Menden. Die Corona-Zeit ermöglicht in der Regel keine Chorproben. Die Mendener Kantorei hat einen Weg gefunden, wie sie trotzdem nicht verstummen muss.

Keine gemeinsamen Proben bedeutet nicht, dass ein Chor verstummen muss. Die Mendener Kantorei ist der Beweis. Mit anderen Chören und jetzt sogar internationaler Beteiligung singt man der Jahreszeit entsprechende Werke ein. Und das schult sogar noch die musikalischen Fähigkeiten, wie Chorleiter Johannes Krutmann erklärt.

Präsenz-Proben enden vor einem Jahr

Die Situation dieses traditionsreichen Mendener Chores ist nicht anders als die fast aller Musiker. Abrupt endete die gemeinsame (Präsenz-)Probenarbeit vor etwas mehr als einem Jahr. Mit neuen Regeln konnte es dann im Sommer auch wieder in der Gruppe losgehen, um auch das aufgrund der weiteren Coronawellen ab Herbst wieder einzustellen.

Digitale Proben live über eine Videokonferenz sind wegen Zeitverzögerung oder wackeliger Internetleitungen eher schwierig. Aber was sich in der Kantorei erst als kleine Spielerei entwickelte, ist mittlerweile echte Probenarbeit geworden. Unter anderen Bedingungen freilich: Aufgenommen wird dabei nicht live. Jeder Sänger und jede Sängerin nimmt vielmehr das ausgewählte Stück alleine für sich auf, nachdem man es sich gesanglich erarbeitet hat.

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Um das Projekt auf breitere Basis zu stellen, kamen noch zwei weitere Chöre hinzu. Die Liebfrauenkantorei Hamm wird ebenfalls von dem Mendener Johannes Krutmann (der in Hamm als Dekanatskirchenmusiker arbeitet) geleitet. Chorleiter des Madrigalchores Werl ist der Fröndenberger Jörg Segtrop. Und der spielt mit Krutmann zusammen zunächst das ausgesuchte Chorwerk ein: Segtrop die Orgel als Begleitung, Krutmann dirigiert.

„Scyfer“ auf Youtube

Kürzlich haben Krutmann und Segtrop ein nächstes Stück zur Osterzeit eingespielt und an ihre Schützlinge verteilt. Bis zur fertigen Aufnahme wird es noch ein paar Tage dauern, aber die Osterzeit läuft ja auch bis Pfingsten.

Zu finden sind die Videos der Mendener Kantorei ganz einfach auf Youtube, der Name des Accounts lautet „Scyfer". Ansonsten versucht die Gemeinschaft, auch und gerade übers Internet, so gut es geht in Kontakt zu bleiben.

Diese Datei bekommt dann jedes Chormitglied, welches sich an dem Projekt beteiligen möchte. Und nimmt die eigene Stimme dann mit Video zuhause auf. Aus den drei Gruppen sind es bei der aktuellen Arbeit um die 50, erzählt Krutmann. Nicht jeder habe die Möglichkeit oder Lust auf diese andere Form des gemeinsamen Musizieren, so der Dirigent weiter. Aber immer wieder sei es doch überraschend, wie viele Ältere auch mit großer Sicherheit und noch viel größerer Freude diese Technik meisterten.

Alte-Musik-Spezialisten beteiligt

In dieser Weise hat die Kantorei in den letzten Monaten schon Musik zu Advent, Weihachten oder ein Lied für den Marienmonat Mai aufgenommen. Die aktuelle Veröffentlichung ist für die Fastenzeit und Passionstage (wozu der Karsamstag als Tag der Grabesruhe Christi auch noch gehört) und wurde ganz bewusst schon am 21. März, dem Geburtstag Johann Sebastian Bachs, im Internet veröffentlicht. Auch wenn der 1685 in Eisenach auf die Welt gekommene Komponist keinen runden Geburtstag hat.

Aufgenommen haben die Kantorei und die anderen Gruppen den Choral „Befiehl du deine Wege“ aus Bachs Markuspassion. Mit nicht mal eineinhalb Minuten kein besonders ausladendes Werk, aber sehr berührend. „Der Text ist dabei sehr wichtig. Und man kann sich das Stück immer wieder anhören", sagt Krutmann über die Auswahlkriterien. Die Melodie dürfte manchem auch durch das Passionslied „O Haupt voll Blut und Wunden“ bekannt sein.

Beteiligt sind auch Musiker und ausgewiesene Alte-Musik-Spezialisten, die die Kantorei sonst auch bei „richtigen“ Konzerten begleiten. Und zwar heimische, wie auch internationale: ein Geiger aus Amsterdam, eine Fagottistin aus Schottland und eine Bratschistin aus Spanien.

Fertiges Video der Mendener Kantorei klanglich sehr beeindruckend

Das fertige Video, welches auch die Beteiligten in ihren heimischem „Aufnahmestudios“ zeigt, ist klanglich sehr beeindruckend und raumfüllend gelungen. Für die technische Umsetzung des Ganzen trug Jörg Segtrop die Verantwortung. Was das Ergebnis in ihm auslöst? „Es zeigt ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.“ Jetzt, da man physisch eben nicht zusammenkommen könne.

Johannes Krutmann sieht auch die Vorteile dieser Art von Aufnahme: „Man muss als Sänger sehr genau arbeiten, sich gut auf meinen Schlag als Dirigent konzentrieren.“ Und das schule eben die Aufmerksamkeit eines jeden Sängers und ebenso die Sicherheit der eigenen Stimme, wo man sich nun an keinem Nebenmann oder -frau im Chor orientieren kann.

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Bei jeder fertigen Aufnahme habe er, so Krutmann, immer wieder Gänsehaut, wenn er die endgültige Aufnahme zum ersten Mal höre. „Das ist sehr anrührend.“ Und Teile dieser digitalen Prozesse könnten relevant bleiben, wenn man hoffentlich bald auch wieder Proben in Gemeinschaft ausrichten kann. Um zum Beispiel auch Menschen aus größeren Distanzen einzubinden.

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