Menden. Es gibt frische 3D-Daten aus Menden per Klick auf die Apple-Karten App. Betroffene Immobilienbesitzer können sich wehren und Einspruch einlegen.

Eine junge Frau sitzt in der Fußgängerzone auf einer Bank nahe Sinn. Der Kinderwagen steht neben ihr, das Baby wiegt sie im Arm und gibt ihm eine Flasche. Eine recht intime Szene, die nun jeder Apple-Nutzer jederzeit aufrufen kann. Denn ähnlich wie es schon Konkurrent Google mit seinem Kartendienst getan hat, hat auch der Konzern Apple Kamerawagen durch Deutschland geschickt, um Daten für seinen Dienst „Apple Karten“ zu sammeln. In 3D kann nun jeder Nutzer sich teils private Einblicke in das Leben der Mendener verschaffen. Alle Details.

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In der Karten-App von Apple, die es für iPhones, iPads und Mac-Computer gibt, kann man sich virtuell, per Klick auf ein kleines Fernglas, durch Deutschland bewegen und dabei Straßen, Landschaften und Häuser in einer 360-Grad-Ansicht betrachten. Apple nennt diesen Dienst „Look Around“. Im Sommer 2020 hat der Konzern Apple Kamerawagen großflächig durch Deutschland geschickt. Auch Menden und die Ortsteile standen auf der Liste.

Zuletzt im Juli 2022 unterwegs im Stadtgebiet: Daten werden laufend aktualisiert

Die jüngste Erfassung per Auto ist nicht lange her: Vom 21. Mai bis zum 5. Juli 2022 ging es erneut quer durch den Märkischen Kreis – und damit auch in die Hönnestadt. Die weißen Kleinwagen mit der Aufschrift „Apple Maps“ auf den hinteren Seitenfenstern fielen damals durch die Teleskopmasten auf dem Dach auf. Die Spezialkameras schossen Bilder im Sekundentakt in alle Richtungen. Gleichzeitig tasteten Laser-Radare die Umgebung in 3D ab. Nun sind die 3D-Ansichten von „Look Around“ über die Karten-App verfügbar. Menschen und Kennzeichen sind gepixelt. Häuser, Gärten und Autos sind jedoch deutlich zu erkennen. Und unter Umständen erkennt man auf den Fotos auch vertraute Personen.

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Kurze Hosen, Sneaker und T-Shirt – zwei junge Mädels laufen die Halinger Dorfstraße entlang und schauen interessiert auf das Auto, dass sie gerade aufnimmt. Ihre Gesichter sind gepixelt, doch wer öfter in dem kleinen Örtchen unterwegs ist, wird die Kinder schnell erkennen. Ähnliche Szenen auch an der Bischof-von-Ketteler-Schule in Lendringsen. Hier gibt der Kartendienst den Blick auf eine ganze Schulklasse frei, die angeleitet von einem Polizisten auf dem Schulhof steht. Und auch, wer vorm Krankenhaus rauchend sitzt oder in der Innenstadt auf den Bus wartet, ist nicht unbeobachtet gewesen, als Apple unterwegs war.

Es sind alltägliche, normale Szenen die der Kamerawagen eingefangen und konserviert hat – für die Ewigkeit. Per App und Klick auf den Bildschirm kann man nun virtuell an der Gruppe vorbeifahren, als wäre die Situation gerade erst passiert. So ist es auch möglich in Gärten zu schauen, nachzusehen, welche Autos vor welchen Häusern stehen oder im Zweifel auch vom Sofa aus zu gucken, wie das jeweilige Grundstück aussieht und ob es Kameras gibt.

Aufnahmen sind nicht verboten – das können Betroffene tun

Verboten war und ist das nicht. Apple – und andere – dürfen all das fotografieren, was nicht auf Personen zurückgeführt werden kann. Dazu zählen Straßen und Häuserfassaden. Nicht zulässig sind Aufnahmen von Gesichtern und Nummernschildern an Fahrzeugen, also von personenbezogenen Daten. Deshalb verpixelt Apple Gesichter und Kennzeichen mit einer speziellen Software. Die Erfolgsquote liege nach eigenen Angaben bei 99,5 Prozent.

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Betroffene müssen das nicht über sich ergehen lassen, wenn sie es nicht möchten oder gar Bedenken haben, dass Kriminelle die 3D-Ansichten nutzen, um ihre Immobilien auszuspionieren. Häuser, Fahrzeuge und Personen können nachträglich gepixelt werden. Dazu ist eine Anfrage bei Apple zu stellen. „Vorabwiderspruch“ wird letzteres genannt und bescherte Google im Jahr 2010 für Streetview Hunderttausende Anträge. Es hagelte damals Kritik von Daten- und Verbraucherschützern und so viele Einsprüche von Immobilienbesitzern, dass der Dienst seit 2011 in Deutschland nicht aktualisiert wurde und nur in großen Städten verfügbar ist. Anders als bei Google gab es im Sommer 2020 keinen Aufschrei von Datenschützern, als Apple Straßen und Häuser filmte.

Mendener Experte ordnet die rechtliche Lage ein

Der Mendener Datenschutz-Experte Karsten Zimmer sieht das Recht klar auf der Seite der Betroffenen. Wer sich in seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt fühle, sollte sich an den Konzern wenden und Einspruch einlegen. Basis hierfür sei die Datenschutzgrundverordnung in Deutschland. Das Hinzuziehen eines Anwalts sei nicht nötig. „Apple ist verpflichtet zu reagieren. Wie schnell Apple das macht, ist eine andere Sache“, sagt er. Zimmer betont, dass Betroffene sich auch an den Bundesdatenschutzbeauftragten wenden können, um sich dort zu beschweren. „Heutzutage kann ich im Internet fast alles herausfinden – beispielsweise wie viele Menschen in einem Haus wohnen. Wenn dann eine nackte weibliche Person im Garten zu sehen ist, dann wird schnell deutlich dass es nur die Mutter oder Tochter sein kann“, erklärt Zimmer. So seien die Personen trotz Pixelung leicht erkennbar. Dagegen können sie vorgehen.

Wie viele Mendener diese Funktion bereits genutzt haben, ist nicht bekannt. Auf ersten virtuellen Rundfahrten durchs Stadtgebiet ist der Redaktion bislang kein gepixeltes Haus aufgefallen. Wer sein Haus oder Auto unkenntlich machen möchte, kann dies bei Apple über die Email-Adresse mapsImageCollection@apple.com veranlassen.