Menden. Die stadtweite Umstellung der Heizungen auf H-Gas birgt für viele Eigentümer böse Überraschungen. Wer nichts tun will, erhält Post vom Anwalt.

Aus allen Wolken fiel ein Mendener Hauseigentümer, als er Mitte August in seinem Briefkasten ein Anwaltsschreiben vorfand: Eine Kanzlei, beauftragt von den Stadtwerken Menden, kündigte ihm darin „die zwangsweise Sperrung Ihres Gasanschlusses“ an. Der angegebene Grund: Seine Heizung zähle zu denen in Menden, die aus technischen Gründen nicht mehr auf das stärkere H-Gas umgestellt werden könnten. Dieses starke „High calorific“-Gas strömt ab dem kommenden Frühjahr durch alle Mendener Leitungen in die Häuser.

Bei Stilllegung: Im Zweifel erfolgt Betreten des Hauses auch ohne Zustimmung

Weil der Eigentümer auf andere Anschreiben bislang nicht reagiert habe und man davon ausgehen müsse, dass das Altgerät noch in Betrieb ist, setze man noch einmal eine Frist bis zum Monatsende, hieß es im Schreiben der Anwälte weiter. Danach werde man den gerichtlichen Antrag stellen, das Haus auch ohne Zustimmung mit einem Gerichtsvollzieher betreten zu dürfen, um die Anlage stillzulegen. Denn eine nicht umgerüstete oder erneuerte Heizung stelle nach der Umstellung vom heutigen Low-calorific-Gas auf die stärkere H-Varante ein hohes Sicherheitsrisiko dar.

Bisher 80 Eigentümer, die den Stadtwerken gar nicht antworten

Der böse Brief hat sich im Fall des Mendeners zwar mittlerweile erledigt, als sich herausstellte, dass sich die Stadtwerke zunächst an eine falsche Eigentümer-Adresse gewandt hatten – und dass die Heizung des Mendeners in Teilen doch noch verwendbar bleibt. Auch eine Entschuldigung für den Vorgang ist erfolgt. Was dem Mendener Energieversorger aber dennoch bleibt, sind noch mehr als 80 ähnlich gelagerte Fälle. Hier ist es trotz der Anwaltsschreiben bisher nicht gelungen, Kontakt zu irgendjemandem aufzunehmen, der für den Gas-Anschluss verantwortlich ist. „Wenn dann im Frühjahr zum Stichtag 23. März ‘23 das H-Gas kommt, wird die Gasflamme größer – das kann ohne Umrüstung wirklich gefährlich werden“, begründet Matthias Lürbke, Netz-Chef der Stadtwerke Menden, das rigorose Vorgehen gegenüber Eigentümern, die bisher einfach nicht reagieren. „Deshalb gilt: Bitte unbedingt zurückmelden!“

„Unbedingt melden“: Netz-Chef Lürbke appelliert an die Uneinsichtigen

Von den gut 17.000 Gasheizungen in Menden sind inzwischen 560 Anlagen als „n.a.“ gelistet worden, was für „nicht anpassbar“ steht. Mit den ihnen bekannten Eigentümern dieser Anlagen versuchen die Stadtwerke nun gemeinsam Lösungen zu finden – und haben sie in einigen Fällen auch gefunden. Doch auch das erscheint gerade alles andere als einfach.

Versprechen: Umrüstung erfolgen ohne Kostenbelastung für die Eigentümer

Rückblende: Fast überall im Stadtgebiet waren seit Februar 2021 schon Monteure im Auftrag der Stadtwerke in Gebäuden mit Gasheizungen, um Fotos und Notizen über Typ und Alter der Anlagen anzufertigen. Mehr als 17.000 Anschlüsse mussten, wie berichtet, daraufhin überprüft werden, ob sie fit zu machen sind für das energiereichere H-Gas im kommenden Jahr. Doch während die vielfach fälligen Umrüstungen – etwa der Düsen – komplett von den Stadtwerken übernommen werden, gilt das bei fälligen Neuanschaffungen kompletter Anlagen nicht.

Für fällige neue Heizungen wird die Zeit schon mehr als knapp

Für davon betroffene Eigentümer ist das mittlerweile nicht nur eine Kostenfrage: Auch die Zeit wird knapp – schon wegen der Auslastung des heimischen Handwerks in Menden aufgrund der aktuell hohen Nachfrage. Denn wie berichtet, wollen auch ohne die große H-Gas-Umstellung viele Mendenerinnen und Mendener ihre Gasheizungen gegen umwelt- und einkommensverträgliche Systeme austauschen: Putin lässt grüßen.

„Nicht anpassungsfähig“ – weil es den Hersteller gar nicht mehr gibt

Die 560 n.a.-Geräte entsprächen einer bundesweiten Durchschnittsquote, sagt Matthias Lürbke. So gebe es bei einigen Heizungsanlagen die Hersteller gar nicht mehr – und folglich auch keine Umrüst-Sets. „Andere Heizungen hatten noch nie eine Zulassung für Deutschland und hätten niemals eingebaut werden dürfen.“ Außerdem werde es auch in Menden verlassene Häuser geben, die gleichwohl einen L-Gas-Anschluss haben.

Lob von den Stadtwerken: Mendener sind zuverlässig anwesend

Einige der Antworten von Eigentümern, die man sich habe anhören müssen, zögen einem allerdings auch die Socken aus: „Da erklärten Menschen allen Ernstes, sie hätten immer gedacht, sie hätten eine Ölheizung.“ Insgesamt zeigt sich Lürbke aber hochzufrieden mit dem Ablauf der ersten Phase der Umrüstung: „Da ist auf die Mendener wirklich Verlass: Wenn die sagen, dass sie um 11 Uhr zuhause sind, sind sie auch um 11 Uhr da.“

Monteure kehren zurück: Umrüst-Phase beginnt am 28. September

Für das Gros der Heizungsbesitzer beginnt die zweite Phase, das Umrüsten, ab 28. September, kündigt Lürbke an. Von diesem Tag an besuchen die Monteure alle Besitzer anpassbarer Gasheizungen, um die Umbauten vorzunehmen. „Und wie gesagt: Das ist kostenlos.“