Menden. Kein Begegnungsverkehr am Hallenbad, auch das Umkleiden dauert länger: Corona verringert die Schwimmzeit für Schulkinder nochmals drastisch.
Ganze 17 Minuten netto pro Woche im Wasser: Das bleibt Mendener Grundschulkindern von ihrer wöchentlichen Doppelstunde, in der sie das Schwimmen erlernen sollen. Diese Lage hatte eine Mutter in der jüngsten Sitzung des Schulausschusses kritisiert. Wie Drittklässler in dieser Zeit eine im Zweifel lebensrettende Fähigkeit erlernen sollten, sei ihr schleierhaft. Die Stadtverwaltung gibt der Frau recht: Immer weniger Kinder in Menden lernen Schwimmen.
Ohnehin knappe Zeiten jetzt durch Warten vor Bad und Umkleiden noch kürzer
Ein Nachhaken unserer Zeitung bei der Schulverwaltung der Stadt ergab, dass die Corona-Pandemie auch hier ein Problem verschärft, das es auch zuvor schon gab. Das alarmierende Ergebnis wird klipp und klar formuliert: „Es ist bereits festzustellen, dass weniger Kinder schwimmen lernen.“ Die Kapazität des Hallenbades ist für die Schwimmkinder ohnehin unzureichend, doch jetzt kommt zu den An- und Abfahrtzeiten im Bus noch hinzu, dass sich die Klassen beim Betreten und Verlassen des Gebäudes nicht mehr begegnen dürfen. „Fliegende Wechsel sind nicht mehr möglich“, erklärt Stadt-Pressesprecher Johannes Ehrlich.
Sammelumkleide darf nur noch von acht Personen gleichzeitig genutzt werden
Diese Warterei der einen Klasse auf die andere vermindere die wegen der Bus-Anfahrten bereits eingeschränkte Schwimmzeit noch weiter. Hinzu komme, dass jede Sammelumkleide aus Coronaschutzgründen nur mit höchstens acht Kindern belegt werden darf. Auch das verlängert die Umkleidezeit vor und nach dem Unterricht noch einmal deutlich.
Öffentliche Schwimmzeiten lassen früheren oder späteren Unterricht nicht zu
Ertrinken: Zweithäufigste Unfallursache mit Todesfolge
Ertrinken ist die zweithäufigste Unfallursache mit Todesfolge bei Kindern bis 15 Jahren.
Jährlich sterben etwa 30 bis 40 Kinder durch Ertrinken.
Die Zahl der beinahe ertrunkenen Kinder ist deutlich höher.
Besonders in den Sommermonaten ist ein rasanter Anstieg zu erkennen.
Auf der Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder heißt es: „Bringen Sie Kindern so früh wie möglich das Schwimmen bei.“
Laut einer Mail des Schulministeriums vom 30. November kann der Unterricht bis zum Ende des laufenden Schuljahres schon ab 7 Uhr beginnen. Das Mendener Hallenbad ist aber bis 8 oder 8.15 Uhr für die Öffentlichkeit geöffnet. Somit würden sich Schülerinnen und Schüler das Becken mit Frühschwimmern teilen müssen. Ein Verschieben des Unterrichtsbeginns nach hinten, was bis 9 Uhr möglich ist, würde ebenfalls mit anderen Nutzungen im Hallenbad kollidieren.
Ausgerechnet die Grundschüler sind die Hauptbetroffenen
Ein gestaffelter Schulbeginn würde nach Auffassung der Schul-Experten überdies nichts an der Problematik der fehlenden Busse morgens ändern – und somit nur zentral gelegenen Schulen helfen, deren Kinder nicht mit Bussen fahren, etwa den weiterführenden Schulen oder der Josefschule Menden. Johannes Ehrlich: „Von der Schwimmzeitproblematik sind aber hauptsächlich die Grundschulen betroffen.“
Auch Vereinsschwimmen und Anfänger-Kurse finden derzeit nicht statt
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Eindeutig bejaht wird von den Fachleuten im Rathaus daher die Frage der WP, ob durch die coronabedingten Behinderungen die Zahl der Nichtschwimmer weiter ansteigt: „Die Schulen fahren aufgrund der begrenzten Wasserzeit und Umkleidekapazität mit weniger Kindern gleichzeitig zum Schulschwimmen. Manche Klassen haben nur alle vier Wochen Schwimmunterricht“, heißt es. Hinzu komme, dass das Vereinsschwimmen ebenso wenig stattfinde wie von der Stadt vorgesehene Schwimmkurse.
Fazit: Corona verschärft eine ohnehin unbefriedigende Lage
Das alarmierende Fazit aus dem Rathaus: Das Problem der vielen Nichtschwimmer sei nicht erst durch Corona entstanden, es werde jetzt aber „deutlich verstärkt“. Tatsächlich hatte zum Beispiel die Anne-Frank-Grundschule lange vor dem Auftreten der Pandemie die zu geringen Schwimmzeiten im Hallenbad kritisiert.