Halingen. Um die Reparaturarbeiten voranzutreiben, ist am Halinger Wehr ein künstlicher Damm aufgeschüttet worden.

Das Jahrhundert-Hochwasser hat auch entlang der Ruhr für Überflutungen gesorgt. Die Wasserwerke Westfalen sichten auch am Halinger Wehr derzeit Schäden. Dafür musste sogar ein künstlicher Damm aufgeschüttet werden.

Ganze Bäume samt Wurzelwerk angespült

„Das Wasser stand schon sehr hoch“, sagt Bernd Heinz, Geschäftsführer der Wasserwerke Westfalen am Halinger Wehr. Normalerweise fließe das Wasser über die Fischtreppe ab. Doch um die Schäden zu sichten, müssen die Wasserwerke Westfalen derzeit kontrolliert das Wehr öffnen. Über das natürliche Gefälle der Ruhr fließe das Wasser sonst in die Überlaufbecken – wenn das Wehr den Fluss entsprechend aufstaut. Doch um die Schäden in Gänze erkunden zu können wird ein Teil derzeit in die Überlaufbecken des weitläufigen Geländes gepumpt. Stromaufwärts der Ruhr führe das Öffnen des Wehres daher laut Heinz derzeit zu niedrigeren Pegelständen als üblich. +++ Überflutungen im MK: „So ein Szenario hatten wir noch nicht“ +++

Am Wehr Fröndenberg-Halingen haben die Wasserwerke Westfalen ein Wehr geöffnet, um die Schäden nach dem Jahrhundert-Hochwasser zu sichten.
Am Wehr Fröndenberg-Halingen haben die Wasserwerke Westfalen ein Wehr geöffnet, um die Schäden nach dem Jahrhundert-Hochwasser zu sichten. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Die Schäden an allen Standorten der Wasserwerke Westfalen dürften im „sechsstelligen Bereich“ liegen, wie der Geschäftsführer erklärt. Eine Wehrklappe in Halingen scheint es durch den Unrat und den Pegelstand ersten Erkenntnissen zufolge auch erwischt haben. „Das Problem war, dass das Wasser so schnell kam“, sagt Heinz über die Starkregen-Ereignisse am 14. und 15. Juli 2021. In der Regel hätten die Wasserwerke nämlich eine gewisse Vorlaufzeit, um sich auf Hochwasserszenarien vorzubereiten. Das war diesmal nicht der Fall. „Selbst altgediente Wasserwerker haben das noch nicht erlebt“, sagt Bernd Heinz. Wo in früheren Hochwasserlagen Äste oder Baumstämme mitgerissen wurden, habe man nun ganz Bäume samt Wurzelwerk oder Gartenmöbel entlang der Wehre gesichtet. Diese müssen aus unmittelbarer Ufernähe einfach aus dem Boden gerissen worden sein, schätzt der Wasserwerke-Chef. „Daran merkt man die Wucht des Wassers.“ +++ Flutwelle rollt die Ruhr hinab – endgültig Entwarnung +++

Deutlich dramatischer sei die Lage bekanntermaßen flussabwärts gewesen. Doch anders als in Hagen oder Altena, wo Volme und Lenne auch Industriebetriebe geflutet haben, habe man entlang der Ruhr keine Schwierigkeiten mit industriellen Verschmutzungen durch das Hochwasser gehabt. „Wenn man so will, sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“, so Bernd Heinz.

Renaturierung macht sich bemerkbar

Etwas abseits des Wehres, am Zulauf zum sogenannten Rechen, der Treibgut davon abhalten soll, in die Turbinen des Werkes zu gelangen, ist inzwischen ein kleiner, künstlicher Damm aufgeschüttet worden. Die Schwimmbrücke, die sonst gut zwei Meter über dem Grund der Ruhr treibt, liegt nun flach auf dem Damm. Anders sei es nicht möglich, das Wasser ablaufen zu lassen, um die Schäden in Gänze beurteilen zu können. Auf dem Grund des verbliebenen Wassers ist der Unrat zu erkennen. Von kleinen Plastikteilen bis hin zu Ästen und Baumstämmen. Teile des Rechens, einer Art Filter mit länglichen Metallstreben, sind herausgebrochen. Die Arbeiten am Wehr werden aller Voraussicht nach bis Jahresende andauern. Das liege vor allem an der angespannten Liefersituation für Ersatzteile. +++ Hochwasser in Menden: Frust und Wut entlang der Hönne +++

Während des Hochwassers ist das Wasserwerk in Halingen abgeschaltet worden. „Wasserkraft braucht eine Höhendifferenz“, erklärt Bernd Heinz. Wenn das Wasser einen ohnehin gleichbleibend hohen Pegel aufweist, sei das nicht möglich. Zudem besteht das Risiko von Beschädigungen an den Turbinen.

Konzepte für Hochwasserlagen überdenken

Wenngleich die Ruhr abseits der Hönne liegt, hätten sich Schutzmaßnahmen – auch an den Zuflüssen zur Ruhr – inzwischen bewährt. Überall dort, wo das Wasser schon vor der Ruhr auf Auen ausweichen kann, entspanne das die Situation an den Wehren. Gleichwohl wolle man die Konzepte für Hochwasserlagen nun überdenken. Als Beispiel nennt der Wasserwerke-Chef die Talsperren im Sauerland. Normalerweise dürften diese in den Sommermonaten voll gefüllt werden, da mit Hochwasserlagen mit Blick auf historische Daten nicht gerechnet werden müsse. Ob das nach den Starkregen-Ereignissen so beibehalten wird, ist offen. Gleichwohl: Ohne die Talsperren sähe die Lage am Halinger Wehr ebenfalls anders aus. +++ Hochwasser in Menden: Schäden in Höhe von 5,5 Millionen Euro +++

>>> Info:

  • An der Schaltzentrale der Wasserwerke – einen Steinwurf vom Kreisverkehr Halingen-Langschede entfernt – soll in den kommenden Jahren ein Neubau entstehen. Das Baufeld ist dafür schon vorbereitet, von den Wassermassen allerdings geflutet worden. Auswirkungen auf die Bauzeit habe das aber nicht, da die eigentlich Aushubarbeiten noch nicht begonnen haben.
  • Ohnehin: Vor dem Beginn der Erdarbeiten werde der gesamte Bereich hochwassersicher gemacht, erklärt Bernd Heinz. Dafür sollen entsprechende Schutzwände aufgestellt werden. Kostenpunkt für den Anbau zur Wasseraufbereitung: rund 30 Millionen Euro.