Fröndenberg. Schmied Dagobert Köster soll als Avatar erschaffen werden. Dies und noch mehr ist für die Kettenschmiede Fröndenberg geplant - auch dank Spende.

Das Westfälische Kettenschmiedemuseum in Fröndenberg wird digital. Mit moderner Technik wird der Schmied Dagobert Köster als ein Avatar erschaffen. Nicht die einzigen Pläne rund um das Industriedenkmal.

DigiDago“ – der Betroffene muss selber ein wenig schmunzeln bei dem Namen. Aber darum geht es hier, prägnant auf den Punkt gebracht. Dagobert Köster, so heißt es beim Förderverein des Kettenschmiedemuseums, sei einer der, wenn nicht gar der letzte Schmied in Deutschland, der seine Handwerkskunst so perfekt konservieren konnte. Nicht nur im Rahmen der offenen Besuchstage und Führungen durch das Museum im Himmelmannpark, auch bei Trauungen kann man diese Kunst am lodernden Schmiedefeuer bewundern. Übrigens, so teilte der Vorsitzende des Fördervereins, Jochen Hänel, nun mit, steuere die Schmiede schnurstracks auf ihre mittlerweile 800. Trauung zu.

Jochen Hänel (rechts), Vorsitzender des Fördervereins Kettenschmiedemuseum zeigt Matthias Blind (links), Regionalbotschafter der NRW-Stiftung, Kettenglieder, die auch die Hochzeitspaare schmieden.
Jochen Hänel (rechts), Vorsitzender des Fördervereins Kettenschmiedemuseum zeigt Matthias Blind (links), Regionalbotschafter der NRW-Stiftung, Kettenglieder, die auch die Hochzeitspaare schmieden. © WP | Alexander Lück

Zusammengekommen war man an diesem Ort nun aber wegen eines anderen freudigen Anlasses. Matthias und Birgit Blind, die beiden Regionalbotschafter der NRW-Stiftung, waren mit einem Förderbescheid über 17.000 Euro nach Fröndenberg gereist. Denn das Westfälische Kettenschmiedemuseum möchte digital werden. Schon jetzt kann man an den Exponaten mittels QR-Code zu erklärenden Videos gelangen und das Museum damit auch alleine inhaltlich erschließen.

+++ Lebhafte Erinnerung an die Fröndenberger Kettenindustrie +++

Abbild von Schmied Dagobert Köster mittels 3D-Scan

Das Herzstück der Modernisierung aber wird Dagobert Köster als Avatar. Demnächst wird ein digitales Abbild des Schmieds geschaffen, mittels eins 3D-Scan-Verfahrens. Ein Netz mit zahlreichen Sensoren wird Köster dafür überstreifen müssen und dann einfach wieder, wie bereits tausendfach vorher, Kettenglieder schmieden am offenen Feuer. Was ihm immer noch große Freude bereitet: „Hier bei uns sieht man dieses Handwerk noch richtig echt", so Köster. Während anderswo nur Maschinen in Museen stehen könnten und daran eine Tafel mit der Erklärung, wie das alles mal funktioniert hat.

+++ Ein Raum für Multimedia: Kettenschmiedemuseum 2.0 +++

Eine 360-Grad-Aufnahme wird entstehen, wie Jochen Hänel erklärt, die dann den digitalen Dagobert mittels einer Virtual-Reality-Brille zum Leben erweckt. Die Aufnahmen sollten nur wenige Stunden dauern. „Das Bearbeiten des Datensatzes am Computer ist dann sehr aufwändig", so Hänel. Am liebsten sollte das Projekt noch 2021 abgeschlossen werden. 3000 Euro für die Umsetzung steuert der Förderverein aus eigenen Mitteln zu, 17.000 Euro kommen von der NRW-Stiftung, die seit 35 Jahren bald 300 Millionen Euro in verschiedenste Orte und Projekte im Bundesland rund um Kultur, Natur oder Technik stecken konnte. Die sich aus Lotterieerträgen oder Spenden speisen. „Schütze, was du liebst“ hat man sich auf die Fahnen geschrieben.

Fast alle Ferientage geöffnet

Ein sonniger Sonntagmittag in der Kettenschmiede: Neben den Gästen von der NRW-Stiftung sind zur regulären Öffnungszeit auch zahlreiche Besucher im Museum, optisch überwiegend als Radfahrer zu erkennen.

Auch durch die gute Auslastung möchte der Förderverein versuchsweise die Öffnungszeiten in den Herbstferien ausweiten: An allen Tagen in den Herbstferien, auch werktags, wird von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Das gilt allerdings nicht freitags, weil an dem Tag die Trauungen hier stattfinden.

Als Birgit und Matthias Blind nun den Förderbescheid überbrachten, nutzten die beiden auch die Gelegenheit, sich zum ersten Mal im Kettenschmiedemuseum umzuschauen. Was beide ausdrücklich tief beeindruckte. Jochen Hänel zeigte ihnen zum Beispiel die beiden Kettenglieder, die jedes Brautpaar hier schmiedet zum Symbol ihrer Verbindung: „Fest und doch flexibel", so Hänel. Oder die Handschweißmaschine, gut ein Jahrhundert alt, die nach Auskunft von Experten auch in ihrer Funktionstüchtigkeit ziemlich einzigartig sei. Und der Vorsitzende blickte auch auf die aktuelle Situation: „Corona haben wir für eine Denkpause genutzt. Nun gehen wir neue Wege ins Digitale, eine Kettenschmiede 2.0." Dafür auch die Digitalisierung von Dagobert Köster.

Kettenschmiede: Das Thema Kette weiter in der Gesellschaft platzieren

Ohne die zahlreichen historischen Schätze zu vernachlässigen, wagt man bei den Ausstellungsstücken aber auch den Schritt in die Gegenwart. Jochen Hänel zeigt den Gästen von der NRW-Stiftung eine moderne Kette, die die Wagen einer Achterbahn in die Höhe zieht. Von einem Weltmarktführer in der Kettenherstellung aus dem Sauerland. Hänel hat große Pläne: „Wir wollen das Thema Kette weiter in der Gesellschaft platzieren, bei Schülern vor allem und damit vielleicht auch für den Beruf begeistern.“ Denn auch weiterhin gäbe es Tausende Arbeitsplätze in diesem Bereich in der näheren Umgebung. Aber eben auch den Fachkräftemangel.

+++ Im Kettenschmiedemuseum Fröndenberg wird wieder geheiratet +++

Konferenzen, Fortbildungen oder Symposien rund um die Kettenherstellung, all das spukt Jochen Hänel und dem Förderverein im Kopf herum. Weshalb man das Museum auch räumlich erweitern und ausbauen möchte. Erste Architektenentwürfe seien bereits in Arbeit. Das ehrenamtliche Team, unterstreicht Jochen Hänel, sei durchaus gut aufgestellt, müsse aber auch nach Nachwuchs die Augen aufhalten.