Menden/Blenheim. Stella Hillecke (25) aus Menden lebt in Neuseeland fast ohne Corona. Sie verliebte sich und wurde Mutter. Nur zurück in die Heimat geht’s nicht.

Die Sonne geht gerade hinter Stella Hillecke unter, während sie zur besten Mendener Morgenkaffee-Zeit im Video-Telefonat von ihrem Leben am anderen Ende der Welt erzählt. Die 25-jährige Mendenerin lebt gerade in Neuseeland. Wer die Nachrichten vom deutschen Lockdown im Hinterkopf hat, mag meinen, es handele sich ums Paradies: Die Kinder gehen normal zur Schule, Menschen feiern auf Festivals. Und dann war es in der vergangenen Woche auch noch 31 Grad warm. Einziges Problem: Stella Hillecke kommt kaum wieder weg.

Ein Blick aufs sommerliche Leben am anderen Ende der Welt. Restaurants haben normal geöffnet.
Ein Blick aufs sommerliche Leben am anderen Ende der Welt. Restaurants haben normal geöffnet. © Privat | Stella Hillecke

Die Grenzen des Inselstaates am anderen Ende der Welt sind wegen Corona faktisch dicht. Eine Heimreise nach Menden und zurück wäre nur mit einer Ausnahmegenehmigung möglich und wohl eine mehrwöchige Odyssee. Zweimal Quarantäne, dazu der Aufenthalt in einem Quarantäne-Hotel bei der Wiedereinreise. Das könnte auch teuer werden, weil der Aufenthalt im Hotel auch bezahlt werden muss. 10.000 Dollar würde die Reise nach Menden für zwei Erwachsene kosten, hatte die Mendenerin ausgerechnet. Bevor Missverständnisse aufkommen: Stella Hillecke stellt gleich klar. „Das ist Jammern auf hohem Niveau, wenn man sich vorstellt, wie die Corona-Situation in anderen Ländern aussieht.“

Mutter im Lockdown – Tochter Isa wartet auf das erste Treffen mit den Großeltern

Stella Hillecke wurde in Neuseeland Mutter. Tochter Isa kam im Lockdown zur Welt, ist jetzt fünf Monate alt. Die Mendener Oma hat ihre Enkelin noch nie zu sehen bekommen. „Ich bin sehr familienverbunden“, sagt die gelernte Erzieherin und gibt offen zu, dass sie die Familie schon ganz schön vermisst: „Jede junge Mama braucht etwas Familiensupport.“

Kurse 1:1 per Video

Stella Hillecke gibt von Neuseeland aus Elternbildungskurse per Video: „Ich nehme im Moment auch nur Spenden, das ist nicht umsatzorientiert“, sagt die Mendenerin Sie wolle ihre Kenntnisse nach Pikler, Gerber und Montessori vermitteln. Mehr auf der Instagram-Seite: inselhafen_herzprojekt oder per Mail: inselhafen.herzprojekt@gmail.com

Stella war vor dreieinhalb Jahren für „Work and Travel“ nach Neuseeland gereist. Die frühere Waldorf-Schülerin aus Neuenrade hatte eine Ausbildung als Erzieherin gemacht, in Hemer und Lendringsen auch in Kindergärten gearbeitet, wollte Sprachen lernen. „Für Englisch war es nicht die beste Entscheidung, hier wird ja kein British Englisch gesprochen“, sagt Hillecke und lacht.

Verliebt in Neuseeland – Stella, Partner André und drei Kinder

Für die Liebe reichten die Sprachkenntnisse. Die junge Erzieherin lernte ihren Partner André kennen. Er ist selbst gebürtiger Brasilianer, brachte zwei Kinder mit. Zusammen mit dem 37-Jährigen bildet sie fast schon eine klassische internationale Patchwork-Familie mit zwei Erwachsenen und drei Kindern.

Stella und ihr Partner André dos Santos.
Stella und ihr Partner André dos Santos. © Privat | Stella Hillecke
Die Patchwork-Familie: Cecilia (4), Isa (5 Monate) und Antoni (6)
Die Patchwork-Familie: Cecilia (4), Isa (5 Monate) und Antoni (6) © Privat | Stella Hillecke

Neuseeland machte zuletzt Schlagzeilen als eines der wenigen Länder weltweit mit fast keinen Corona-Fällen. „Das ist total merkwürdig“, sagt die Fast-Auswandererin. „Ich konnte nach der Geburt fast alle Kurse machen. Es gibt Festivals, Märkte. Der einzige Unterschied ist, dass man mit einer App an Geschäften Codes scannen muss, um einzuchecken. Der größte Teil der Einwohner hat mittlerweile die App.“ Neuseeland hatte sich allerdings zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 noch schärfer abgeschottet als viele andere Staaten. Im Ergebnis standen auf fünf Millionen Einwohner gerade einmal gut 5000 Infektionen. „Der Lockdown war echt hart“, sagt Hillecke. „Man durfte kaum raus. Wenn man das mit Menden vergleicht, hätte man nicht von der Innenstadt nach Bösperde fahren dürfen.“

Zurück nach Menden? Noch unklar!

„Neuseeland war definitiv nicht auf Corona vorbereitet.“ Das staatliche Gesundheitssystem sei auch nur eingeschränkt leistungsfähig. Elterngeld wie bei uns gebe es nicht. Der Erzieherberuf sei dagegen mehr anerkannt. „Hier ist das ein Studienberuf. Das war sehr schwierig, mir das anerkennen zu lassen.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Geht’s irgendwann einmal zurück nach Deutschland? „Das ist eine Diskussion, die wir führen, wenn ein Wenn überhaupt möglich ist.“ André arbeite gut bezahlt im Management eines Food- und Farming-Unternehmens. „Das ist für ihn natürlich schwierig, etwas Vergleichbares zu finden.“ Stella Hillecke hat mittlerweile Maori gelernt. Da gibt’s gar nicht so viele Unterschiede zum Deutschen, findet die Erzieherin. Bis zum Ende der Corona-Krise kann sie noch ein bisschen üben. Immerhin bei guten Wetteraussichten: Blenheim gilt als sonnigster Ort der Südinsel.

Kurz nach dem Gespräch wurden drei Corona-Fälle in Neuseeland bekannt, darunter die britische Mutation. Die Regierung verhängte eine Ausgangssperre für Auckland.