Bürger als Spender erwartet

Befürchten die Initiatoren denn nicht, dass es in diesem Jahr aufgrund der Preissteigerungen weniger spendenfreudige Bürgerinnen und Bürger gibt? Viele wollen ihr Geld doch gerade für den erwarteten Energiepreisschock zu Ostern zusammenhalten. „Es geht hier um maximal 30 Euro pro Geschenk“, sagt Veronika Czerwinski. „Und wie ich Menden kenne, werden die Wunschzettel trotzdem auch in diesem Jahr wieder förmlich vom Baum gerissen.“

Im letzten Jahr gut 600 Geschenke: „Diesmal dürften es deutlich mehr werden“

Im letzten Jahr, zur Premiere, berichtete Olaf Jäger schon von vielen enttäuschten Spendern: „Sie schneiten in den Möbelladen von Toto Kannengießer herein und mussten dann feststellen, dass schon alle Zettel vom Baum abgepflückt waren.“ Mehr als 600 Geschenke waren es damals, und nur drei Geschenke kamen nicht oder nicht rechtzeitig zurück. „Diesmal dürften es deutlich mehr Wunschzettel werden“, sagt Jäger.“ Über die kommende Aufstellung des Wunschbaums für Senioren wird die WP daher wieder rechtzeitig berichten.

Für Nachfragen aus anderen Städten schon eigens ein Handbuch erstellt

Der Erfolg der Mendener Aktion ist im Übrigen auch in der Umgebung nicht unbemerkt geblieben. Andere Städte, ob aus der Mendener Nachbarschaft oder aus anderen Bundesländern, haben sich in Menden danach erkundigt, wie der Senioren-Wunschbaum hier organisiert ist. Veronika Czerwinski: „Wir haben daraufhin sogar ein kleines Handbuch zusammengestellt. Das versenden wir dann.“