Menden. Die Ausgangssperre im MK verstieß gegen Grundrechte. Der Kreis akzeptiert überraschend die juristische Niederlage. Der Streit ist nicht vorbei.
Die Ausgangssperre des Märkischen Kreises verstieß gegen Grundrechte und die Verfassung. Die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat nun Bestandskraft, weil der Märkische Kreis überraschend seine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht zurücknahm. Im zweiten Fall legte der Kreis anders als geplant gar keine Beschwerde ein. Auf Nachfrage sieht sich der Kreis trotzdem im Recht.
„Das ist nun in Stein gemeißelt“, sagt der Mendener Anwalt Tobias Noll. Er war mit einem Eilantrag gegen die per Verfügung durch den Kreis erlassene Ausgangssperre vorgegangen. Die Regeln traten am 9. April in Kraft. Noll argumentierte, dass die Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr kein angemessenes Mittel in der Corona-Bekämpfung sei. Das Verwaltungsgericht Arnsberg gab ihm Recht. Der Kreis legte Beschwerde beim OVG ein. Gleichzeitig galt die Ausgangssperre weiter und wurde von einer neuen Verfügung abgelöst. Auch dagegen ging Noll erfolgreich vor. Noch während Beschwerdefristen liefen, trat dann die Bundesnotbremse mit einer eigenen Ausgangssperre in Kraft. +++ Hintergrund: Deshalb zog Tobias Noll vor Gericht +++
Kreis sieht sich trotzdem weiter mit Ausgangssperre im Recht
Noll hatte befürchtet, dass der Kreis durch geschicktes Ausnutzen der Fristen eine abschließende Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht ganz verhindern könnte. Nun akzeptierte der Kreis aber im Nachhinein die Entscheidung der ersten Instanz.
Der Märkische Kreis bestätigt die Rücknahme der Beschwerde. Eine Begründung sei nicht erfolgt, erklärt Sprecher Mathis Schneider. Während Noll die Kosten beim Kreis sieht, hält der Kreis die Entscheidung darüber noch offen. Darüber sei noch nicht in allen Verfahren entschieden.
Der Kreis zeigt sich auf Nachfrage weiter im Recht: „Im Parallelverfahren des Kreises Siegen-Wittgenstein hat das OVG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgehoben und dem Kreis Recht gegeben. Die Allgemeinverfügung des Kreises Siegen-Wittgenstein ist fast wortgleich zu unserer Allgemeinverfügung gestaltet. Deshalb spricht alles dafür, dass auch unsere Allgemeinverfügung rechtmäßig war und nicht gegen Grundrechte verstößt.“ Warum der Kreis dann juristisch nachgab und den juristischen Sieg von Tobias Noll akzeptierte, lässt er offen und zweifelt sogar die Bestandskraft an.
Noll will weiter klagen, um künftigen Situationen vorzubeugen
Die juristische Auseinandersetzung um die Ausgangssperre des Kreises ist damit aber noch nicht abgeschlossen. Tobias Noll hält an einer Fortsetzungsfeststellungsklage fest. Dabei will er unabhängig vom entschiedenen Eilverfahren gerichtlich feststellen lassen, dass die Ausgangssperre grundsätzlich nicht wieder verhängt werden darf: „Es kann ja jederzeit wieder passieren, dass der Kreis wieder eine Ausgangssperre erlässt“, sagt Noll. Er rechnet mit einer Entscheidung allerdings erst in mehreren Jahren. Der Kreis hält diese Klagen für unzulässig, weil es mittlerweile die Bundesnotbremse gibt und so gesehen keine Wiederholungsgefahr bestehe.
Unberührt von den Entscheidungen ist die aktuell im Rahmen der Bundes-Notbremse verhängte und möglicherweise am Samstag zu Ende gehende Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr. Dagegen hatte Noll sich nicht selbst gewehrt. „Es sind genügend seriöse und nicht rein politisch motivierte Verfassungsbeschwerden im Umlauf.“ +++ Kuriose Ausnahmen von der Ausgangssperre: Die Pizza ist für den Hund +++