Menden. In einer Wohngemeinschaft in einer alten Villa am Böingser Weg in Menden-Lendringsen leben vor allem beatmete Patienten zusammen unter einem Dach.
Aus einer großen Villa wird eine Wohngemeinschaft für Schwerstkranke: Am Böingser Weg kümmern sich die Mitarbeiter von In Vita Pflege vorrangig um Menschen, die auf eine Beatmung angewiesen sind.
Der Pflegedienst In Via Pflege ist vergleichsweise neu in Menden, war zuvor in Wickede beheimatet. Dort hat In Vita Pflege ambulante und Intensivpflege durchgeführt. „Im vergangenen Jahr haben wir die Bereiche in zwei getrennte Unternehmen geteilt“, berichtet Thomas Hinrichs, Gesellschafter von In Vita Pflege. Während in Wickede weiterhin die ambulante Pflege durchgeführt wird, ist in Menden die Intensivpflege der Schwerpunkt. Parallel wird in der Hönnestadt aber auch die ambulante Pflege nach und nach aufgebaut.
600 Quadratmeter Wohnfläche
Für die Intensivpflege hat das Unternehmen eine 600 Quadratmeter große ebenerdige Villa am Böingser Weg gemietet. „Die Villa hat ein Kooperationspartner gekauft“, erklärt Thomas Hinrichs. Insgesamt neun Intensiv-Patienten, die rund um die Uhr Betreuung brauchen, können hier einziehen. Derzeit sind sieben Plätze belegt.
Hier leben Wachkoma- und COPD-Patienten
Zu den Bewohnern zählen beispielsweise Wachkoma- und COPD-Patienten (COPD = chronisch obstruktive Lungenerkrankung), erläutert Thomas Hinrichs. Manche der Patienten benötigen 24 Stunden am Tag ein Beatmungsgerät, andere nur nachts, wieder andere bekommen nur eine Sauerstoffgabe, müssen aber nicht beatmet werden.
Medizinischer Dienst begutachtet vor Einzug
Vor einem Einzug in eine Wohngemeinschaft mit Intensiv-Pflege steht in der Regel eine ärztliche Verordnung sowie eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst, erklärt Gesellschafter Thomas Hinrichs.
Die Kosten, die anfallen, setzen sich zusammen aus Pflege, der Intensivversorgung, der Miete sowie den Hausnebenkosten für das Zimmer plus gegebenenfalls Kosten für hauswirtschaftliche Leistungen.
Weitere Informationen: 02373-3958040.
In Vita Pflege bietet außerdem Corona-Schnelltests an. Diese werden – nach vorheriger Terminvereinbarung – in Oberrödinghausen durchgeführt.
Für Angehörige, so sagt Thomas Hinrichs, sei eine vergleichbare Pflege oft kaum zu stemmen: „Es muss immer jemand da sein.“ Hinzu komme, dass die Trachealkanüle – also der Kunststoffschlauch, der bei beatmeten Patienten in den Luftröhrenschnitt eingesetzt wird – regelmäßig abgesaugt werden muss: „Es gibt im ambulanten Bereich manche Patienten, die das sogar selbst können, aber das ist selten.“
Patienten kennen ihr Schicksal
Wie gehen die Bewohner selbst mit ihren schweren Beeinträchtigungen um? „Die Bewohner kommen ja nicht sofort zu uns, sondern sind in der Regel erst mal im Krankenhaus, dann vielleicht noch auf einer anderen Station, dann kommt Therapie, und dann die Reha“, erläutert Thomas Hinrichs. „Die Patienten kennen ihr Schicksal. Das bedeutet, dass sie auch eine gewisse Zeit hatten, sich daran zu gewöhnen.“
Motivieren und stärken
Nichtsdestotrotz gebe es aber immer mal wieder Tage, an denen die Pflegekräfte Bewohner auch mal wieder aufbauen müssen, sagt Thomas Hinrichs: „Wir wollen motivieren und das stärken, was da ist.“
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Manche Patienten schaffen sogar den Weg zurück in ihr altes Leben, weiß Thomas Hinrichs aus seiner Erfahrung: „Wir haben mal einen Mann gepflegt, der beatmet werden musste und es nach einer Entwöhnung auf einer Weaning-Station (Beatmungsentwöhnung) geschafft hat, dass er die Beatmung nicht mehr brauchte.“ Heute kümmere sich der Mann um seine mittlerweile pflegebedürftige Ehefrau. „Er hat das dank seines starken Willens geschafft“, sagt Thomas Hinrichs. „Aber es gibt eben leider auch Patienten, die das gar nicht schaffen können, weil körperlich einfach zu viel kaputt ist.“
Kleine Schritte, um die Lebensqualität zu verbessern
Wieder andere finden sich mit ihrer Situation ab, nehmen sie an: „Die freuen sich dann auch über die kleinen Schritte, um ihre Lebensqualität zu verbessern – zum Beispiel, wenn sie selbst wieder Nahrung zu sich nehmen können“, sagt Thomas Hinrichs. Und dann gebe es eben auch die Patienten, „die wachen aus dem Koma gar nicht mehr auf und sterben“.
Was Thomas Hinrichs mit 31 Jahren aus seinem Job für seinen ganz persönlichen Alltag gelernt hat: „Ich lebe den Moment – weil ich weiß, wie schnell alles vorbei sein kann.“