Menden. Fraktionschef Stefan Weige sieht erhöhtes Ansteckungsrisiko bei Zielgruppe U 18. Bürgermeister Schröder hält dagegen: teuer und wenig effektiv.

Die FDP-Fraktion will die Stadtverwaltung damit beauftragen, alle Mendener Schulgebäude „so kurzfristig wie möglich“ mit Komponenten zur Luftfilterung auszustatten – zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Aerosolen, die das Coronavirus tragen können. Erkenntnisse aus Israel zeigten deutlich, dass der aktuelle Impfschutz beim Einsatz des Impfstoffes von Biontech nur noch eine Wirksamkeit von 64 Prozent erreiche. Obwohl schwere Krankheitsverläufe abgemildert werden könnten, bestehe ein erhöhtes Ansteckungsrisiko bei der Zielgruppe der unter 18-Jährigen. Gleichzeitig wird genau diese Zielgruppe praktisch nicht geimpft.

Bürgermeister zurückhaltend: Stadt müsste teure Geräte komplett selbst zahlen

Bürgermeister Roland Schröder, der sich zu Beginn seiner Amtszeit noch vehement für die Anlagen eingesetzt hatte, äußerte sich dagegen kürzlich im Gespräch mit der WP zurückhaltend. Nach einem Test im Rathaus habe sich gezeigt, dass die Anlagen zu laut seien, zudem ersetzten sie das regelmäßige Stoßlüften als wirksamste Anti-Corona-Maßnahme ausdrücklich nicht. Hinzu komme, dass das Land NRW die Anschaffung nur für Klassenräume fördere, die keine Fensterlüftung haben. Das gebe es an Mendener Schulen nicht. Somit müsste die Stadt die Anschaffung nach derzeitigem Stand komplett selbst tragen. Das sei bei hunderten von Klassenräumen und einem Preis von mehreren tausend Euro pro zugelassenem Gerät für die Stadt jedoch nicht zu stemmen.

Liberale: Gerade Schülerinnen und Schüler haben genug gelitten

Lüfter wirksam oder überflüssig?

Studien der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität der Bundeswehr in München belegen die Wirksamkeit von Luftreinigern. Geräte mit hoher Filterklasse können die Aerosol-Konzentration im Klassenraum in kurzer Zeit um 90 Prozent senken.Laut Umweltbundesamt ist das aber „kein Ersatz für Lüftungsmaßnahmen“.

FDP-Fraktionschef Stefan Weige hält dagegen: Die aktuelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission sieht eine Impfe frühestens ab dem zwölften Lebensjahr vor. „Es ist zu erwarten, dass nach den Schulferien die Delta-Variante insbesondere die ungeschützten Schulen und die Schülerinnen und Schüler erreicht und es in der Folge wieder zu Schulschließungen und extensiver Verbreitung des Virus über die Schulen kommen kann.“ Schon in den letzten eineinhalb Jahren hätten Schülerinnen und Schüler erhebliche Einschränkungen des Schulbetriebes und der Lernerfolge hinnehmen müssen. „Die soziale Verarmung der Schüler wird nach Aussage von Psychologen zu erheblichen Folgeschäden führen.“

Luftfilter „nicht nur in der Düsseldorfer Staatskanzlei“ einzusetzen

In der jüngsten Sitzung des Mendener Schulausschusses habe Ralf Goldschmidt, Leiter der Gesamtschule, auf die Problematik des Schulbetriebs nach den Ferien hingewiesen, eine vorausschauende, nicht reaktive Planung gefordert und die Ausstattung der Schulen mit Luftfiltergeräten „deutlich angesprochen“. Die an Mendener Schulen bereits eingesetzten CO2-Ampeln wiesen lediglich auf einen Lüftungsbedarf hin, erklärt Stefan Weige. Und: „Es ist jetzt wesentlich mehr erforderlich, um die Pandemie nachhaltig einzudämmen. Die FDP-Fraktion fordert konkret, dass nicht nur in der Düsseldorfer Staatskanzlei Luftfilteranlagen eingesetzt werden.“

FDP will verbesserte hygienische Verhältnisse dauerhaft anbieten

Das Recht auf virenarme Luft ist laut Stefan Weige „nicht elitär begründet“. Und: Es sei auch nach dem Ende einer Pandemie „gut, verbesserte hygienische Verhältnisse dauerhaft anbieten zu können“, meinen die Liberalen.

Stadt verbessert Luftqualität zunächst an vier Schulgebäuden

Die Stadt hat unterdessen vor, ihre Schulen mit eingebauten Lüftungsanlagen zu ertüchtigen. So sollen die Grundschule Platte Heide mit Lehrerzimmer und Sekretariat, das Haus 1 und die Aula der Gesamtschule sowie die Ex-Hauptschule Lendringsen als möglicher künftiger Grundschul-Standort sollen als erste Schulgebäude neue raumlufttechnische Anlagen (RLT) erhalten. Die Ex-Rodenbergschule als heutige Dependance des städtischen Hönne-Gymnasiums erhält eine Umrüstung der Lüftungsanlage. Die Politiker im Betriebsausschuss der Stadt hatten dies kürzlich einstimmig empfohlen. Die Stadtverwaltung beim Bund 40 Prozent der Kosten als Förderung beantragen soll.