Menden. Die Elite-Uni Yale setzt das Mendener Unternehmen OBO auf eine „List of Shame“. OBO-Chef Ulrich Bettermann (75) weist die Kritik offensiv zurück.
Die renommierte Elite-Uni Yale (USA) prangert das Mendener Unternehmen OBO Bettermann wegen seiner Aktivitäten auf dem russischen Markt an. OBO steht mit anderen Firmen auf einer sogenannten „List of Shame“. Die „Liste der Schande“ kategorisiert OBO mit weltweit 246 anderen Firmen in der schlechtesten Kategorie ein. Unternehmens-Chef Ulrich Bettermann zeigt sich verärgert und verteidigt seinen Russland-Kurs. Gleichzeitig verurteilt er den russischen Angriffskrieg in der Ukraine aufs Schärfste.
Vorwurf der Elite-Uni Yale: OBO hat Russland-Aktivitäten „unbeirrt fortgesetzt“
Wie landet ausgerechnet das Mendener Unternehmen auf dieser Liste (externer Link)? „Mehr als 1000 Unternehmen haben öffentlich angekündigt, dass sie ihre Aktivitäten in Russland freiwillig bis zu einem gewissen Grad über das durch internationale Sanktionen gesetzlich vorgeschriebene absolute Minimum hinaus einschränken – aber einige Unternehmen haben ihre Aktivitäten in Russland unbeirrt fortgesetzt“, schreibt die Uni. Zu letzteren Firmen zählt die Uni auch OBO. Die Universität beruft sich bei ihrer Einschätzung auf öffentliche Daten, Analysten und sogenannte Whistleblower. In der öffentlichen Diskussion in den USA werden die Unternehmen in der Kategorie „F“ auch mit „skrupellos“ umschrieben. Die Liste umfasst prominente Namen wie Lacoste, Fujifilm, Storck-Süßigkeiten und Diesel-Jeans.
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Ulrich Bettermann (75) zeigt sich überrascht von den Vorwürfen. Ihn erstaune, dass ausgerechnet eine US-amerikanische Uni sich über seines und andere Unternehmen erhebe. „Die sollten vor ihrer eigenen Haustür kehren“, sagt er. Der 75-Jährige bestätigt, dass das russische OBO-Werk in der Sonderwirtschaftszone Lipetsk, 450 Kilometer südlich von Moskau, weiter in Betrieb ist. Allerdings sei das deutsche Personal komplett abgezogen, Lieferverbindungen gekappt. „Das ist ein autarkes Werk, das in Rubel wirtschaftet. Wir haben die Konsequenzen gezogen, dass keine russischen Artikel von OBO auf dem Weltmarkt erscheinen.“
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Ulrich Bettermann: Haben eine Verantwortung für die Angestellten
OBO warte darauf, dass sich die weltpolitische Lage entspanne. Es sei weiter eine große Gefahr, vom russischen Staat enteignet zu werden. OBO drohe dabei ein Verlust von 60 Millionen Euro. Das Werk besteht erst seit 2016 und beliefert neben Russland auch den chinesischen Markt. Er habe zudem eine große Verantwortung für die lokalen Arbeitskräfte, sagt Ulrich Bettermann. „Wir können nicht 450 Menschen arbeitslos werden lassen.“
Bettermann, der unter anderem Gorbatschow und den verstorbenen Genscher zu seinen Freunden zählt, betont seinen persönlichen Einsatz für den Frieden. „Ich habe Putin mehrfach kennengelernt, zum ersten Mal auf dem 60. Geburtstag von Gerhard Schröder. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass er einen Angriffskrieg vom Zaun bricht.“ Mittlerweile sei man um traurige Erfahrungen schlauer: „Man muss mit Russland wohl anders umgehen als Frau Merkel.“ Ulrich Bettermann hatte 2013 in einem seiner Flugzeuge Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski aus russischer Gefangenschaft ausfliegen lassen.
OBO: Orbán hat etwas für das ungarische Volk getan
Ein grundsätzlicher Rückzug aus Ländern, die nicht gerade als demokratische Vorzeigestaaten gelten, kommt für den Unternehmer nicht in Frage. So weist er auch die Kritik an seiner Freundschaft zu Ungarns Präsidenten Victor Orbán zurück: „Warum sollte ich mit Orbán nicht befreundet sein? Ungarn ist eine Erfolgsgeschichte unter Orbán.“ Die ungarische Produktion habe für OBO eine immense Bedeutung: „Wenn wir Ungarn nicht hätten, sähe Menden alt aus.“
Die Vorwürfe, dass Medien in Ungarn unterdrückt werden, Orbán demokratiefeindliche Strukturen schaffe und Minderheiten unterdrücke, will Bettermann so nicht stehenlassen: „In Ungarn kann jeder tun und lassen, was er will. Da ist Pressefreiheit mindestens so wie hier.“ Im Gegenteil: Das Volk könne nicht irren, wenn Orbán mit so überwältigender Mehrheit gewählt werde, dann sei das eindeutig: „Er hat was fürs Volk getan. Er hat die Preise für Öl, Gas und Lebensmittel gedeckelt.“
Unternehmer Ulrich Bettermann - mit den Mächtigen der Welt
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Keinerlei Hinweise auf Verstöße gegen Sanktionen
Was außer Frage steht: Die Unternehmen stehen nicht am Pranger, weil sie etwa gegen EU-Sanktionen verstießen. Darauf deutet im Fall von OBO auch nichts hin. Der für die Überwachung zuständige Zoll in Dortmund gibt keine Auskünfte zu konkreten Firmen. Allgemein gelte aber, dass jedes kleinste Teil aus heimischer Produktion nach einem Produktschlüssel im Zollkodex kategorisiert sei. „Sobald diese Warenkreise auf den Sanktionslisten auftauchen, wird das überprüft“, erklärt Sprecher Nicolai Prowe. „Wir haben einen sogenannten Prüfungsdienst. Das sind speziell ausgebildete Beamte, die sogar in die Firmen gehen und alles bis ins Detail hinein prüfen. Das sind sehr intensive Prüfungen.“ Bei Verstößen drohen Ausfuhrverbote, Bußgelder und Strafverfahren. Neu sei das Thema für den Zoll übrigens nicht: Die ersten Russland-Sanktionen bestehen seit 2014.
OBO-Erklärung in russischer Sprache: Setzen auf das Vertrauen russischer Kunden
Seinen russischen Kunden versucht OBO derweil Sorgen vor Lieferausfällen zu nehmen. Das Unternehmen erklärt auf der russischen Website (externer Link): „Wir setzen auf eine langfristige Zusammenarbeit mit Russland und schätzen Ihr Vertrauen!“