Menden. Auch am Wochenende blieb die Mendener Innenstadt eher leer. Der anstehende Lockdown bremst die Händler völlig aus. Viele bieten Lieferservice.
Nun kommt er doch noch vor Weihnachten: der komplette Lockdown. Am vergangenen Sonntag entschieden Bund und Länder endgültig, dass der bisherige „Lockdown light“ nicht ausreiche. Das öffentliche Leben müsse bis auf ein Minimum reduziert werden. Die ab dem 16. Dezember vorgesehene Schließung nahezu aller Geschäfte ist für viele Mendener Einzelhändler eine Katastrophe.
„Das Weihnachtsgeschäft ist gerade angelaufen und jetzt wird man wie völlig ausgebremst“, sagt Eva Kissing vom Kindermode-Geschäft Engel und Rabauken. In den letzten zehn Tagen seien die Umsätze „endlich mal wieder“ angestiegen, berichtet sie. Das sonst traditionelle Weihnachtsgeschäft blieb bis Anfang Dezember komplett aus. Auch wenn die Inhaberin des Kindermode-Geschäfts im Vergleich zu Einzelhändlern mit Herren- und Damenkleidung etwas bessere Umsätze machte, sagt Eva Kissing dennoch: „Der Lockdown light war auch für uns eine Katastrophe.“ Kaum noch Menschen waren seit Anfang November in der Stadt unterwegs. Die dennoch durchgehend offenen Türen und dadurch auch laufenden Kosten seien so kaum zu decken. „Jetzt ist es seit zehn Tagen wirklich spürbar gut angelaufen und jetzt wird alles wieder dicht gemacht“, beklagt die Einzelhändlerin. Für sie sei besonders schlimm, dass sie auch bei Erstattung der fixen Kosten auf ihrem Wareneinsatz hängen bleibt. „Ich habe 25 unterschiedliche Größen für zwei Geschlechter, das sind rund 70.000 Euro Wareneinsatz, der genau jetzt anfängt, ausgeliefert zu werden.“ Der Zeitpunkt für den völligen Lockdown sei in ihren Augen mehr als unglücklich gewählt.
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Gering frequentierte Innenstadt
Auch am vergangenen Samstag, in denen viele Innenstädte maßlos überfüllt waren, sei die Hönnestadt „eher gering frequentiert gewesen“, berichtet Kissing. „Ich hatte viel Kunden aus anderen Städten wie Köln, Hagen oder Dortmund, die sagten, dass sie nach Menden kommen, weil es hier entspannter ist.“ Dass Kunden in Schlangen vor Geschäften warten mussten, das kann die Geschäftsinhaberin nicht bestätigen. „Auch wir mussten Kunden zu keinem Zeitpunkt bitten, vor der Tür zu warten.“
Trotz der Krise bleibt Eva Kissing optimistisch: „Ich setze genau wie im Frühjahr auf die Solidarität und Treue meiner Kunden.“ Bereits während des ersten kompletten Lockdowns im März sei man dank der Kundentreue „ganz gut“ durchgekommen. Auch wenn Engel und Rabauken ab Mittwoch geschlossen ist, bleibt Eva Kissing für ihre Kunden erreichbar. Per Telefon, WhatsApp oder jegliche soziale Netzwerke können Bestellungen aufgegeben werden. „Zur Not fahre ich auch noch Heiligabend-Mittag zu den Kunden und liefere die Ware aus.“
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Der ganz persönliche Lieferservice
Frank Eickhoff vom Schul- und Bürobedarf-Geschäft Eickhoffs bietet ebenfalls einen Lieferservice an. „Auch wenn ab Mittwoch geschlossen ist, bin ich zu den normalen Zeiten für die Kunden telefonisch erreichbar“, sagt er. Bestellungen liefert Frank Eickhoff gemeinsam mit seinem Team an die Mendener aus. So sei garantiert, dass Bestellungen noch pünktlich vor dem Fest eintreffen. Zudem verweist der Geschäftsinhaber darauf, dass er am 14. und 15. Dezember quasi ein „Open End“ anbietet. Wenn Kunden erst um 18 Uhr kommen, sei das kein Problem. Man könne auch vorab anrufen und Bescheid sagen, dass man es erst nach 18 Uhr schafft, dann bleibt Eckhoff so lange noch im Geschäft. In der Regel schließt Eickhoffs nämlich um 18 Uhr.
