Menden. Alt-Bundespräsident Joachim Gauck (81) stand plötzlich im Frisörsalon von Charoula Balaoura. Worauf er Wert legte und was er ausplauderte.

Die Frisur sitzt. Daran gibt’s keine Zweifel. Alt-Bundespräsident Joachim Gauck scheint zufrieden zu sein. Er strahlt zumindest auf dem Foto. Das Bild hat Frisörin Charoula Balaoura in ihrem „Char-Me“ an der Unnaer Straße noch gar nicht aufgehängt, wie sie gestehen muss. „Vielleicht kommt das mal an eine Promi-Wand“, sagt sie und lacht. Fakt ist: Am Ende brauchte das frühere Staatsoberhaupt dringend einen Haarschnitt – und landete im Salon der 39-jährigen Mendenerin.

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„Unser Highlight der Woche“, sagte die Frisörin damals. Heute spricht sie gut und gerne vom „Höhepunkt des Jahres“. Gauck war damals zu einer Lesung in Menden. Mit seiner etwas rausgewachsenen Figur wollte der heute 81-Jährige sich aber nicht auf die Bühne stellen. Er habe daraufhin Veranstalter Andreas Wallentin um einen Frisörtermin in Menden gebeten. Wallentin stellte kurzerhand den Kontakt zu Charoula Balaoura her. Ihr Salon ist nur ein paar Häuser neben Andreas Wallentins Buchhandlung. Und: „Andreas ist selbst Stammkunde bei uns.“

Sicherheitsleute bewachen den Alt-Präsidenten beim „Waschen, Schneiden, Föhnen“

Die 39-Jährige schwärmt geradezu von dem prominenten Kunden: „Der war wirklich so, als würde ich ihn schon immer kennen.“ Während der Präsident a.D. entspannt auf dem Frisierstuhl Platz nahm, postierten sich draußen Personenschützer vor der Tür. Als früheres Staatsoberhaupt wird Gauck immer noch von Sicherheitsleuten begleitet. Trotz des ungewöhnlichen Auflaufs lief der Spezialeinsatz „Frisörbesuch“ so diskret ab, dass kaum jemand in Menden davon Wind bekam.

Joachim Gauck mit Andreas Wallentin bei einer der vergangenen Lesungen auf der Wilhelmshöhe.
Joachim Gauck mit Andreas Wallentin bei einer der vergangenen Lesungen auf der Wilhelmshöhe. © Frank Saul | Frank Saul

Gaucks Order? Ein Klassiker! „Waschen, Schneiden, Föhnen.“ Anders als bei so manchem anderen Herrn in dem Alter, habe sie bei Joachim Gauck nicht lange erst die Wünsche herausfinden müssen, sagt Balaoura: „Er wusste genau, was er haben will.“ Und auch bei der Haarpracht hat Gauck vielen Altersgenossen eine Menge voraus: „Der hat richtig schöne Haare.“

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Anekdoten aus dem Leben von Joachim Gauck

Für Joachim Gauck scheint der Frisörbesuch keine unangenehme Pflicht gewesen zu sein. „Wir haben richtig viel gequatscht“, sagt die Cha-Me-Chefin. „Er hat von seinem Leben und seinen Enkelkindern erzählt und nach Menden gefragt.“ Später hatte Gauck auch auf der Wilhelmshöhe bewegt Anekdoten aus seinem Leben vorgetragen. Der frühere Pfarrer wuchs in der DDR auf, leitete später die Stasi-Unterlagenbehörde.

Balaoura hat nur Lob für ihren Kunden übrig: „Der war sehr angenehm.“ Normalerweise gehe er immer in Berlin zum Frisör, habe Gauck ihr verraten. Aber da er mit seinen Lesungen so viel unterwegs war, habe er auch mal zwischendurch die Haare schneiden lassen müssen. Offensichtlich war auch der Alt-Präsident zufrieden mit der Behandlung in Menden: „Er hat gesagt, dass er wiederkommen will, wenn er das nächste Mal in Menden oder in der Nähe ist.“

Seit 2011 selbstständig mit dem Frisörsalon an der Unnaer Straße in Menden

Charoula Balaoura, die das Geschäft seit 2011 selbst führt und vorher schon ab 1999 ihre Ausbildung dort gemacht hatte, zeigt sich stolz, dass sich solch ein prominenter Gast von ihr die Haare machen ließ. Und vor allem sei Gauck so unwahrscheinlich bodenständig geblieben: „Der hat auch selbst bezahlt und Trinkgeld gegeben.“ Gauck ließ für das Team zum Dank eine klassische Autogrammkarte mit Unterschrift da. Diese hängt jetzt im Laden.

Bislang war es der erste Star, der den Weg zu Cha-Me fand – zumindest der erste, der sich zu erkennen gab. „Vielleicht wird ja noch eine Starwand draus“, sagt Charoula Balaoura. Wenn sich erst einmal rumspricht, dass sich die Präsidenten in Menden die Haare machen lassen...