Lendringsen. Statt einer Standmiete sollten Trödler im Biebertal haltbare Lebensmittel für Bedürftige mitbringen. Vieles davon war lange abgelaufen.

Petra Homberg ist verärgert und tief enttäuscht. Ihre Lendringser Elterninitiative „Bieberschlümpfe“ ist seit vielen Jahren Mitveranstalter des großen Trödelmarktes, der nach zwei Jahren Corona-Zwangspause Mitte Juni im Freizeitzentrum Biebertal wieder stattfand – diesmal mit 180 Anbietern (die WP berichtete). Alle diese Verkäufer hatte man im Vorfeld gebeten, anstelle einer Standgebühr je zwei haltbare Lebensmittel für den DeCent-Laden abzugeben: ein Paket Nudeln und ein Pfund Kaffee zum Beispiel.

Fünf Kisten voller ranziger Lebensmittel: „Kein Gedanke an die Menschen“

Doch was daraus wurde, entsetzt Petra Homberg bis heute: „Wir haben nach dem Einsammeln fünf große Bananenkisten voll an abgelaufenen Lebensmitteln aussortieren müssen. Das war schon krass.“ Was die engagierte Lendringserin besonders empört: Mehrfach sei das jeweilige Mindesthaltbarkeitsdatum sogar mit Edding übermalt oder ausgekratzt worden. „Das war also bei einigen genau so geplant. Ein Produkt war haltbar bis 2016, also seit sechs Jahren abgelaufen. Das muss man sich mal vorstellen.“ So etwas bewusst als Lebensmittel für Bedürftige abzugeben, sei mehr als unverschämt: „Da wird kein Gedanke an die Menschen verschwendet, die das noch zu sich nehmen könnten, ohne etwas zu ahnen.“

Stadt Menden: „Das trübt die Freude über die Veranstaltung und den guten Zweck“

Auch die Mendener Stadtverwaltung, die das Biebertal für Trödelmarkt und Kleiderbörse seit vielen Jahren zur Verfügung stellt, äußert sich enttäuscht über das schäbige Verhalten mehrerer Standmieter: „Die Mitarbeiter des Stadtteiltreffs Lendringsen sind mit einer Vielzahl von Lebensmitteln im Gepäck zur Spendenübergabe zum De-Cent-Laden in Lendringsen gefahren“, berichtet Stadt-Sprecher Johannes Ehrlich. Dennoch seien es „leider weniger als erwartet“ gewesen, eben weil in diesem Jahr eine sehr große Anzahl von abgelaufenen Lebensmitteln abgegeben worden sei. Ehrlich: „Das trübt die Freude über die Veranstaltung und den guten Zweck dahinter.“ Die Veranstalter würden sich daher fürs nächste Jahr eine neue Regelung zur Standgebühr überlegen.

Mitveranstalterin Petra Homberg: Lebensmittel gehen auch an Ukraine-Flüchtlinge

„Bieberschlümpfe-Basar“ soll im Herbst öffnen

Ungeachtet des Ärgers um den jüngsten Biebertal-Trödelmarkt wollen die Lendringser Bieberschlümpfe im kommenden Herbst erstmals nach längerer Zeit wieder ihren Bieberschlümpfe-Basar in der Hüingser Schützenhalle neu auflegen.


Der sonst immer im Frühjahr und Herbst angesetzte Basar war wegen Corona zuletzt zwei Mal ausgefallen. Gerade vor Weihnachten sei es für viele Familien mit Kindern aber einfach zu wichtig, dass Spielzeug und Kinderkleidung sehr günstig zu haben seien, erklärt Petra Homberg.

Der nächste Bieberschlümpfe-Basar, von dem Käufer wie Verkäufer gleichermaßen profitieren sollen, ist jetzt für das erste Wochenende im November vorgesehen.

Petra Homberg empfindet ihrerseits eine regelrechte Wut auf die schwarzen Schafe unter den Anbietern, die sich in der Mehrheit reell verhalten hätten. „Aber jeder wusste, dass wir diese Waren für den DeCent-Laden sammeln, um sie an Bedürftige weitergeben zu können.“ Zudem zählten die Lebensmittel heute auch zu den Starterpaketen, das man in Lendringsen geflüchteten Müttern und Kindern aus der Ukraine zum Einzug in ihre Wohnungen mitgebe, neben Geschirr oder Bettwäsche. „Und diese Menschen können ja nicht einmal lesen, was sie da bekommen haben.“

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Zwar müsse man auch sagen, dass viele Anbieter auf Trödelmarkt und Kleiderbörse, die zu Gutteil von außerhalb kamen, ihrerseits finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. „Auch denen geben wir ja mit dem Trödelmarkt ganz bewusst die Möglichkeit, mit dem Verkauf gebrauchter Sachen einen kleinen Zuverdienst zu erwirtschaften.“ Trödel-Profis seien im Biebertal gar nicht erst zugelassen. „Aber gerade weil die Anbieter daran verdienen, müssten zwei noch haltbare Grundnahrungsmittel als Standgebühr ohne Betrügereien drin sein.“

Im nächsten Jahr könnte es die Standgebühr in Euro und Cent geben

Die Bieberschlümpfe Lendringsen, der Förderverein des Freizeitzentrums Biebertal und der Stadtteiltreff managen den Trödel-Tag im Mendener Süden gemeinsam. Noch hat es laut Petra Homberg keine gemeinsame Manöverkritik gegeben. Sie könne sich aber vorstellen, dass es im kommenden Jahr mit den Sachspenden ein Ende hat und stattdessen doch 10 Euro Standgebühr genommen werden. Und die könnten dann guten Gewissens gespendet werden.

Zum Beispiel für den Einkauf frischer Lebensmittel für DeCent.