Auch Frank Eickhoff betont, dass das Weihnachtsgeschäft im Dezember nun ganz gut angelaufen sei. „Damit habe ich eigentlich nicht mehr gerechnet, aber ich glaube, wir haben da echt gut vorgelegt“, sagt er sichtlich erleichtert. Dennoch hat der nun anstehende Lockdown auch Folgen für sein Geschäft. „Die Kleinigkeiten, die Menschen noch kurz vor Weihnachten kaufen und beim Gang durchs Geschäft mitnehmen, bleiben nun natürlich liegen. Das fehlt uns natürlich und das kriegen wir auch nicht mehr rein.“
Elektronik unterm Christbaum
Wer seinen Liebsten ein Smartphone, einen Fernseher oder einen Fitnesstracker unter den Christbaum legen will, kann auch nach dem Lockdown am Mittwoch weiter bei Expert Brumberg in Menden einkaufen. Denn wenn der Markt am Kösterskämpchen schließen muss, setzt Geschäftsführer Andreas Brumberg auf telefonische Beratung. Am Montag war das Geschäft zwar etwas voller als an anderen Montagen, „aber es ist auf keinen Fall so voll, dass die Abstände nicht eingehalten werden könnten“. Anders als in manchen Großstadt-Fußgängerzonen „ist unser Vorteil, dass die Leute nur ins Geschäft kommen, wenn sie wirklich Interesse haben, aber nicht, um mal bummeln zu gehen“, sagt Andreas Brumberg. Zahlreiche Kunden rufen derzeit an, um sich über gewünschte Artikel zu informieren: „Das Telefon klingelt hier in einem durch.“
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Anders als im Frühjahr, als Brumberg wie andere Elektronikmärkte schließen musste, „dürfen wir dieses Mal wohl auch Abholung anbieten“, sagt Andreas Brumberg. Die Details wolle er noch mit dem Ordnungsamt klären. Dann könnte Brumberg nicht nur Ware ausliefern, sondern Kunden könnten das Gewünschte alternativ auch selbst abholen. Kurzarbeit wolle er weitgehend vermeiden, erklärt Andreas Brumberg: „Alle Abteilungen bleiben besetzt, so dass Kunden uns anrufen können.“
Topfblumen statt Sträuße
Einen großen Ansturm erlebt seit Montagmorgen der Blumenhof im Real-Markt in Menden. Hintergrund: Es gibt extreme Rabatte, da damit gerechnet wird, dass ab Mittwoch geschlossen ist. „Wir haben die Preise drastisch reduziert, damit wir nicht so viel wegwerfen müssen“, erläutert Geschäftsleiterin Saskia Kemper. „Wir haben draußen eine zusätzliche Kasse aufgestellt, damit es drinnen nicht zu voll wird.“ Manche Kunden weichen derzeit auf Topfpflanzen statt frischen Blumensträußen aus, „die kann man auch jetzt schon holen und nächste Woche verschenken“.
Einen Abholservice, bei dem Kunden zum Beispiel für Weihnachten Blumensträuße vorbestellen können, würde sich nicht lohnen, weiß Saskia Kemper. Denn sie müsse beim Großhändler entsprechend größere Mengen abnehmen. Möchte jemand zum Beispiel zehn Rosen verschenken, „muss ich aber 50 beim Großhändler kaufen. Was mache ich dann mit dem Rest?“ Derzeit werde branchenintern diskutiert, ob Blumenläden tatsächlich von dem Lockdown ab Mittwoch betroffen sind. Im Frühling sei nach dem Lockdown zunächst gesagt worden, dass die Floristen auch schließen müssen, „nach fünf Tagen hieß es dann, wir dürfen wieder öffnen, aber da hatten wir schon alles weggeworfen“. Sie hoffe deshalb auf baldige Klarheit. Bis dahin verkaufe sie ihre Waren weiter stark reduziert – ausgenommen Keramik wie Blumenübertöpfe, „die verblühen ja nicht“.
Geschenke der letzten Minute
„Die Stimmung ist eigentlich nicht schlecht“, sagt Buchhändler Andreas Wallentin. Er halte den Lockdown für richtig und wichtig, obwohl es in eine Zeit fällt, in der Buchhandlungen erwartungsgemäß einen Großteil ihres Jahresumsatzes einfahren. „Die Gesundheit geht aber vor“, so Wallentin. Er selbst wolle die Hände jedoch nicht so einfach in den Schoß legen und sich dann von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) helfen lassen. „Wir wollen unsere Kunden nicht im Stich lassen.“ Und genau deshalb hat die Buchhandlung Daub auch wieder einen Lieferservice eingerichtet, der am vergangenen Wochenende bereits gut angenommen wurde. Touren führten nach etwa nach Halingen und Schwitten, aber auch nach Balve und Fröndenberg. Gleichzeitig freut sich Andreas Wallentin über die Solidarität in der Mendener Bürgerschaft, die sich abermals bewährt. Kunden hätten bereits ihre Hilfe beim Lieferservice angeboten. Erste Vorboten des am Mittwoch beginnenden Lockdowns seien in den vergangenen Tagen bereits spürbar gewesen, sagt Andreas Wallentin mit Blick auf den Kundenstrom. Gleichwohl komme der Lockdown zur Unzeit, denn Bücher gelten „als Geschenk der letzten Minute“. Alle, die trotzdem nicht auf einen Schmöker über die Feiertage verzichten oder ihren Liebsten eine Freude bereiten wollen, können sich jedoch weiterhin beliefern lassen.