Menden. Paul Ziemiak (CDU) wirbt im Wahlkampf mit einem Kochbuch „Unsere Heimatküche“. Aber zumindest eines der Rezepte stammt wohl aus dem Internet.

Wurde jetzt auch für ein Buch von Paul Ziemiak abgekupfert? Der CDU-Bundestagskandidat wirbt im Wahlkampf mit einem Kochbuch, das unter seinem Namen veröffentlicht wird. Zumindest ein Rezept für „Paul Ziemiak – Unsere Heimatküche“ stammt aber offensichtlich aus dem Internet. Auf WP-Nachfrage stellt sich heraus: Ein Foodblogger soll ohnehin den Rezeptteil geschrieben haben, ohne überhaupt Kontakt zu Ziemiak gehabt zu haben. Fraglich bleibt, ob der Blogger selbst kopiert hat. Die beauftragte Agentur erklärt, dass die Ähnlichkeiten sich aus dem Allerweltsrezept erklären. +++ Auch interessant: Paul Ziemiak erklärt im WP-Interview die Legende um seinen Namen +++

Schwein gegenüber dem Original durch Rind ersetzt

Das Kochbuch von Paul Ziemiak liegt auf einem Wahlkampftermin in Menden aus. Es heißt: „Paul Ziemiak: Unsere Heimatküche – So schmeckt Zuhause“.
Das Kochbuch von Paul Ziemiak liegt auf einem Wahlkampftermin in Menden aus. Es heißt: „Paul Ziemiak: Unsere Heimatküche – So schmeckt Zuhause“. © Westfalenpost | Arne Poll

Man muss nur ein bisschen bei Google suchen. Dann findet man ganze Sätze aus Paul Ziemiaks Kochbuch wieder: Das Schnitzelrezept beispielsweise scheint offensichtlich dem Portal „Audio­cooking.de“ der Chefkoch GmbH entnommen (zum Rezept geht es hier, externer Link, Bezahlinhalt). Satzaufbau und Begriffe und auch die Mengenangaben sind in weiten Teilen deckungsgleich. Das Original stammt laut Quellenangabe aus der Ausgabe 11/2013 des Magazins „Für jeden Tag“, ein Ableger von „Essen & Trinken“, das zur Chefkoch GmbH gehört. Eine der wenigen wesentlichen Veränderungen des Textes in der Ziemiak-Version: Statt vier Schweineschnitzeln kommen vier Kalbsschnitzel zum Einsatz. Auch andere Rezepte sind ähnlich, wenn auch mit vergleichsweise kleineren sich doppelnden Anteilen.

Wer ist hier wirklich der Urheber? Das Kochbuch erscheint unter dem Autorentitel von Ziemiak, gleichwohl behauptet Ziemiak im Vorwort aber auch nicht ausdrücklich, dass die Rezepte von ihm stammen. Die Originalquellen sind bei Ziemiak nicht genannt. Aus dem Vorwort: „Weil aber konkrete Politik manchmal durch den Magen geht, lade ich Sie mit diesem kleinen Kochbuch zu einer Genussreise durch das schöne Sauerland und seine heimische Küche ein“, heißt es unter anderem. Ziemiak wünscht „Viel Freude beim Kochen“. +++ Das könnte Sie interessieren: Paul Ziemiak verteidigt die Grünen-Ehe nach CDU-Streit in Menden +++

Auch im Impressum kein Hinweis auf wahren Urheber der Rezepte

Aus dem Impressum kann man schließen, dass – wenn auch nicht Ziemiak selbst – zumindest der CDU Kreisverband Mark mit dem „Team Paul Ziemiak“ die Inhalte verfasst hat. Das Impressum verweist darauf, dass eine Münsteraner Werbeagentur lediglich für die „Gestaltung“ zuständig war, die Fotoquellen sind einzeln genannt. Auf Nachfrage der Redaktion heißt es von Ziemiaks Team, dass die Agentur auch die Inhalte, sprich: die Rezepte, geliefert habe. +++ Kritik an CDU-Wahlkampf-Termin mit BVB-Boss Aki Watzke in Menden +++

Ziemiak habe mit den Inhalten überhaupt nichts zu tun gehabt, heißt es auf Nachfrage bei der Agentur „Nieschlag & Wentrup“. Und die Agentur habe ihrerseits „für den Content“ (die Inhalte mit den Rezepten) einen Foodblogger beauftragt, der mit einem Team die Rezepte angeliefert habe. Wie das Schnitzelrezept aus dem Netz den Weg in das Buch fand, kann die Agentur zunächst nicht erklären. Man könne vermuten, dass der Blogger vielleicht eigenes Material wiedergenutzt habe, um das Budget kleinzuhalten. Einen Hinweis auf den Blogger findet man im Buch allerdings nicht.

Bundestagskandidat Paul Ziemiak (CDU) im Video-Interview

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    Agentur sagt: Rezepte stammen aus „Fundus“ von Blogger

    Paul Ziemiak (links) präsentiert sich gerne heimatverbunden, hier bei einem Wahlkampftermin in der Backstube von Charly Grote (rechts) in Balve.
    Paul Ziemiak (links) präsentiert sich gerne heimatverbunden, hier bei einem Wahlkampftermin in der Backstube von Charly Grote (rechts) in Balve. © WP | Jürgen Overkott

    Später reicht Ziemiaks Büro auf Nachfrage der Redaktion noch eine Erklärung der Agentur nach: Die Rezepte stammten „aus dem Fundus eines renommierten Food-Bloggers“. Eine Ähnlichkeit zu dem Internet-Rezept, das der Agentur nicht vorliege, möge sich daraus erklären, „dass das Rezept nun einmal das Rezept für Wiener Schnitzel ist. Es ist seit Jahrhunderten gleich.“ Es gebe zahlreiche ähnliche Rezepte. „Ähnliches gilt für die kulinarische Terminologie (goldbraun anbraten, mit Butterschmalz übergießen, Kartoffeln abdampfen lassen etc.)“ Der Auftrag sei regulär an den Blogger vergeben worden. „Das Impressum entspricht den Regularien. Das Urheberrecht wurde nicht verletzt.“ Ziemiaks „inhaltlicher Input“ finde sich jenseits der Rezepte „am Anfang des Buches und in der Mitte“.

    Bei der für das Portal des möglicherweise kopierten Rezeptes verantwortlichen Chefkoch GmbH war für die Redaktion bislang telefonisch kein Verantwortlicher zu erreichen. Auf eine schriftliche Anfrage gab es bislang keine Reaktion.

    Ziemiak will Antwort nicht auf Fragen zum Buch gekürzt haben

    Ziemiak übermittelt auf Anfrage der Redaktion eine Antwort. Ziemiak möchte aber nicht nur mit den Punkten zitiert werden, die sich alleine auf die Vorwürfe zum Kochbuch beziehen, fürchtet, dass Zitate aus dem Zusammenhang gerissen zu werden. Er untersagt eine Kürzung. Ansonsten könne die Redaktion gerne schreiben, dass sie eine Antwort erhalten, aber nicht abgedruckt habe. Inhaltlich erklärt er es für selbstverständlich, dass er die Rezepte nicht selbst verfasst habe. Er verweist aber auf sein Vorwort. (Die ungekürzte Antwort im O-Ton finden Sie unten.)

    Ein Schnitzel (Symbolfoto). Die WP vergleicht die Rezepte im zitierten O-Ton.
    Ein Schnitzel (Symbolfoto). Die WP vergleicht die Rezepte im zitierten O-Ton. © Rita Maurer | Rita Maurer

    Zum Vergleich: Das Schnitzel in Ziemiaks Kochbuch:

    • „Schnitzel nacheinander zwischen Klarsichtfolie liegend dünn plattieren. Eier, Salz und Pfeffer in einer Schale kräftig verquirlen. Mehl und Semmelbröselmischung jeweils in einen tiefen Teller geben.
    • Schnitzel erst im Mehl wenden, überschüssiges Mehl abklopfen. Dann durch die Eiermischung ziehen und zum Schluss mit der Panademischung panieren. Butterschmalz in einer Pfanne erhitzen und die Schnitzel je Seite ca. 3-4 Minuten ausbacken, bis sie goldbraun sind. Dabei immer wieder mit Fett aus der Pfanne begießen. Schnitzel aus der Pfanne nehmen, auf Küchenpapier abtropfen lassen und mit Petersilie, Zitrone und Gurken-Kartoffelsalat servieren.“

    Zum Vergleich: Das Schnitzel im Original bei Audiocooking.de:

    • „Schnitzel nacheinander zwischen zwei Stücken Klarsichtfolie dünn plattieren. Auf beiden Seiten salzen und pfeffern. Sahne und Eier in einer Schale mit einer Gabel kräftig verquirlen und salzen. Mehl und Semmelbrösel jeweils in eine Schale oder einen tiefen Teller geben.
    • Schnitzel nacheinander im Mehl wenden, überschüssiges Mehl abklopfen, durch die Eiersahne ziehen, dann in den Semmelbröseln panieren. Panierung nur leicht andrücken. Butterschmalz erhitzen, Schnitzel darin je Seite ca. 4 Minuten ausbacken. Dabei immer wieder mit Fett begießen und die Pfanne leicht bewegen. Die goldbraun ausgebackenen Schnitzel aus der Pfanne heben, auf Küchenpapier abtropfen lassen und mit Petersilie und Zitrone servieren.“

    Das sagt Paul Ziemiak in seiner ungekürzten Antwort auf unsere Anfrage:

    „Abwechslungsreich selbst kochen, mit und für die eigene Familie - das ist die Idee für dieses Kochbuch. In meinem Vorwort zu diesem Werbemittel mache ich deutlich, dass es mir um regionale Produkte geht. Die Lebensmittel der Landwirte aus dem Märkischen Kreis sind von erstklassiger Qualität. Das ist meine Botschaft! Als Familienvater liegt mir das Thema gesunde und ausgewogene Ernährung besonders am Herzen. Aus diesem Grund haben mein Team und ich die Idee für dieses Kochbuch umgesetzt. Damit die Umsetzung professionell gelingt, haben wir mit einer Agentur zusammengearbeitet, die auf Publikationen dieser Art spezialisiert ist. Bislang hat es weder kulinarische noch sonstige Beschwerden gegeben. Meinem Team und mir war es wichtig, neben einer breiten Auswahl auch westfälische Komponenten wie Potthucke aufzunehmen. Selbstverständlich kommen die Rezepte nicht aus meiner Feder, denn als Abgeordneter nutze ich die Zeit um für die Menschen in unserer Heimat zu arbeiten. Ich habe in den letzten Monaten vor allem Rezepte für den Erhalt von Arbeitsplätzen in Industrieregionen wie dem Märkischen Kreis entwickelt. Außerdem habe ich mich um Zutaten für gute Politik wie eine bessere medizinische Versorgung oder schnelles Internet abseits der Großstädte gekümmert.“